70 aus 2008 Teil 7

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Platz 28
Eat Skull – Sick To Death

Dass ich mit Eat Skull auf einer Wellenlänge liege wurde mir schlagartig bewusst als ich bei Puker Corpse ankam. Wie alle Stücke auf ihrem Siltbreeze-Debüt ist der Song in Lo-Fi-Klang gehalten, strahlt aber so eine überzogen fiese Aura aus dass ich an einer Stelle einfach ein albernes Cartoon-Schurkenlachen ablassen musste und prompt ertönte auch aus dem Lautsprecher ein “Muu-huu-hahahaaa”. Meist ist Sick To Death aber lockerer und poppiger, vor allem nutzt die erfahrene Band den harschen Sound zu bemerkenswert verschiedenen Effekten aus. Wenn man die einsam echoende Gitarre in New Confinement klampfen hört und dazu den im eigenen Feedback ertrinkenden Gesang, die Art wie sich die Stimmen im gegenseitigen Echo in I Licked The Spider vermischen oder wie das helle Plinkern in Shredders On Fry gegen eine höllisch rauschige Melodie ankämpfen muss dann erscheint das die einzig richtige Möglichkeit diese Songs aufzunehmen.

[MP3] Eat Skull - Shredders On Fry

Platz 27
Titus Andronicus – The Airing Of Grievances

So gern ich auch der Band aus Nu Joisey eine abenteuerlichere Stilbeschreibung zwischen Arcade Fire als Punkband und Pogues zusammenbasteln würde erinnern sie mich doch jedes Mal wieder vor allem an Desaparecidos, Conor Obersts ein(st)malige Wüstenpunk-Combo. Dabei haben die Songs ihres Debütalbums (100 Punkte für die Seinfeld-Referenz) eine weitere, leicht pompöse Dimension mit weit ausladender Pauke und dramatisch anschwellenden Gitarren, anders als Trail Of Dead aber verlieren sie sich nicht im Pomp, dafür stolpern sie auch zu oft sturzbetrunken über die Bordsteinkante. Titus Andronicus feiern eine große nihilistische Party und sicher wird man ihre Hymne noch öfters erklingen hören wenn das Album 2009 auf einem größeren Label neu veröffentlicht wird. No more cigarettes, no more having sex, no more drinking till you fall on the floor. Your life is over.

[MP3] Titus Andronicus - Titus Andronicus

Platz 26
Hatchback – Colors Of The Sun

Westküstensommer die Vierte. Hatchback macht die Art von Musik mit der man der Realität einen alternativen Soundtrack aufzwingen kann, die Zeit beginnt sich beim Hören seiner herrlich detaillierten Instrumentalusik zu verlangsamen und jedes positive Element in der Umwelt wird verstärkt wahrgenommen. Manch eine banale Zugfahrt dieses Jahr wurde bei mir auf diese Weise zu einem bezaubernden Erlebnis, egal wie ich mich auch vorher fühlte. Über den Verlauf dieser 10 Stücke nimmt Hatchback unter Einmischung von Kraut-Motorik zwar immer wieder kurz Fahrt auf, die zweite Hälfte zerfließt jedoch in pure ätherische Glückseligkeit. Im Weltkatalog der Genrebezeichnungen steht Colors Of The Sun wahrscheinlich irgendwo unter “Slow-Disco/Dance” verzeichnet, aber ich kann mir einfach nicht vorstellen lieber dazu tanzen zu wollen als mich einfach irgendwo in eine bequeme Sitzgelegenheit und in diese Musik fallen zu lassen.

[MP3] Hatchback - White Diamond

Platz 25
Cheap Time – Cheap Time

Wenn Wangenknochen töten könnten müssten Cheap Time aus Nashville nicht nur einen Waffenschein tragen, ich würde ihnen im Zweifelsfall auch nie den Rücken zuwenden. So aber muss man der Band (die einst als Jemina Pearls Nebenprojekt von Be Your Own Pet startete) nur Beachtung schenken wenn man etwas für Powerchord-Powerpop in Bestform übrig hat, mit gleichermaßen Glam, Surf und Garage im Blut punkt sich das Trio durch 14 höchstmelodiöse Nummern die genauso schnell auf den Punkt kommen wie die drei schon wieder zum nächsten Monsterhook weiterrasen. All killer no filler, allen voran der Song-des-Jahres-Kandidat People Talk, eine Platte die mich mittlerweile noch mehr aus dem Häuschen bringt als beim anfänglichen Hören, insbesondere das atemberaubende finale Songquartett sucht seinesgleichen.

Platz 24
No Age – Nouns

Ich weiß nicht was es ist, aber ich habe dieses Album immer als schwächer in Erinnerung als ich es dann beim Hören empfinde. Vielleicht weil es sich trotz stärkeren Popkonstruktionen leichter, flüchtiger als das letztjährige Weirdo Rippers anfühlt, weil es einen selten wie beim druckvollen Aufbau von Sleeper Hold am Kragen packt so dass die 30 Minuten Spielzeit schnell verziehen. Jetzt beim Hören find ich's aber wieder großartig, bunt verwaschener Punkpop mit mehr Gefiepe als eine Gitarre zu produzieren imstande ist und Melodien die nicht zu weit unter allem Gerausche verbudelt sind. Exzellentes Verpackungsdesign übrigens.

[MP3] No Age - Eraser

Platz 23
Cut Copy – In Ghost Colours

2008 war das Jahr in dem PRler entdeckten dass man mit schlechten Remixen oft genau so viel Aufmerksamkeit erzeugen kann wie mit dem Versenden der weitaus besseren Originale (die nicht alle so gerne rausrücken) als Promo-Mp3s. So schienen gewisse Ecken der musikbloggenden Zunft 2008 in einer Flut von uninspiriertem Indie-Dance und Elektropop mit 80er-Einfluss zu verseichen. Angesichts dessen fällt es mir gerade schwer zu sagen warum genau sich In Ghost Colours, das mit Cut Copys “New Order/Human League/Heaven 17 etwas moderner”-Rezept in diese Ecke zu fallen scheint, daraus hervorhebt.

Sind es die durchweg guten Melodien? Überwiegend schöne Produktion mit herrlichen Hintergrunddetails, auch wenn an irgendeiner Stelle dann wieder auf unnötig hohe Lautstärke gesetzt wurde? Fließende Übergänge und sanft den Wechsel einleitende Zwischenspiele zwischen den Songs durch die man das Album wunderbar an einem Stück hören kann. Ein Grower. All die Huuhs und Haahs! Funktioniert sowohl im Club als auch mit seiner süß mitschwingenden Melancholie unterwegs und zu Hause. Die ekstatische Stelle in Out There On The Ice wo der Publikumsjubel lauter gedreht wird" Der Glitzervorhang der in So Haunted herunterrollt!! IF THAT'S WHAT IT TAKES, THEN DON'T LET IT TEAR US APART... EVEN IF IT BREAKS YOUR HEART!

Hm, so schwer fällt es dann wohl doch nicht.

[MP3] Cut Copy - So Haunted

Platz 22
Blank Dogs – On Two Sides

The Fields mag eine höhere Hitquote gehabt haben, On Two Sides wirkt aber im Gegensatz dazu nicht wie eine Zusammenwürfelung von Songs sondern hält als ein exzellentes Gesamtwerk her. Vom Einstieg mit dem One-Two von Ants und Blaring Speeches der einen direkt in Blank Dogs' Welt katapultiert über die abwechslungsreiche Mitte (Pieces ist hier besonders wohlplatziert) bis zum heimlichen Höhepunkt in seinen finalen Songs fokussiert Blank Dogs' erstes Album alles was seine Musik so einzigartig und beeindruckend macht. [mehr]

[Video] Blank Dogs - Pieces

70 aus 2008 Teil 6

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Platz 35
Animal Collective – Water Curses EP

Wie es schon Tradition ist brachten Animal Collective auch nach ihrem letzten Album eine EP mit vermeintlichen B-Seiten heraus, im Gegensatz zur vorigen People weiß auf Water Curses aber nicht nur der Titeltrack zu bezaubern. Der ist eine gute Repräsentation der Verschmelzung experimenteller Sounds und eingängiger Songstrukturen die sich in zwei Wochen auch auf dem neuen Album der Gruppe fortsetzen dürfte, mindestens genauso hörenswert sind aber die folgenden drei Stücke. Das schwimmende Street Flash und Cobwebs erinnern dabei auch etwas an den Klang von Feels, insbesondere letzteres mit seinem grandiosen Ausschwenken am Ende, die blubbernde Pianonummer Seal Eyeing bendet das Geschehen dann in einem warmen ambienten Schlummern.

[MP3] Animal Collective - Water Curses

Platz 34
Stephen Malkmus & The Jicks – Real Emotional Trash

Ob es an der Umbesetzung der Band liegt oder einfach eine Frage der Zeit war, mit Real Emotional Trash hat Stephen Malkmus sein erstes Album gemacht bei dem mir der Vergleich mit Pavement gar nicht erst in den Sinn kam. Vielleicht weil er selbst so wirkt als könnte ihn seine Vergangenheit nichts im Geringsten kümmern, die Songs rollen ihm und den Jicks wie selbstverständlich von der Hand, gerade was mir an den längeren Stücken anfangs wie überflüssige Rumnudelei vorkam macht die Musik so souverän und das Hören zu so einem lockeren Vergnügen. Dass Malkmus dabei tolle Melodien und beschissen brillante Reime wie “Oyster/Cloister” produziert sollte eigentlich selbstverständlich sein.

[MP3] Stephen Malkmus & The Jicks - Baltimore

Platz 33
Parts & Labor – Receivers

Das Erstaunliche an Parts & Labor ist, abgesehen davon dass sie zwei Jahre in Folge ein großartiges Album produziert haben, wie unauffällig der experimentelle Charakter ihres epischen Noisepops schnell wird. Es wirkt völlig selbstverständlich dass im Vordergrund die meisten ihrer überlebensgroßen Melodien von Stimmen und Elektronik geführt werden, die klassische Rockinstrumentation vervollständigt den Sound eher. Auf Receivers ist dieser Sound noch breiter geworden, hat selten die halsbrecherische Geschindigkeit des letztjährigen Mapmaker, ist aber ebenso herrlich hymnisch und beschäftigt kracherfüllt zugleich.

[MP3] Parts & Labor - Nowhere's Nigh

Platz 32
Vampire Weekend – Vampire Weekend

“Plus ça change, plus c'est la même chose.” Nach allem was über die Band zu lesen, schreiben und denken war bin ich bezüglich Vampire Weekend wieder da angekommen wo ich letzten September war. Die Songs sind nicht revolutionär ungewöhnlich und gehen (auch deswegen) nach all der Zeit immer noch so ins Gehör wie beim ersten Mal, eine frische unverzerrte Brise. Dass dadurch viele Leute afrikanische Musik entdeckt haben ist ein wunderbarer Bonus, ändert aber am Album selbst letztlich nichts.

[MP3] Vampire Weekend - Oxford Comma

Platz 31
Blank Dogs – The Fields

Für ein paar Monate in diesem Jahr verlangsamte sich mal kurz die stets besser werdende Veröffentlichungsflut von Blank Dogs, nur ab und zu tauchte ein neuer Song auf Myspace auf. Und hätte ich mir eine Favoritenliste davon erstellt, bis auf einen wären davon alle auf The Fields gelandet. Red World mit typischem Joy Division-Rumpelkammer-Klang, Before The Hours mit im kreis schwirrenden Synths und Mascis'scher Gesangsmelodie, das in Nebelschwaden ertrinkende The Other Way und der mechanische Stampfer Spinning. Und das war nur die A-Seite, das Highlight ist für mich kurz vor Schluss Now Signals (mit Bridge vorm Refrain, das ist Luxus in der Blank-Dogs-Ökonomie) bei dem alles schlampig aus der Spur zu laufen scheint und doch einen befremdlichen Ohrwurmcharakter erhält.

Platz 30
Jay Reatard – Singles 06-07

Gleich zwei großartige Longplayer voller punkigem Garagepop brachte Jay Reatard dieses Jahr heraus, schon diese erste Singlesammlung funktioniert bemerkenswert gut auch als Album. Von den noch harsch wie Blood Visions schneidenden Stücken der Night Of Broken Glass-EP aus merkt man hier bereits wie Jay beginnt seine Produktion auszudifferenzieren, wie der Popaspekt durch Akustikgitarre und den Einsatz von Synths in I Know A Place und Another Person in den Vordergrund gesetzt wird. Mit Hammer I Miss You, All Wasted, It's So Useless , Let it All Go und dem Go-Betweens-Cover Don't Let Him Come Back finden sich viele seiner besten Songs hierauf, allein dass die zweite Hälfte größtenteils aus guten aber nicht gut ins Gesamtbild passenden Alternativversionen von Blood Visions-Tracks besteht verhindert die Perfektion dieser Platte.

Platz 29
The Mae Shi – HLLLYH

Der Weltuntergang nach biblischem Vorbild hat schon viele Künstler zu epischen Konzeptalben inspiriert, u.a. die Texaner Lift To Experience die Anfang des Jahrzehnts den Postrock-Giganten The Texas Jerusalem Crossroads herausbrachten. Aus Sicht von The Mae Shi mutet das ganze Geschehen aber eher wie eine Spongebob Squarepants-Folge an, HLLLYH (man fülle die geeigneten Vokale selbst ein) ist voller überdreht ekstatischer Singalongs, 8bit-Melodudelei und einem Sänger der wie ein kastrierter Waldschrat mit Tollwut schreit. Das Ganze kuliminiert dann in Kingdom Come, dem vielleicht absurdesten Song des Jahres, eine 11minütige manisch hüpfende Vermischung der bisherigen Albumstücke die in einem acidfarbenen Brei aus Boings, Bleeps und endorphingetränkten Vokalloops endet. Die Apokalypse: ein gewaltiger Spaß für die ganze Familie.

[MP3] The Mae Shi - I Get Almost Anything I Want

70 aus 2008 Teil 5

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Platz 42
Deerhoof – Offend Maggie (CD-Version)

Wie bei Xiu Xiu erwarte ich an diesem Punkt nicht mehr dass Deerhoof schlechte Alben machen können. Allerdings hat mich Offend Maggie wieder angenehm überrascht, mit dem Kunststück irgendwie gleichzeitig mehr Kanten als Friend Opportunity zu haben und doch noch leichterer, verspielter, müheloser rumzurocken. Mit Ed Rodriguez, der die Band wieder zum Quartett macht, gibt es interessantere zweite-Gitarre-Dynamiken, gleichzeitig sind Deerhoof so weit von bierernstem Muckertum entfernt wie eh und je, da braucht der Cheerleader-Nonsens von Basketball Get Your Groove On nur als ein Beispiel für herzuhalten. Mein einziges Problem ist dass mir die Tracks wirklich ein gutes Stück besser in der Reihenfolge der Vinylversion gefallen, insbesondere der Anfang. Hätte ich etwas früher angefangen es so zu hören wäre das Album noch einige Plätze weiter oben. Trotzdem eine ganz große Band.

[MP3] Deerhoof - Chandelier Searchlight

Platz 41
The Fiery Furnaces – Remember

Nach dem Desaster zu Beginn hatte ich ja etwas Angst vor diesem Album das gleich zwei Dilemmata erfindungsreich umschifft: Zum Einen scheinen Livealben in Zeiten von online omnipräsenten Audio- und Videobootlegs überflüssig, zum Anderen hat wohl jeder Fan unter den vielen unterschiedlichen Liveinkarnationen der letzten Jahre andere Favoriten. Welche Versionen haben die Furnaces also ausgewählt? Nun, äh, alle quasi. Die Stücke auf Remember sind Frankensteinsche Monster, mühevoll und sekundengenau aus einzelnen Liveaufnahmen neu zusammengeschnitten. So wird was bei anderen Bands lediglich ein Dokument ist bei den Friedbergers zur originären Neuschöpfung, ein Versuch das eigene Material um zwei Ecken neu zu interpretieren.

Dabei kriegt man gleich zu Anfang einen Eindruck davon wie hart der Job von Eleanor Friedberger ist, als Sängeräquivalent einer Mathcore-Gitarristin muss sie lächerlich viele und komplizierte Verbalriffs abarbeiten, dass sie sich nicht öfter wie im ersten Stück verhaspelt bleibt erstaunlich. Auch andere Liveimpressionen wie Publikumsgeräusche und Ansagen tauchen zwischendurch auf, lockern das Gesamtgeschehen aber nicht so weit dass ich irgendwem empfehlen würde alles an einem Stück durchzuhören. Auch für Neueinsteiger in die Welt der Friedbergers fände ich diesen Karrierequerschnitt zu überwältigend, da bleibt die erste Adresse die poppige EP. Für Fans der besten Band der Gegenwart ist Remember aber natürlich ein Muss.

[MP3] The Fiery Furnaces - Navy Nurse

Platz 40
Broken Social Scene Presents: Brendan Canning – Something For All Of Us...

Soloalbum Schmoloalbum, Something For All Of Us... klingt für mich wie die lineare Fortsetzung des selbstbetitelten BSS-Albums von 2005. Anders als Kevin Drews trifft Brendan Cannings BSS-Album ziemlich genau das was ich am prall gefüllten Kuddelmuddel-Popcore des Kanada-Kollektivs am meisten mag, angefangen beim Frauengesang (hier vor allem von Land Of Talks Liz Powell übernommen) den ich in dieser Form auf Spirit If... schwer vermisst hatte. Und wie in Hit The Wall gegen Ende die Gitarre abgehängt wird von einer Welle aus Streichern, Bläsern und purer Gutlaune, der Gesang, das Zusammen, das Miteinander Durcheinander, ich meine, das ist es doch wohl. Broken Social Scene.

[MP3] Broken Social Scene Presents: Brendan Canning - Hit The Wall

Platz 39
Surf City – Surf City

Über die Verbindungen zu The Clean und Pavement wurde an dieser Stelle schon genug geschrieben, wichtiger aber ist ohnehin dass die Debüt-EP des neuseeländischen Quartetts bei allen guten Referenzen auf eigenen Beinen steht. Surf City haben ein verdammt gutes Gespür für die richtige Melodie im richtigen Rahmen, seien es die euphorisch hallenden Wechselrufe in Records of a Flagpole Skater, das muntere Dudeln von Headin' Inside oder den langgezogenen Twang des weit ausladenden Finales Free The City. Sechs catchig-schrammelige Stücke über deren Verlauf Surf City kein einziges Mal stolpern, was will man für den Anfang mehr?

[MP3] Surf City - Headin' Inside

Platz 38
The Week That Was – The Week That Was

Gleich zwei Früchte trug dieses Jahr die Umstrukturierung von Field Music, Anfang des Jahres brachte Peter Brewis sein Projekt School Of Language an den Start das mir allerdings längst nicht so gut gefiel wie das seines Bruders. Vielleicht weil The Week That Was einen Teil der 80er referenziert den ich in letzter Zeit erst zu entdecken begonnen habe, die abenteuerlichen Popwerke Kate Bushs oder Peter Gabriels neben deren Ambitionen, Vorstellungskraft und letzliche Exekution die Synthdudeleien die dieses Jahr überall wieder auftauchten nur verblassen lassen können. Brewis streift dabei nicht weit ab von Field Musics XTC-infusioniertem Querpop, stapelt ihn eher eine Lage höher. [mehr]

[Video] The Week That Was - Learn To Learn

Platz 37
D.Lissvik – 7 Trx + Intermission

Westküstensommer die Dritte! Dan Lissviks Soloplatte erschien so spät im Jahr dass sie auf kaum einer Jahresendliste ihren verdienten Platz einnehmen konnte, aber solche Bedenken scheinen den beiden Studio-Leuten fern zu liegen. Die bringen raus was fertig ist wenn es fertig ist, in diesem Fall eben die ersten Neuschöpfungen (also Nicht-Remixe) seit West Coast. Lissvik jammt entspannt bis episch mit sich selbst und man selbst sitzt als Zuhörer mit im Raum, ein sanfter Trip der ein bisschen tiefer geht als alles andere Gute was derzeit aus Schweden kommt. [mehr]

[Video] D.Lissvik - Track 5

Platz 36
Volcano! – Paperwork

Hm, heute kann ich mir ja viel Kreativarbeit sparen, wieder ein tolles Album zu dem ich mich bereits an anderer Stelle ausführlich geäußert habe. Volcano!s zweite Packung herrlich überbordernden Math-Jazz-Gitarrenpops hat auch bis heute ihren Appeal zwischen Wahnsinn und Methode gewahrt, während ich ihr erstes Album später doch nur noch in Auszügen hörte gefällt mir Paperwork bis heute auch an einem Stück und Slow Jam, Tension Loop und sowieso Palimpsests sind immer noch klare Jahreshighlights. [mehr]

[Video] Volcano! - Africa Just Wants To Have Fun

70 aus 2008 Teil 4

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Platz 49
Chauchat – Upon Thousands

Auch wenn Last.fm nicht das allmächtige Statistiktool ist das ich mir mal erhofft hatte, eine Enthüllung hatte es zu bieten: Chauchat waren demnach auf Platz 13 meiner meistgehörten Künstler dieses Jahr. Auch weil ich mir eine Weile den Kopf darüber zerbrach an wen mich die Band am meisten erinnerte (und seit ein paar Wochen weiß ich's nun: Deerhunter), aber vor allem weil das mal eine Platte ist deren Klang ich richtig genieße. Alles klingt so räumlich, so warm, fast als wäre Yellow House ein Rockalbum geworden. Man hört die angeschlagenen, unverzerrten Saiten einzeln hallen, wie sich die Gitarren im Wind der Melodien wiegen, wie Tyler Whitneys Stimme manchmal den Ton nur so gerade trifft. Obwohl Chauchats Songs oft nicht die offensichtlichsten Wege gehen ist dies nicht die originellste oder gar modischste Musik der Welt, nein, besser. Es ist ein echtes Liebhabealbum.

[MP3] Chauchat - Fight Obscurity

Platz 48
El Guincho – Alegranza!

Die lange Wartezeit war es wert dieses Album über den Umweg England aus Spanien zu importieren, hätte ich auf den internationalen Release gewartet (von dem damals eh noch keiner was wusste) wäre der ganze Sommer schon an ihm und mir vorbeigezogen gewesen. Und die Mitte des Jahres war einfach die ideale Zeit für El Guinchos tropischen Optimismus, ähnlich wie The Go! Team nur eben mit mediterranen und südamerikanischem Quellmaterial verwurstet Alegranza! über betanzbaren Rhythmen haufenweise Samples um daraus eine kurzweilige aber durch und durch gut gelaunte Feststimmung zu zaubern.

[MP3] El Guincho - Palmitos Park

Platz 47
Jóhann Jóhannsson – Fordlândia

Mein erster Eindruck lag etwas daneben, Fordlândia beginnt gar nicht mit langer Stille, das habe ich erst gehört als ich die CD hatte. Die Töne sind anfangs nur so leise dass man die Anlage wirklich laut aufdrehen muss, und wie meistens in diesen Tagen ist das ein gutes Zeichen. Denn erst wenn man wie hier einen gewaltigen Unterschied zwischen den leisen und den lauten Tönen wahrnimmt entfaltet sich die wahre Epik von Stücken wie eben dem stetig lauter, stetig herrlicher anschwillenden Titelstück. Jóhannsson integriert nahtlos Elektronik in seine klassisch orchestralen Arrangements die voller Details stecken, wie dem Wabern das sich lange Zeit im Hintergrund von Chimaerica versteckt, toll auch die Verwendung eines Chors in The Great God Pan Is Dead. Mein momentanes Lieblingsalbum des Isländers.

[MP3] Jóhann Jóhannsson - The Rocket Builder

Platz 46
Fuck Buttons – Street Horrrsing

Sanfte Produktion ist sicher nichts worüber man sich hier Gedanken machen muss, aber das ist bei Noise, selbst wenn er so kinderfreundlich ist wie hier, ja auch nicht das Ziel. Dafür liefern Fuck Buttons etwas anderes das ich dieses Jahr sehr zu schätzen wusste, ihre Mischung aus harsch verzerrtem Sägen, geloopten Percussionmustern, animiertem Geschrei und zugänglichen Melodien wird nie richtig unterbrochen sondern läuft nahtlos von einem Stück ins nächste. So begibt man sich auf einen einzigen farbenfrohen Trip der nie langweilig wird, ein Ritt auf einem Regenbogen aus Kettensägen und Handgranaten.

[MP3] Fuck Buttons - Bright Tomorrow

Platz 45
Thursday/Envy – Split LP

Das Konzept der Split-Veröffentlichungen ist sicher nicht auf die Hardcore-verwandten Genres beschränkt, dort finden aber oft interessante Wege des künstlerischen Austauschs statt die ich gerne auch anderswo verfolgt sehen würde. Im Falle der Screamos von Thursday ist man dabei zum Beispiel den Endzeit-Krächzern Envy entgegengekommen und bollert, unterstützt von stimmungsvoller Elektronik wie sie die Japaner auch in letzter Zeit öfter einsetzen, endlich wieder mit den apokalyptischen Untertönen von Full Collapse durch die Gegend. Auch Envy betreiben hier in Hochform cineastisches Soundscaping, zarte Momente in denen einzelne Sonnenstrahlen die Wolkendecke durchbrechen werden bald im Keim erstickt und spätestens mit dem grandiosen Finale Pure Birth And Loneliness ist diese Veröffentlichung das beste was beide Bands in den vergangenen 5 Jahren geschaffen haben.

[Video] Thursday - In Silence

Platz 44
Be Your Own Pet – Get Awkward

Eine Weile spielte mein Mp3-Player dieses Jahr verrückt und zeigt kopierte Musiktitel immer nur in Großbuchstaben an, im Falle von Be Your Own Pet erschien das aber auch völlig angemessen. Für ihr zweites Album scheinen sie sich wochenlang nur von Pizza, (Whisky-)Cola und B-Movies ernährt zu haben, auf Get Awkward lassen sie ihrem jugendlichen Appetit auf Zerstörung wieder freien Lauf mit prima Slogans (“Eating pizza is really great, so is destroying everything you hate”), noch besseren Songs (der Mörderballade Becky nach Vorlage der “Juveline Delinquent”-Movies der 50er, Zombie Graveyard Party der Russ-Meyer-Hommage The Kelley Affair) und natürlich Songtiteln die in Großbuchstaben geschrieben werden wollen: BLOW YR MIND! BITCHES LEAVE! FOOD FIGHT! Vielleicht ganz gut dass dies auch ihr letztes Album war, ewige Juvenilität steht nur wenigen.

[Video] Be Your Own Pet - Becky

Platz 43
Guillemots – Red

Auch das chaotische zweite Album der Guillemots stieg beim Wiederhören in meiner Achtung. Klingt insgesamt doch um Einiges ruhiger und angenehmer als ich es in Erinnerung hatte, am problematischsten ist noch die Sprunghaftigheit zwischen den stark voneinander verschiedenen und stellenweise unnötig überladenen (auch wenn das meistens die Attraktivität der Briten ausmacht, wie wenn sie später in Don't Look Down erfolgreich eine verträumte Ballade auf knarzigen Drum 'N Bass legen) ersten Stücken. Ab Clarion pendelt sich Red dann in einer gesunden Balance zwischen formalem und klanglichem Ideenreichtum und solidem Songwriting ein mit dem Fyve Dangerfield mal wieder vermuten lässt dass er einen heißen Draht zum Himmel hat. Wo sonst beschwört der Mann diese zum Schmelzen schönen Melodien her? Übrigens ein tolles Regenwetteralbum.

[Video] Guillemots - Falling Out of Reach