70 aus 2007 Teil 9

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Platz 22
Les Savy Fav - Let's Stay Friends

Man könnte es Les Savy Fav nicht verdenken wenn sie ganz aufgegeben hätten. Da mühten sie sich jahrelang ohne größeren Erfolg ab, hätten mit Inches schon einen epochalen Schlussstrich unter ihre Karriere ziehen können. Und just als sie eine längere, möglicherweise finale Pause einlegten wurde Post Punk das ganz große Ding, "angular" und "Gang Of Four" unter jeden zweiten Review gepappt. Nur Les Savy Fav, die schienen auf dem besten Weg vergessen zu werden.

Da aber kommt The Equestrian angalloppiert. Smells like leather! Tastes like sweat!! Tie up the horses for a tet-a-tet," röhrt Tim Harrington aus vollem Halse. Sex im Pferdestall? Les Savy Fav are back motherfuckers! Ringelpiez tanzend um alle die erst nach und dann vor ihnen kamen mit Mitsinghymnen wie The Year Before The Year 2000 oder The Lowest Bitter, mit dem düsteren Patty Lee und dem bitteren Comes & Goes (im Duett mit Eleanor Friedberger). Überhaupt hat man nicht den Eindruck dass LSF von irgendwem allein gelassen wuden, die Liste aller Mitwirkenden ist enorm, insbesondere profitieren zwei weitere Songs von den Gesangsbeiträgen von Enons Toko Yasuda. Wie es so treffend heißt am Ende von Pots & Pans: "Let's tear this whole place up and build it up again. This band's a beating heart and it's nowhere near its end."

[MP3] Les Savy Fav - The Equestrian

Platz 21
Deerhoof - Friend Opportunity

Gründe #25, #26 und #27 warum 2007 für mich das ganz große Rockjahr ist: Nicht nur gab es die triumphale Rückkehr von Les Savy Fav und den Beginn der Ära von Future Of The Left, sondern auch ein neues Deerhoof-Album. Diesmal nur zu dritt aber mit Pop wie nie, oder zumindest dem was Deerhoof unter Pop verstehen, süßer Gesang, irrsinniges Getrommel und feine Melodien. Als wäre das auswechselbare Albumcover nicht schon cool genug gewesen zeigen sich Deerhoof auf Friend Opportunity, noch so einer Freundschaftsgeschichte neben LSF, als Trio furioso. [mehr]

[MP3] Deerhoof - +81

Platz 20
Future Of The Left - Curses

JA HALLO? ACH, IHR SEID'S. SORRY DASS ICH SO SCHREIEN MUSS ABER ICH HÖRE GERADE FUTURE OF THE LEFT. JA GENAU, DIE EINZIG WAHREN NACHFOLGER VON MCLUSKY MIT DEM BASSISTEN VON JARCREW UND SYNTHS DIREKT AUS DER HÖLLE. Ah, gerade hört die Platte mal auf mir den Kopf wegzublasen. Also ja, klingt ein bisschen anders, groovt wie Sau und ab und zu kommen aggressiv dröhnende Keyboardklänge hinzu die sich aber bestens einfügen. Ansonsten eigentlich alles beim alten, also großartig. Andy Falkous hat immer noch die angepissteste Stimme in ganz Südwales, die Texte sind immer noch beißend lustig aber nicht richtig böse, die nehmen's halt mit Humor und damit die Noiserock-Geschichte auch nicht so bierernst wie andere. Aber ab geht's immer noch enorm, besonders was es ja eher selten gibt in der zweiten Albumhälfte noch mehr als der ersten, und OH SHIT JETZT GEHT'S GERADE WIEDER LOS RAAAAAAHHH

[MP3] Future Of The Left - Adeadenemyalwayssmellsgood

Platz 19
The New Pornographers - Challengers

Ich hab's glaub ich schon kommen gehört. Mit der Zeit wurde der letzte, sanfteste Track mein Favorit auf Twin Cinema, und Stacked Crooked ergibt dann auch eine sehr gute Segue in das vierte Album von AC Newman und seiner munteren Truppe die hier Unterstützung von gut einem Dutzend delikat eingearbeiteter zusätzlicher Mitspieler erfährt. Es gibt noch mehr Anzeichen dass Challengers, obwohl da nicht so überwältigend bunt nicht so offensichtlich wie alles was davor kam, doch klar das nächste Album der New Pornographers ist. So findet der auf jedem Album andersförmige Lautgesang der versammelten Truppe eine neue Form, nach "Whooo-ooh", "Na Na Na" und zuletzt "Hey Laa" gibt es nun auf dem Titelstück ein "Ooh La" zu hören.

Natürlich sind in jedem Song mehr Melodien, Hooks und Wendungen als ein einziger normaler Song braucht. Kathryn Calders Rolle in der Band wächst enorm, sie singt nicht nur im Hintergrund sondern hat mittlerweile mehr gefühlte Präsenz als Neko Case (was ich nicht bedauere). Dan Bejar steuert wieder mal die einzigen nicht-Newman-Kompositionen bei, darunter das grandiose Myriad Harbour das vielleicht die beste Single des Jahres ist. Twin Cinema war ein Sommeralbum das beim Laufen die Wiesenblumen noch bunter wirken ließ, Challengers erzwingt dagegen nur stellenweise das sofortige Ausflippen, es empfiehlt sich eher Zeit zum richtigen Hinhören. Ein Kopfhöreralbum halt.

[MP3] The New Pornographers - Myriad Harbour

Platz 18
Skull Disco - Soundboy Punishments

Und hier der Grund warum Burial dieses Jahr nicht meine Lieblingsplatte in Richtung Dubstep ist. Die erste CD-Veröffentlichung von Shackleton und Appelblim und ihrem Label Skull Disco. Wilden Percussions die eine stete Unruhe einbringen, da braucht es in Naked noch keinen Beat und man ist schon hellwach, da ist Stalker total elektrisierend ohne dass jemals wirklich etwas "passiert". Obwohl Sam Shackleton spätestens seit seiner Schreckenserzählung des 11. Septembers Blood On My Hands und dessen Villalobos-Remixes (finden sich in dieser Reihenfolge am Ende der ersten und der Anfang der zweiten CD) zu den bekanntesten Köpfen im Dubstep und darüber hinaus zählt spielt Appleblim hier keineswegs die zweite Geige. Er nutzt ebenfalls eine Vielfalt an perkussiven Elementen die im Vergleich nicht so rhythmisch kompliziert angeordnet sind aber ausgefeilter klingen; während Shackleton arabische Melodien und Vocals mit einbringt trifft man auf Appleblims Fear mit Riko einen alten Bekannten wieder und die gemeinsame Geschichte von Grime und Dubstep scheint offensichtlich. Soundboy Punishments chronologiert die bisherigen Errungenschaften eines phänomenalen Duos und lässt für die Zukunft auf Großes hoffen.

[MP3] Shackleton - Naked

Platz 17
M.I.A. - Kala

Keine Frage, wenn sich ein Popalbum dadurch auszeichnet dass es aus vielen einzeln hervorragenden Stücken besteht dann muss Kala mein Popalbum des Jahres sein. BirdFlu, Boyz, Jimmy, World Town, Hussel, XR2, Paper Planes, bei jedem Mal anhören hab ich nachher einen anderen Song den ich zum neuen Favoriten erklären möchte. Drums, Drums an allen Ecken und aus allen Ecken der Welt, wer Drums nicht mag wird Kala kaum mögen können. Besonders Hussel ist zum Mit-Faust-in-der-Luft-nachtrommeln toll, fantastisch bei XR2 ist vor allem der Aufbau und die Variationen die einen zum Refrain hin aufpuschen. M.I.A. selbst kann zwar immer noch nicht gut rappen oder singen, hat aber dafür ein unheimlich gutes Gefühl wie man das Weltkulturerbe zu großer moderner Popmusik verwurstet. Das ist zwar nicht total innovativ und unvergleichlich aber frisch, ungewöhnlich und aufregend, insbesondere auf einem Major.
Dass sich Kala nicht in den Top 10 wiederfindet hat es allein Timbaland zu verdanken der mit Come Around das Ende grauenhaft nach unten zieht, als hätte er keine Ahnung wo er grad reingewandert ist fängt er an seine "Baby girl"-Nummer abzuziehen und das ohnehin schon öde Stück versumpft völlig. Abgesehen vom Finale aber wirklich ein ganz tolles Album.

[Video] M.I.A. - Bird Flu