70 aus 2007 Teil 11
Von Uli am 29. Dezember 2007, 20:07
(Teil 1) (Teil 2) (Teil 3) (Teil 4) (Teil 5) (Teil 6) (Teil 7) (Teil 8) (Teil 9) (Teil 10) (Teil 12)
Platz 10
Los Campesinos! - Sticking Fingers Into Sockets EP
13 Sekunden. Länger lassen Los Campesinos! nicht auf sich warten bis sie einem auf ihrer EP Sticking Fingers Into Sockets den ersten denkwürdigen Refrain an den Kopf werfen. Mit mehrstimmigem Gesang, Geigen und Glockenspiel eröffnet We Throw Parties, You Throw Knives den bunten Reigen den das Septett in gerade mal 16 Minuten aufführt. Wer hier musikalische Referenzen sucht wäre mit nahezu jeder personalstarken kanadischen Popband der letzten paar Jahre + The Go! Team + Architecture In Helsinki dividiert durch Dave Newfeld zunächst ganz gut bedient, doch sprengen Los Campesinos! mit Ausrufezeichen grinsend den Rahmen jedes Abziehbildes. [mehr]
[MP3] Los Campesinos! - We Throw Parties, You Throw Knives
Platz 9
Patrick Wolf - The Magic Position
Vom Jungen der auszog um Popstar zu werden, Kapitel 3. Und es sieht ganz so aus als hätte Patrick Wolf es geschafft: In England in den Charts gelandet, in Köln die Kids zum Jubeln gebracht und von der Presse hoch gelobt. Und alles zu Recht, denn sein erstes Major-Album ist wieder ein ganz großes geworden. Ja ein Popalbum, aber ein Popalbum das mit Overture beginnt und mit Finale endet, dazwischen Disco, Theremin und Marianne Faithful. Dabei scheint Wolfs Stimme nicht ganz für solch fröhliche, lebensbejahende Musik gemacht zu sein, ein bisschen kühl wirkt er selbst wenn er "It's gonna be a beautiful day, soo too the bluebirds say as I take your hand and you take my kiss and we take the world" intoniert. Doch die große Wärme kommt von der Musik, der theatralischen und tanzenden, komponiert zu einer Zeit als der Mann verliebt war. Komponiert, natürlich, in Dur. Dem "Major key".
[MP3] Patrick Wolf - The Magic Position
Platz 8
of Montreal - Hissing Fauna, Are You The Destroyer? / Icons, Abstract Thee EP
Kevin Barnes erging es ganz anders als Patrick Wolf. "I'm in a crisis. C'mon mood, shift shift back to good again!" fleht er in Heimdalsgate Like A Promethean Curse, einer flotten Ode an Antidepressiva. Die Songs die sich über of Montreals achtes Album und die dazugehörige EP erstrecken entstanden zu einer düsteren Zeit als Barnes' Ehekrise mit psychischen Problemen einherging. Selbstzweifel, Hass, Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit - ganz anders als man es von den bunten Plastiksynths der Elephant6-Mitgründer erwarten würde. Dabei sind die klanglich dichten Songs, ignoriert man die Texte, kaum bedrückend, dafür gehören sie zum besten was Barnes je produziert hat. Nun, irgendwann merkt man aber doch dass hier etwas nicht stimmt: Das zwölfminütige The Past Is A Grotesque Animal, der beunruhigendste Song des Jahres, ist die musikalische Umsetzung eines Nervenzusammenbruchs und übt einen in seinem Verlauf immer stärker werdenden Sog aus dem man sich nur schwer entziehen kann.
Die qualitativ kaum abfallende Fortsetzung Icons, Abstract Thee führt nach einem Abstecher in die von Glück erfüllte Vergangenheit (Du Og Meg erzählt von den Anfängen der Beziehung) des Paares den bunt klingenden düsteren Psychotrip fort. Auch hier findet sich ein Stück von epischer Länge, doch auch in den 4 oder 5 Songs die No Conclusion findet die Geschichte keinen echten Abschluss, statt einen Ausweg aufzuzeigen verschwindet Barnes am Ende aus seiner eigenen Musik, verschwindet mit einem wiederholten "But it's hopeless!" in Geigen. Wen das alles, trotz der fabelhaften Songs, abschreckt dem sei das Happy Ending verraten das die Musik uns verwehrt: das Paar ist mittlerweile wieder zusammen.
[MP3] of Montreal - Heimdalsgate Like A Promethean Curse
Platz 7
Panda Bear - Person Pitch
Wenn Drummer auf Solopfaden wandeln erwartet man ja eher ein rhythmisch starkes Werk. Nun ist aber Animal Collective alles andere als eine traditionelle Rockband und eine Rolle wie "Drummer" dort mittlerweile sehr lose gefasst. Auch ist Noah Lennox auf der Bühne nicht gerade ein nervös zuckender Greg Saunier oder gar ein Testosteron ausatmender John Stanier, er wirkt mehr wie der ruhige Typ auch wenn er im Kollektiv manchmal stimmlich zum heulenden Tier wird. Sein Person Pitch ist zwar nicht ohne Rhythmus, beginnt es ja mit dem weit hallenden Chor aus Handklatschern von Comfy In Nautica, aber bis auf das höllisch perkussive Good Girl/Carrots doch sehr leicht in Sachen Beats und insgesamt eine vom Boden losgelöste Angelegenheit. Musik die das erste Sonnenlicht des Tages zelebriert wenn geloopte Gitarrenwellen sanft ineinander fallen und mit futuristischem Rauschen ein Raumschiff vorbeisegelt, unaufgeregte Musik mit Elfengesang am Wasserfall und mit Beach-Boy-Harmonien begleitet von einer Unterwasser-Orgel. All das und viel mehr rauscht langsam aber bezaubernd durch den Kopfhörer, zurück bleibt der Hörende selbst in angenehmer Sprachlosigkeit.
[MP3] Panda Bear - Comfy In Nautica
Platz 6
Battles - Mirrored
Mal zugegeben: Ich hatte früher eine enorme Abneigung gegen elektronische Musik. Gegen Kirmestechno sowieso, aber auch die anspruchsvolleren Varianten konnte ich nicht ab, sie erschienen grau und unnahbar für meine Ohren. Bis ich dann eines Nachts eine Maus durch eine bunte computeranimierte Landschaft (N64-Recycling yeah) fliegen sah, das Video zu Twift von Mouse On Mars. Diese verstrahlten Cartoonsounds, die überdrehten Ideen, das war so herrlich unernst und doch hervorragend gemacht dass ich mich daraufhin langsam für ein mir neues musikalisches Feld zu interessieren begann.
Vielleicht ist es genau so möglich dass jemand dem es sein Leben lang vor grimmigen Kerlen mit Gitarren gegraust hat eines Tages freudestrahlend Mirrored entdeckt. Battles erstes/zweites Album kann man auch nicht völlig ernst nehmen, mit seinem Heliumgesang, den distinktiven Sounds die alles sind nur nicht aus unserer Realität gegriffen. Auch wenn es live nicht so wirkt haben die fabelhaften vier durchaus einen Sinn für Humor, den muss man auch haben wenn man etwas so übertrieben bunt klingendes wie Rainbow nicht nur umsetzt sondern auch noch gut klingen lässt. Wie die meisten Stücke basiert es auf einem Loop mit dem Bassist Dave Konopka eines Tages zur Probe erschien und aus denen in einem langen Kreativprozess ein phänomenales Album entstand, eines das so schwer von Menschenhand umzusetzen ist dass man fast denken könnte es handele sich bei den Aufführenden um Maschinen. Aber würden die jemals Ddiamondd oder Leyendecker nennen oder so etwas wie den Prog-Pop-Schaffeltanz des Jahres mit Atlas erschaffen? Ich glaube nicht.
[MP3] Battles - Atlas
Platz 10
Los Campesinos! - Sticking Fingers Into Sockets EP
13 Sekunden. Länger lassen Los Campesinos! nicht auf sich warten bis sie einem auf ihrer EP Sticking Fingers Into Sockets den ersten denkwürdigen Refrain an den Kopf werfen. Mit mehrstimmigem Gesang, Geigen und Glockenspiel eröffnet We Throw Parties, You Throw Knives den bunten Reigen den das Septett in gerade mal 16 Minuten aufführt. Wer hier musikalische Referenzen sucht wäre mit nahezu jeder personalstarken kanadischen Popband der letzten paar Jahre + The Go! Team + Architecture In Helsinki dividiert durch Dave Newfeld zunächst ganz gut bedient, doch sprengen Los Campesinos! mit Ausrufezeichen grinsend den Rahmen jedes Abziehbildes. [mehr]
[MP3] Los Campesinos! - We Throw Parties, You Throw Knives
Platz 9
Patrick Wolf - The Magic Position
Vom Jungen der auszog um Popstar zu werden, Kapitel 3. Und es sieht ganz so aus als hätte Patrick Wolf es geschafft: In England in den Charts gelandet, in Köln die Kids zum Jubeln gebracht und von der Presse hoch gelobt. Und alles zu Recht, denn sein erstes Major-Album ist wieder ein ganz großes geworden. Ja ein Popalbum, aber ein Popalbum das mit Overture beginnt und mit Finale endet, dazwischen Disco, Theremin und Marianne Faithful. Dabei scheint Wolfs Stimme nicht ganz für solch fröhliche, lebensbejahende Musik gemacht zu sein, ein bisschen kühl wirkt er selbst wenn er "It's gonna be a beautiful day, soo too the bluebirds say as I take your hand and you take my kiss and we take the world" intoniert. Doch die große Wärme kommt von der Musik, der theatralischen und tanzenden, komponiert zu einer Zeit als der Mann verliebt war. Komponiert, natürlich, in Dur. Dem "Major key".
[MP3] Patrick Wolf - The Magic Position
Platz 8
of Montreal - Hissing Fauna, Are You The Destroyer? / Icons, Abstract Thee EP
Kevin Barnes erging es ganz anders als Patrick Wolf. "I'm in a crisis. C'mon mood, shift shift back to good again!" fleht er in Heimdalsgate Like A Promethean Curse, einer flotten Ode an Antidepressiva. Die Songs die sich über of Montreals achtes Album und die dazugehörige EP erstrecken entstanden zu einer düsteren Zeit als Barnes' Ehekrise mit psychischen Problemen einherging. Selbstzweifel, Hass, Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit - ganz anders als man es von den bunten Plastiksynths der Elephant6-Mitgründer erwarten würde. Dabei sind die klanglich dichten Songs, ignoriert man die Texte, kaum bedrückend, dafür gehören sie zum besten was Barnes je produziert hat. Nun, irgendwann merkt man aber doch dass hier etwas nicht stimmt: Das zwölfminütige The Past Is A Grotesque Animal, der beunruhigendste Song des Jahres, ist die musikalische Umsetzung eines Nervenzusammenbruchs und übt einen in seinem Verlauf immer stärker werdenden Sog aus dem man sich nur schwer entziehen kann.
Die qualitativ kaum abfallende Fortsetzung Icons, Abstract Thee führt nach einem Abstecher in die von Glück erfüllte Vergangenheit (Du Og Meg erzählt von den Anfängen der Beziehung) des Paares den bunt klingenden düsteren Psychotrip fort. Auch hier findet sich ein Stück von epischer Länge, doch auch in den 4 oder 5 Songs die No Conclusion findet die Geschichte keinen echten Abschluss, statt einen Ausweg aufzuzeigen verschwindet Barnes am Ende aus seiner eigenen Musik, verschwindet mit einem wiederholten "But it's hopeless!" in Geigen. Wen das alles, trotz der fabelhaften Songs, abschreckt dem sei das Happy Ending verraten das die Musik uns verwehrt: das Paar ist mittlerweile wieder zusammen.
[MP3] of Montreal - Heimdalsgate Like A Promethean Curse
Platz 7
Panda Bear - Person Pitch
Wenn Drummer auf Solopfaden wandeln erwartet man ja eher ein rhythmisch starkes Werk. Nun ist aber Animal Collective alles andere als eine traditionelle Rockband und eine Rolle wie "Drummer" dort mittlerweile sehr lose gefasst. Auch ist Noah Lennox auf der Bühne nicht gerade ein nervös zuckender Greg Saunier oder gar ein Testosteron ausatmender John Stanier, er wirkt mehr wie der ruhige Typ auch wenn er im Kollektiv manchmal stimmlich zum heulenden Tier wird. Sein Person Pitch ist zwar nicht ohne Rhythmus, beginnt es ja mit dem weit hallenden Chor aus Handklatschern von Comfy In Nautica, aber bis auf das höllisch perkussive Good Girl/Carrots doch sehr leicht in Sachen Beats und insgesamt eine vom Boden losgelöste Angelegenheit. Musik die das erste Sonnenlicht des Tages zelebriert wenn geloopte Gitarrenwellen sanft ineinander fallen und mit futuristischem Rauschen ein Raumschiff vorbeisegelt, unaufgeregte Musik mit Elfengesang am Wasserfall und mit Beach-Boy-Harmonien begleitet von einer Unterwasser-Orgel. All das und viel mehr rauscht langsam aber bezaubernd durch den Kopfhörer, zurück bleibt der Hörende selbst in angenehmer Sprachlosigkeit.
[MP3] Panda Bear - Comfy In Nautica
Platz 6
Battles - Mirrored
Mal zugegeben: Ich hatte früher eine enorme Abneigung gegen elektronische Musik. Gegen Kirmestechno sowieso, aber auch die anspruchsvolleren Varianten konnte ich nicht ab, sie erschienen grau und unnahbar für meine Ohren. Bis ich dann eines Nachts eine Maus durch eine bunte computeranimierte Landschaft (N64-Recycling yeah) fliegen sah, das Video zu Twift von Mouse On Mars. Diese verstrahlten Cartoonsounds, die überdrehten Ideen, das war so herrlich unernst und doch hervorragend gemacht dass ich mich daraufhin langsam für ein mir neues musikalisches Feld zu interessieren begann.
Vielleicht ist es genau so möglich dass jemand dem es sein Leben lang vor grimmigen Kerlen mit Gitarren gegraust hat eines Tages freudestrahlend Mirrored entdeckt. Battles erstes/zweites Album kann man auch nicht völlig ernst nehmen, mit seinem Heliumgesang, den distinktiven Sounds die alles sind nur nicht aus unserer Realität gegriffen. Auch wenn es live nicht so wirkt haben die fabelhaften vier durchaus einen Sinn für Humor, den muss man auch haben wenn man etwas so übertrieben bunt klingendes wie Rainbow nicht nur umsetzt sondern auch noch gut klingen lässt. Wie die meisten Stücke basiert es auf einem Loop mit dem Bassist Dave Konopka eines Tages zur Probe erschien und aus denen in einem langen Kreativprozess ein phänomenales Album entstand, eines das so schwer von Menschenhand umzusetzen ist dass man fast denken könnte es handele sich bei den Aufführenden um Maschinen. Aber würden die jemals Ddiamondd oder Leyendecker nennen oder so etwas wie den Prog-Pop-Schaffeltanz des Jahres mit Atlas erschaffen? Ich glaube nicht.
[MP3] Battles - Atlas
Panda Bear und Battles wären bei mir übrigens auch weit vorne dabei...also soweit keine so schlechte Liste.