70 aus 2007 Teil 3

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Platz 58
Do Make Say Think - You, You're A History In Rust

Eine etwas abgelegene Scheune oder Hütte in den Bergen Kanadas, kühle Herbsttage, alte Freunde kommen zusammen um bei Kaminfeuer, zwischendurch darüber geräuchertem tagsüber gefangenen Lachs essend und wenig aber starkes Bier trinkend, zusammen zu musizieren und die Freude am beisammen sein auf Tonträger einzufangen. So zumindest stelle ich mir vor liefen die Aufnahmen zu Do Make Say Thinks fünftem Album You, You're A History In Rust ab, denn so unbemüht und gemeinschaftlich klingt diese Platte. [mehr]

[Video] Do Make Say Think - A Tender History In Rust

Platz 57
Ulrich Schnauss - Goodbye

Ulrich Schnauss kreiert auf Goodbye weiterhin Traumwelten in denen sich Shoegazer, Dreampop- und Elektronikfreunde treffen, doch ist hier alles dichter geworden, oft nah dran am zweiten Album von M83. Shoegazige Klangwände und -wellen werden aufeinander geschichtet, die Songs sind mit so vielen herrlichen und feinen Details versehen dass sie anfangs verdrehterweise stumpf wirken können. Dabei sind sie emotional geladen, melancholisch, packend, alles nur nicht stumpf. Man möchte lauter drehen um mehr und mehr Facetten wahrnehmen zu können, und dank Schnauss' exzellenter Produktion wird man dafür auch nicht bestraft. [mehr]

[MP3] Ulrich Schnauss - Stars

Platz 56
Ricardo Villalobos - Fabric 36

Ich fürchte ich bin seit Fizheuer Zieheuer in Sachen Ricardo Villalobos permanent geschädigt. Das erste was ich mir nach dem Durchhören von Fabric 36, dem Solomix/Album, dachte war "Nur 10 Minuten? Der Track war viel zu kurz!" Tatsächlich kann man mit etwas Sucherei eine doppelt so lange Version von Primer Encuentro Latino-Americano (das auf einem traditionellen Chilenischen Folksong basiert) online finden, doch hätte die beim besten Willen nicht mehr auf die proppevolle CD gepasst. Der 14. von 15 Tracks ist mit seinem sonnigen Gesang so euphorisierend dass es fast egal sein könnte was davor kam, doch Villalobos schafft es den Weg zu diesem Höhepunkt nicht lang oder langweilig erscheinen zu lassen. Ob Vocals, Percussions oder Schwingröhren, immer wieder schaut irgendwas vorbei das einen aufhorchen lässt, besonders das finstere Andruic & Japan in der Mitte von dem an sich allmählich die Stimmung wieder aufhellt, und wenn der Mix mit Chropuspel Zündung langsam ausklingt fühlt man sich auch im Winter wie nach einem sanften Sommerspaziergang.

[Video] Ricardo Villalobos - Farenzer House

Platz 55
Field Music - Tones Of Town

Field Music waren schon 2005 die tightere, einfallsreichere der neuen britischen Gitarrenbands. Und die weniger bekannte. So ist es leider auch konsequent dass sie dieses Jahr das beste aller zweiten Alben in Sachen UK-Indie herausbrachten ohne dass es groß auffiel. Sicher, die (öfters an XTC erinnernden) Melodiebögen sind nicht oft so offensichtlich dass man direkt Feuer und Flamme dafür ist, die Stücke wandern auf Pfaden die die eine oder andere Wendung machen. Doch wenn man sich mal ein kleines bisschen mehr Zeit nimmt sieht man schnell wie schön alles letztendlich zusammenkommt, wie die mit Bedacht eingesetzten zusätzlichen Instrumente mehr als bloße Zierde sind und damit dem Klischee vom einfallslos produzierten Zweitwerk trotzen. Schade dass die Besten nicht immer gewinnen.

[MP3] Field Music - Sit Tight

Platz 54
Modest Mouse - We Were Dead Before The Ship Even Sank

Viel wurde im Vorfeld draus gemacht als Johnny Ex-Smith bei Modest Mouse einstieg. Ist auf Platte letztendlich was davon zu hören? Kann irgendwer sagen welche Gitarrenparts von Marr sind, welche von Eric Judy und welche von Isaac Brock? Eher nicht. Hörbar mehr hat Marr zur Produktion beigetragen, denn die ist poliert wie nie. Gewohnt bärbeißig hingegen ist zumeist Brock, der Mann mit den erstaunlich vielen verschiedenen Stimmen. Ob er sich passend zum Album mit dem nautischen Thema den Bart von Kapitän Haddock zugelegt hat ist fraglich, aber wenn er einmal losbellt könnte er auch hunderttausend jaulende Höllenhunde in die Flucht schlagen. Auch Sänfte offenbart er, Unruhe, Entspanntheit, nur für die besonders poppigen Refrains hat er sich mit James Mercer von The Shins die prominente Unterstützung geholt die den deutlicheren Einfluss auf den Klang der jeweiligen Songs hat. Es ist (neben dem Songwriting natürlich) der hervorragende Einsatz der Ressourcen, das Ergebnis der Zusammenarbeit von Leuten die mittlerweile einfach wissen was sie machen, die dieses Album so gelungen machen. Wem allerdings das davor schon zu wenige Kanten hatte der sollte besser so tun als wäre das hier eine andere Band die zufällig auch den Namen Modest Mouse trägt.

[Video] Modest Mouse - Dashboard

Platz 53
Working For A Nuclear Free City - Businessmen & Ghosts

Wo andere Bands schon Schwierigkeiten haben ein einziges Feld gut zu bearbeiten muss es noch eindrucksvoller erscheinen dass Working For A Nuclear Free City einen regelrechten Haufen an Einflüssen aufzählen können (u.a. Krautrock, Wave, Dance, Folk, Psychedelia und Madchester) aus denen sie aber wie ihre Labelkollegen Fujiya & Miyagi oder die schwedischen Studio höchst kompetent ihr eigenes Ding machen. Und wie um ihre Ambitioniertheit zu untermauern packten die Engländer nicht nur ihr Debütalbum, eine EP und zahlreiche neue Songs auf ihre 2 CDs starke erste US-Veröffentlichung sondern machten auch noch durch Umordnung ein einziges neues Album daraus. Und das erfolgreich, dadurch dass sie ihr vorher stilistisch abgestecktes Gebiet nicht weiter ausdehnen verdichten sie es mit sanfteren Übergängen zwischen den Extremen und lassen Businessmen & Ghosts als ein gehaltvolles Ganzes wirken mit dem man lange seinen Spaß haben kann.

[MP3] Working For A Nuclear Free City - All American Taste