70 aus 2007 Teil 6

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Platz 40
Burial - Untrue

Wenn sich in den diesjährigen Besprechungen von Untrue eines gezeigt hat dann dass die Person die am besten über Burials Musik schreiben kann immer noch Burial selbst ist. Daher sei dafür auf die vier oder fünf Interviews verwiesen die er dieses Jahr geführt hat, ich für meinen Teil war vielleicht aufgrund von Überraschungsmangel nicht ganz so begeistert vom zweiten Album wie vom ersten. Aber auch wenn ich die diesjährigen Remixe von Bloc Party und Jamie Woon (aber definitiv nicht Thom Yorke gaah) besser fand als alles hierdrauf minus Archangel, eine der besten, stimmungsvollsten Platten des Jahres von einem derer die die Offenheit, Vielseitigkeit und Unbestimmtheit von Dubstep verkörpern ist immer noch was ganz feines.

[MP3] Burial - Ghost Hardware

Platz 39
LCD Soundsystem - 45:33

Ich war ja bis zu diesem Jahr kein kompletter Fan von LCD Soundsystem. Singles oh ja, Mixe unbedingt, aber das Debütalbum gefiel mir einfach bei weitem nicht so gut. 45:33, ursprünglich eine Auftragsarbeit für den bekannt noblen Kunstmäzen Nike, scheint das Vorurteil zu bestätigen dass LCD Soundsystem im Mix besser rüberkommen. Ein großes langes Spacefunkdancemonster mit 1000 Instrumenten von James Murphy nahezu allein eingespielt, mit Aufs und Abs, Tempo- und Rhythmuswechseln sobald es einseitig zu werden droht und einfach ein enormer Haufen Spaß. Mein Lieblingsteil des für den CD-Release in einzelne Sektionen aufgespaltenen Stückes ist wohl Teil 4, in meinem Kopf "Outer Space" betitelt. Aus dem Instrumental von Someone Great werden dafür nicht nur haufenweise begleitende Bläser aufgefahren sondern es setzt auch noch ein komplettes Trompeten-(oder Posaunen-)Solo. Gen Ende verschwindet der Beat langsam, die Bläser fallen sich organisiert ins Wort, immer wieder dasselber Motiv wiederholend, und gerade als man meinen könnte schon das Ende erreicht zu haben spielen die Trompeten mit neuer Kraft auf, Handklatscher und Percussions fallen mit ein und es geht in die nächste Sektion mit spacigem Vokodergesang. Neben dem Titelstück finden sich auf der CD-Version noch u.a. das großartige Freak Out/Starry Eyes, das im Sinne des vorhergegangenen auch aus zwei distinktiven Einzelteilen besteht aber doch besser als Ganzes gehört wird.

[Stream] LCD Soundsystem - 45:33

Platz 38
No Age - Weirdo Rippers

Gutmöglich die beste, sicherlich aber die herzlichste Liveband dieses Jahr waren No Age. Als ich mir nach ihrem Auftritt in Bonn eine CD und ein T-Shirt am Merchstand holen wollte war der Gitarrist des Duos so erfreut darüber dass ich dachte er würde mich gleich umarmen. Überhaupt scheint die vitalisierte Szene rund um The Smell, den Club in L.A. der auf dem Cover von Weirdo Rippers zu sehen ist, sehr kommunal, mit energetisch punkenden Bands wie Mika Miko, HEALTH, Abe Vigoda, Barr, The Mae Shi oder Silver Daggers von denen in jeder Woche garantiert mindestens eine dort live zu sehen ist. Am meisten Furore machten aber dieses Jahr No Age, mit Songs die rauschig dahergleiten um irgendwann in der zweiten Hälfte melodiös entladen zu werden. Selbst wenn man dieses Prinzip fast überall dort wiederfinden kann wird die Platte nicht langweilig. Bestes Beispiel dafür ist Everybody's Down das mit einem geloopten Gitarrenriff anderthalb Minuten Spannung aufbaut, live sogar noch länger. Da verließ Dean Spunt auch erstmal sein Drumkit um zu singen, kehrte dann für seinen EInsatz zurück und mit dem ersten befreienden Gitarrenanschlag sprang Randy Randall von einem Lautsprecher. Einfach aber denkwürdig. Punkrock anyone?

[MP3] No Age - Neck Escaper

Platz 37
Parts And Labor - Mapmaker

Mapmaker, das dritte Album von Parts & Labor, enthält mit dem konzentriert unruhigen Fake Rain so ziemlich meine Lieblingsperformance des Jahres in Sachen irrsinniges Getrommel, so hörbar physisch dass man sich vorzustellen versucht wie das wohl live aussehen mag. Aber auch die anderen Stücke sind eine schiere Wucht, Drummer Christopher Weingarten prescht mit frenetischem Gespiel voran und auch wenn die Rhythmen etwas vertrackt werden macht er seinen beiden Mitspielern konstant Feuer unterm Hintern. Musikalisch erinnern sie mich am ehesten an Hüsker Dü, besonders der leicht nölige Gesang von B.J. Warshaw und Dan Friel ist nicht ganz un-Mould-ig, allerdings mit in solcherlei flotten Noiserocktrios eher selten gesehenen Zwitschersynths (ein Zufall dass sie mal eine Split-LP mit Battles' Tyondai Braxton aufnahmen?) die aber problemlos mit Saiteninstrument und Schlagzeug mithalten können und der Musik eine sehr eigene Klangfarbe verpassen. [mehr]

[MP3] Parts And Labor - Fractured Skies

Platz 36
Arcade Fire - Neon Bible

Es gibt bei singulären Bands wie Arcade Fire die einen von Anfang an überwältigen und zu schwer in Worte zu fassenden Schwärmereien verleiten - im Gegensatz z.B. zu The New Pornographers bei denen man sich immer A.C. Newmans songschreiberischen Handwerks bewusst ist und weiß warum sie so gut klingen - diesen kritischen Punkt. Da beginnt man nicht mehr nur die Musik sondern auch den Menschen hinter der Musik zu hören, die bewussten Entscheidungen, das Handwerk, die Einflüsse. Da kann einiges an Zauber verlorengehen, und so ein kritisches Album ist Neon Bible. Man hört die Stadionrockeinflüsse, wie die Kanadier ihre Stärken wie z.B. Win Butlers Stimme richtig einsetzen, für große Momente bewusst zur großen Orgel greifen. Aber die Feuerprobe ist überstanden, Neon Bible ist ein verdammt gutes Album geworden. Meiner Meinung nach sogar eines das besser als Album funktioniert als Funeral, während ich bei letzterem anfangs und mittlerweile wieder lieber zu den Highlights griff ist der Zweitling wie aus einem Guss, ausgezeichnet sequenziert und belohnt das Durchhören mehr als das einzelne Anspielen.

[MP3] Arcade Fire - Black Mirror

Platz 35
Chromatics - Night Drive

Nach ewig langer neues-Mp3-auf-Myspace-Stellerei und dadurch stetig angewachsener und gespannter werdenden Fangemeinde brachte das Portlander Trio Chromatics im Herbst endlich sein erstes Album heraus. Nun, genau genommen gibt es die Band "The Chromatics" schon seit Jahren, aber in dieser Konstellation und besonders mit diesem Sound klingen sie so anders dass man eigentlich von einer neuen Gruppe sprechen muss. Wie Glass Candy wanderten sie stilistisch von No Wave zu Italo-Disco, allerdings kommen einem beim Anhören von Night Drive kaum glamouröse, glitzernde Tanzflächen in den Sinn. Vielmehr ist es eine düstere, melancholische Odyssee, stimmungsvoll dank Ruth Radelets zugleich klar und kehlig erscheinender Stimme, Adam Millers minimalistischen Gitarrengeknatters und mit Johnny Jewels metikulöser Produktion sorgfältig texturiert. Ein Album das einen langsam in seinen Bann zieht und den Tag zur Nacht macht.

[MP3] Chromatics - Healer