48 Aus 2009 (Teil 6)

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Platz 8
The Fiery Furnaces - I'm Going Away / Take Me Round Again

Es wäre kein Jahr gewesen ohne mindestens eine Furnaces-Platte, kein Jahr ohne mindestens drei weitere angekündigte neue Furnaces-Projekte von denen sich höchstens eins materialisiert und kein Jahr ohne dass die Furnaces versuchten, einen vor den Kopf zu stoßen. Dabei ist I'm Going Away mit seinen sauberen, leichten Arrangements das für Einsteiger am leichtesten zu verdauende Werk der Friedbergers seit EP, voller herrlicher Songs die diesmal von Eleanor geschriebene Situationen und Geschichten schildern und sich vom detaillierten Weltenbummeln in Kneipen und Clubs verlegen. Doch es wäre einfach zu einfach gewesen es dabei zu belassen, also folgte vor ein paar Wochen Take Me Round Again, auf dem beide Geschwisterteile für sich fünf der Songs in reduzierter Form selbst neu interpretieren - die Fiery Furnaces covern sich selbst. Wer auch sonst. [mehr]

[MP3] The Fiery Furnaces - The End Is Near (von I'm Going Away)
[MP3] The Fiery Furnaces - Keep Me in the Dark (Eleanor Friedberger version) (von Take Me Round Again)
[Stream] The Fiery Furnaces - I'm Going Away
[Stream] The Fiery Furnaces - Take Me Round Again

Platz 7
Future Of The Left - Travels With Myself And Another / Last Night I Saved Her From Vampires

Wer McLusky immer noch nachtrauert hat Future Of The Left wahrscheinlich noch nicht gehört und garantiert noch nicht live gesehen. Ihre Konzertqualitäten zeigte Anfang des Jahres bereits das Livealbum Last Night I Saved Her From Vampires auf, bei dem natürlich die unvergleichlichen Zwischenansagen ans und Verbalduelle mit dem Publikum nicht fehlen dürfen. Bald darauf folgte das zweite Album des Trios und übertraf das hervorragende Debüt nochmal locker, von Anfang an, wenn man den Fehler begeht und das leise Intro auf verständliche Lautstärke dreht nur um vom tatsächlichen Beginn überrollt zu werden dass man vor Schreck an die Decke springt (ist mir sicher 4mal passiert), wird klar dass Travels With Myself And Another entgegen "Alles wahllos laut"-Trends eine echte dynamische Breite bietet und so eben auch wirklich Einschlaglöcher hinterlässt wenn's kracht, andererseits seinen Pop-Appeal auch voll ausspielen kann. Andy Falkous' Stimme ist dabei über alle Ruhe erhaben, er schwingt sie so absurd und manisch wie er will, was eben auch perfekt zum Humor der Platte passt, wie wenn sich der Satanistist in You Need Satan More Than He Needs You durch schlechtes Wetter plötzlich deprimiert fühlt und die anstehende Orgie höchst skeptisch betrahtet, erst recht wenn die verdammte Opferziege außer Rand und Band ist. Ist ja auch viel interessanter als zu böser Musik einen auf böse zu machen.

[MP3] Future Of The Left - Arming Eritrea (von Travels With Myself And Another)
[MP3] Future Of The Left - Manchasm (live) (von Last Night I Saved Her From Vampires)
[Stream] Future Of The Left - Travels With Myself And Another
[Stream] Future Of The Left - Last Night I Saved Her From Vampires

Platz 6
St. Vincent - Actor

Pompös scheint Actor zu beginnen, doch der hallende Chorgesang weicht nach Sekunden einem merklich eindrucksvolleren, der Stimme von Annie Clark die es schafft, erheblich weiser zu klingen als ihr Alter es vermuten ließe. Diese Stimme war es auch die mich zunächst bei der Stange hielt, die besser austarierten Arrangments dieses zweiten Albums wollten bei mir zunächst nicht so recht zünden, waren aber umso großartiger aber als es dann endlich soweit war. Dieser Kontrast zwischen klarer und verzerrter Stimme, zwischen Glockenspiel und Chor auf der einen und dissonant holzender Gitarre und Bläsern auf der anderen Seite, wie er z.B. In Black Rainbow zu minutenlanger Steigerung führen kann, und in Actor Out Of Work unter voran preschendem Schlagzeug und dem Gesang "I think I'm mad" alles manisch zusammen kommt, toll! Wie der Beat im kühl-atmospärischen Marrow abwechselnd links und rechts pocht, genial! Und darüber hinaus erstreckt sich Clarks Gespür für Dramaturgie und Sequenzierung auf auf das ganze Album, bestens exempliert am Finale, als nach dem prächtigem The Party und dem traumhaften Just The Same But Brand New leise davonfadend das Ende klar erreicht ist und Clark wohlwissend unter dem Titel The Sequel nochmal einen nachsetzt und es sich wirklich wie der Beginn von etwas Neuem anfühlt.

[MP3] St. Vincent - The Strangers
[Stream] St. Vincent - Actor

Platz 5
jj - jj n° 2

"Wanna hear my masterplan? Here's my masterplan." Ja, was ist eigentlich der Masterplan von jj? Anonym (jj steht dabei für "Jules & Jim", Tach auch Truffaut) auf dem grandiosen Göteborg-Label Sincerely Yours, das uns u.a. schon Air France und The Tough Alliance brachte, simple, leichtfüßige Songs in der beliebten SY-DIY-Ästhetikformel Sport- und Strandvideos + Filmzitate + Pop-Cover + inspirative Slogans + ein Hauch Absurdum (auf 27 Exemplare limitierte T-Shirts) in die Welt setzen, die internetweit verstreuten Hörer einen ganzen Sommer lang von fernen Stränden an Afrika, Malaga, Miami und Mittelmeer träumen lassen und soviel Erfolg haben dass man im Frühjahr 2010 das Nachfolgewerk jj n° 3 international in die Welt setzen und mit The xx touren kann. Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert. [mehr]

[MP3] jj - Ecstasy
[Stream] jj - jj n° 2

Platz 4
Sunset Rubdown - Dragonslayer

Klar, ohne Spencer Krug geht hier oben nichts, der Mann vollbringt einfach immer wieder Großtaten. Nicht nur alleine, wie gut Sunset Rubdown zur Band gewachsen sind konnte man nicht nur live erleben, es wird auch auf Dragonslayer reflektiert das, nach dem glorreich überladenen letzten Album, dieses sauberere Zusammenspiel wiedergibt. Raum für wunderbare Vielfalt ist dabei natürlich immer noch, wie das kreuz-und-quer-Drumming und die Nintendo-Sounds in You Go on Ahead (Trumpet Trumpet II), herausragend auch die Karibik-Vibes von Paper Lace, das elegant barocke Nightingale / December Song das als einziges selbst von fünf Leuten live nicht repliziert werden kann oder die Momente wenn Black Swan schier explodiert, nicht erst am Ende sondern wie im Finale Dragon's Lair in einem Auf und Ab der Spannungskurve. Und natürlich glänzt Krug selbst wieder mit seiner unnachahmlichen Fähigkeit, Texte und Melodien zu schreiben die man, völlig egal ob man ihren Inhalt aus klassischen Mythen und Krug persönlicher Traum-Metaphorik versteht, aus vollster passionierter Kehle mitsingen möchte.

[MP3] Sunset Rubdown - Idiot Heart

Platz 3
Fuck Buttons - Tarot Sport

Es war einer dieser Momente, der klar machte, das etwas Großes in der Zukunft lag, als am Ende von Fuck Buttons' gutem aber nicht überraschenden Konzert auf einmal ein mächtig polternder Beat angaloppiert kam und das damals noch völlig unbekannte Flight Of The Feathered Serpent überwältigend zeigte dass man zu diesen krachgefüllten Stücken auch tanzen konnte. Und Tarot Sport enttäuschte keineswegs, hatte mit Olympians und Surf Solar zwei weitere epische Prachtwerke zu bieten, die nach stetigem Aufbau die Glückszentren im Körper voll belohnen, und war darüber hinaus wieder eine unterbrechungsfreie Folge ruheloser rhythmischer Regenbogennoisefeste. [mehr]

[Stream] Fuck Buttons - Tarot Sport

Platz 2
Devin Townsend Project - Addicted

Devin Townsend war auch so einer den ich die Jahre über abgeschrieben hatte. Sein naturspirituelles Terria hatte ich auf der anderen Seite dieses Jahrzehnts noch geliebt, aber danach war alles entweder zu absehbar ausgeflippt, absehbar ausgedehnt oder einfach nicht konstant auf ähnlichem Niveau mitreißend. Dass er ein neues Projekt mit vier Alben und je unterschiedlicher Bandbesetzung am Laufen hatte, ich auch erst heraus als mich die ersten Songs von Addicted neugierig gemacht hatten. Furchtlos und hochoriginell bubblegum-farbener Progmetalpop mit mächtigen Refrains, dichtestens mit Sound gefüllt den zu einem signifikanten Teil der himmlisch vervielfachte Gesang Anneke van Giersbergens einnimmt, eine perfekte Paarung mit Townsends unverkennbarem Stimmorgan die den 10 durchweg exzellenten Stücken erst ihren lebensfrohen Ohrwurmappeal verleiht. [mehr]

[Video] Devin Townsend Project - Bend It Like Bender!

Platz 1
Animal Collective - Merriweather Post Pavilion / Fall Be Kind EP

Devin Townsend kam noch überraschend nahe dran, aber letztendlich gibt es doch keinen Zweifel am Highlight des Jahres. Mit Freuden erwartet habe ich dieses Album schon seit ich die Songs vor zwei Jahren live liebte und so hin und weg war, dass ich auch so viel später mit einem Hören völlig vertraut mit ihnen war, als klar wurde dass Strawberry deswegen ein leichter Durchhänger war weil es ein Übergangswerk war. Auf Merriweather Post Pavilion lösen Animal Collective ein was Fireworks und Derek versprachen, poppige und emotional affektierende Songs mit Fluten von elektronischer Euphorie, beginnend mit dem Moment wenn In The Flowers einen nach einer Minute so wunderschön überrollt, transportiert von und auch, wie in Brother Sport, energetisch verwoben mit Beats die nicht ruhig sitzen lassen. Der Pop-Appeal ist gewiss immer noch kein universaler, die Maultrommel in Lion In A Coma gehört dabei noch zu den alltäglichen Sounds. So auch auf der Nachfolge-EP Fall Be Kind, die gerade in der zweiten Hälfte mit den pluckernden Bleed und On A Highway eher auf der sanften bis trippigen Seite gelegen ist, stellenweise gar ein wenig an das immer noch beste Collective-Album Feels erinnert, aber sich gefasster, runder als frühere Werke zeigt und mit dem flötenden Graze auch so zum Wippen und mit What Would I Want? Sky zum Segeln auf weißblauen Traumwellen einlädt.

[MP3] Animal Collective - My Girls (von Merriweather Post Pavilion)
[Stream] Animal Collective - Merriweather Post Pavilion
[Stream] Animal Collective - Fall Be Kind