56 Aus 2010 (Teil 3)

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Platz 40
Umberto - Prophecy Of The Black Widow

So sehr es mir manchmal leid tut, die meisten der (gewiss nicht wenigen) Synthgniedeleien und Drum-Machine-Rumpler auf Not Not Fun sind mir ja doch ein Stück zu Low Budget im Sound, zu versumpft als dass ich die Musik wirklich genießen könnte. Doch während man Umberto, dem Soloprojekt des Bassisten von Expo '70, gewiss keine lupenreine Produktion andichten kann sind seine wuchtigen Horror-Soundtracks in bester Italo-Tradition zu ausgeprägt um im Nebel unterzugehen. Cineastisch-deskriptive Titel, denen man instinktiv entsprechende Szenen und Filme zuordnen möchte (The Psychic ruft u.a. Profondo Rosso in Erinnerung, Someone Chasing Someone Through A House => ... öhm, alle Gialli die wo gibt) machen klar, woher hier der Wind weht: Sollte sich mal die Reinkarnation des Dario Argento finden, steht Umberto als sein Goblin bereit. Und zeigt bis dahin mit Everything Is Gonna Be Okay, dass er auch die Untermalung zum Happy Ending parat hat.

[Stream] Umberto - Prophecy Of The Black Widow

Platz 39
Plug - Plug

Das Debüt der Britinnen wurde wohl leider viel zu spät im Jahr veröffentlicht, um auf so einem kleinen Label angemessen wahrgenommen zu werden. Dabei bringt das Duo die typischsten Elemente einer Band auf Upset! The Rhythm vielleicht besser zusammen als alle zuvor: Trommelfreudigkeit, farbenfrohe Plastiksynths, harmonische Shouts und eine vitale Unruhe. Ein wenig an Micachu ohne Klanglabor oder die weniger geradlinigen Stücke der Unicorns erinnernd, auch an die poppigsten Slits, aber vor allem ein postpunkiger Heidenspaß dank charismatischer, smarter und zu sparsam arrangierten Ohrwürmern fähiger Protagonistinnen.

[MP3] Plug - Another Body Story
[Stream] Plug - Plug

Platz 38
Jonas Reinhardt - Powers Of Audition

Wer, anders als ich, das Soloalbum Jonas Reinhardts 2008 nicht verpasst hatte, sah sich auf Powers Of Audition unter gleichem Projektnamen auf einmal mit einer kompletten Band konfrontiert - in San-Francisco-Starbesetzung, mit Leuten von Trans Am, Citay und Mi Ami, . Die begibt sich dann unter der Synthesizer-Führung Reinhardts auf einen so dicht groovenden wie traumhaft schwurbelnden Kosmik-Trip, krautig wie Sau und voller funkelnder Sternstunden. [mehr]

[Video] Jonas Reinhardt - Atomic Bomb Living
[Stream] Jonas Reinhardt - Powers Of Audition

Platz 37
Zola Jesus - Stridulum EP

Es war natürlich erfreulich (wenn auch nicht überraschend, über niemand sonst hab ich in den letzten beiden Jahren soviel LeserInnen-Feedback erhalten), mitanzusehen wieviel Anerkennung Nika Danilova dieses Jahr überall bekam. Trotzdem fand ich nur die amerikanische Stridulum-EP, also quasi die erste Hälfte ihres diesjährigen Outputs (und der europäischen Stridulum II-Sammelveröffentlichung großartig. Auf Valusia fehlte mir noch weniger als die entsorgten Noise-Texturen das Überdramatische inmitten der gestrafften Produktion, das irre Geheule im Hintergrund, das irritierende Schaben, die seltsamen Sounds die durch wenig interessante Beats und Geigen ersetzt schienen. Die zeigten sich dafür noch auf Stridulum, zusammen mit einer Stimme, die über jede Klangqualität erhaben ist, in Hochform. [mehr]

[MP3] Zola Jesus - Night
[Stream] Zola Jesus - Stridulum

Platz 36
Xinlisupreme - Xinlisupreme.com

Nach jahrelanger Funkstille erschien vor ein paar Monaten nicht nur ein neuer Song auf der kryptischen Webseite des Japaners, sondern auch der unten stehende Link zu diesem Mixtape/Album, das eben von jenem Stück angeführt wurde. Seaside Voice Guitar macht ziemlich genau das, woran es mir bei Sleigh Bells gemangelt hatte, es zieht die Verfremdung himmlisch schöner Musik durch gnadenlose digitale Übersteuerung in voller Konsequenz durch: Ein Arsenal aus aufgeschichteten Glitzervorhängen, Pianosprenkeln, Sonnenanbeter-Gitarren und ekstatischen Gesängen ergießt sich auf völlig kaputtkomprimierten Beats aus den Lautsprechern. Der Rest der Sammlung besteht u.a. aus ebenso zen-kompatiblem Noiserock, Industrial-Disco und In A Silent Doll, dem Moments In Love für ein neues Jahrzehnt.

[Download] Xinlisupreme - Xinlisupreme.com

Platz 35
The New Pornographers - Together

Ein allzu passender Titel für das Werk einer Band, die darauf besonders im Gesangsbereich endgültig über Aufgabentrennunung hinauswächst. Nicht dass es bislang eine starre "Carl singt diesen Song solo, Dan/Neko/Kathryn/Blaine jenen"-Separation gegeben hätte, aber auf Songs wie Up In The Dark, Daughter Of Sorrow oder Crash Years betreiben die Pornographers raffiniert geschichtete Wechsel-, Gruppen- und Backing-Gesänge. Deren Konstruiertheit aber, wie sich das für guten Pop gehört, unbemerkt bleibt und lediglich die Musik erhöht. Und liefern mit dem letztgenannten obendrein noch ziemlich zeitgemäßen Wirtschaftskrisel-Powerpop.

[MP3] The New Pornographers - Your Hands (Together)
[Stream] The New Pornographers - Together

Platz 34
Working For A Nuclear Free City - Jojo Burger Tempest

Achtung: Dieses Werk ist eher nichts für Aufmerksamkeitsschwächlinge. Ich sage gezielt "Werk", weil die beste Band Manchesters hiermit versucht, soviel wie sinnvoll möglich ihres - nicht mal allzu sperrigen, aber einfach an Ideen enorm dichten - Schaffens der letzten drei Jahre zu dokumentieren statt es hörfreundlich auf 40 Minuten zusammenzustampfen. Da läuft nix mit fünfmal durchlaufen lassen und ins Plattenregal absortieren, Jojo Burger Tempest mit einem ähnlich weitreichenden, irgendwie-doch-kohärenten Sound wie XTRMNTR oder Source Tags & Codes will Stück für Stück genüsslich absorbiert werden. Und wartet dann mit dem Monster von einem Titelstück auf der zweiten Albumseite auf, das alle zwei Minuten eine Blaupause für ein komplettes neues Album bietet. Ich glaube in einem Jahr werd ich allmählich ein Gefühl für die wahre Qualität dieses Werks haben, und ich werde jede Hörminute bis dahin genießen.

[MP3] Working For A Nuclear Free City - Alphaville
[Stream] - Jojo Burger Tempest

Platz 33
Moonface - Dreamland EP: Marimba & Shit-Drums

Wie nach jedem Album trennten sich auch nach EXPO 86 die Recken von Wolf Parade, um ihren anderen Aktivitäten nachzugehen. Im Falle Spencer Krugs soll diese allerdings erstmal nicht Sunset Rubdown sein, stattdessen kehrt er als Moonface zu seiner Solo-Betätigungsstätte zurück. Wenn die mehr Material vom Kaliber dieser EP hervorbringen sollte, besteht dann auch gar kein Grund zum Bedauern: Mit der faszinierenden Kombination aus mehrspurig getracktem Schlagholz-Instrument und scheppernder Trommel erzeugt Krug hypnotisch-repetitiv verflochtene Muster, die ideale Träger für seine fragmentarischen Traumnarrativen sind und über 20 Minuten nicht monoton, sondern im Gegenteil mit jedem Hören mitreißender werden. [mehr]

[Download] Moonface - Dreamland EP: Marimba & Shit-Drums