HOAX / Jungbluth

Gut, das Album von HOAX ist wahrscheinlich eine der feinsten Hardcoreplatten des Jahres. Das Schlagzeug gibt druckvoll den Ton an und kann auch autoritär das Tempo rausnehmen, so dass sich spätestens hier die metallisch (aber nicht metal-ig) fiese Gitarrenverzerrung ausbreiten kann, die so einen besonderen, schwer zu findenden Punkt an Aufgeblasenheit und zugleich Kaputtheit trifft. Nicht minder gut, wenn auch mit etwas anderer Mischung, treffen diesen auch Jungbluth mit einem (Post)Hardcore, der vor allem mit seiner tragkräftig inszenierten Dynamik-Fluktuation so mitreißend wird. Was sie mir aber darüber hinaus vor allem verbindet, ist die Ausstattung beider LPs.

Beide sind vielerorts für unter 15€ zu haben, erweisen sich beim Öffnen aber als größere Füllhörner als so manche designierte Special-Deluxe-Varianzedition. Part Aches Texte & Credits sind auf klasse designten, beidseitig bedruckten Pappkarten (eine pro Song) niedergeschrieben, ein Poster des Covers ist glaub ich auch noch dabei, bei HOAX wiederum wird man von einem halben Dutzend Postern in doppelter LP-Cover-Breite und -Höhe erschlagen, eines für je zwei Songs. Es passt irgendwie perfekt, dass zwei Bands, die so gekonnt mit dem Volumen ihres Sounds umgehen, auch ein bemessenes Übermaß für die Präsentation der Musik ansetzen.

[Stream] HOAX - HOAX
[Stream] Jungbluth - Part Ache

Sky Ferreira - Night Time, My Time

Es schien schon so, als könne Sky Ferreira in den Club der Cassies und JoJos eintreten, deren Alben durch so viel Label-Hickhack etliche Male umgestaltet und verschoben wurden, dass man geistesgesünderweise gar nicht mehr damit rechnen sollte. Mit genug Eigeninitiative erblickte Night Time, My Time dann aber doch das Tageslicht, auch wenn man den Widerwillen von oben mit jeder chaotischen Phase der Veröffentlichung zu spüren meint.

Erst gab es nur einen Download, der diesseits des Atlantiks nur denkbar umständlich zu bekommen war, ob die auf Shows verkauften CDs überhaupt jemals in den Großhandel kommen werden scheint immer noch fraglich, obwohl es stattdessen ein Silberling mit B-Seiten eben dorthin geschafft hat. Wer nun nicht abwarten mag, ob Gerüchten über eine weltweite Veröffentlichung im kommenden Jahr zu glauben ist (und wie das Album dann aussehen mag - ich denke nur an Icona Pops fast komplett umgestaltetes Zweitdebüt dieses Jahr), kann nun den Direktweg wählen: Wie jede kleine Indieband auf Bandcamp bietet Ferreira so ziemlich alle Formate im eigenen Online-Shop an. Die Wunder eines Majorlabel-Vertrags.

Umso irrsinniger erscheint diese Zögerlichkeit, weil Night Time, My Time nicht bloß aufgrund der derzeitigen Mangelkonkurrenz das beste US-Popalbum der letzten Monate geworden ist. In brodelnder Wave-Schattierung sind manche der Songs eigentlich eher dürftig konstruiert, doch die Inbrunst, mit der Ferreiras Stimme sich offenbart, setzt sich kraftvoll ebenso darüber wie über die chaotische Vorgeschichte hinweg, ohne irgendetwas schönmalen zu müssen.

[Stream] Sky Ferreira - Night Time, My Time

The Stevens - A History Of Hygiene

24 Songs, 43 Minuten. Wo man durchaus einen Sack voll Hardcore-Klopper erwarten könnte, handelt es sich beim Debütalbum der Melbourner The Stevens um hochökonomischen Jangle-Indierock, der zwischen heimischen Soloaufnahmen und voller Bandbesetzung unter Mikey-Young-Produktion meist eben unter der Zweiermarke bleibt. Die Eckpfeiler (Personal, Ausnahmelabel, weltweit genreführende Stadt) sitzen, etabliert ist der Stevens Hitgespür auch - bleibt nur die Frage, ob über eine derartige Songmenge (eher als Spiellänge) ähnlich die Konsistenz gehalten werden kann wie über eine EP. Gerade die etwas heterogene Mischung scheint nun die durchwegige Hörbarkeit der Platte zu erreichen in einem Genre, in dem Alben mit weniger Material sich schnell in Eintönigkeit erschöpfen und Abnutzungserscheinungen erleiden - eine raue Miniatur wie Trail Of Debt weiß dem effektiv gegenzusteuern.

[Stream] The Stevens - A History Of Hygiene

Oranssi Pazuzu - Valonielu / Yamantaka // Sonic Titan - UZU

Ich find diese Woche besonders viel Gefallen an psychigem Space-Metal (oder spacigem Psych-Metal? Beides unaussprechlich jedenfalls). Während das kanadische Duo Yamantaka // Sonic Titan zwischen Doom mit Indiepop-Vocals und einem frisierten Acid Mothers Temple mehr auf kompakte Präzision setzt, kommt es dabei aber nicht weniger prachtvoll weit rüber als das ebenfalls zweite Album der Finnen Oranssi Pazuzu, die mit ihren verstimmen Synths auch ein wenig an (die jazzigen) Shining oder Teeth Of The Sea erinnern. Beide Alben schaffen es vor allem, bei gesamtkohärentem Sound derart unterschiedliche Facetten zu formen, dass sich auch das bei derart bildstarker Musik unweigerliche Kopfkino höchst unterhaltsam gestaltet.

[Stream] Yamantaka // Sonic Titan - UZU
[Stream] Oranssi Pazuzu - Valonielu