Video: Katy B - Witches' Brew
Von Uli am 4. August 2011, 19:40

Einer der Gründe, warum ich überwiegend englischsprachige Musikschreibe lese ist der, dass dort einsichtsreiche und leidenschaftliche Beschäftigung mit Popsongs bei vielen eine Selbstverständlichkeit ist. Also Pop nicht im "Alles was zwei Leute interessiert ist Pop"-Sinne, sondern popistische Popmusik mit populären POP-Ambitionen. Hierzulande sieht es damit ziemlich mau aus, zumindest habe ich bis heute nichts gefunden was auch nur annähernd z.B. an die Singles Jukebox oder an die Massen an Tumblrs-Blogs der anglophonen KritikerInnengemeinde ranreicht. Popmusik wird ohne eine darum spinnbare Erzählung als wertloses Produkt für die Masse so ideen- und lustlos abgetan, dass selbst beim letzten GaGa-Album die Feuilleton-Schreiberlinge kaum über nutzlose "Kirmestechno"-Deskriptoren hinauskamen.
Schade ist vor allem die fatalistische Attitüde dahinter. Alles Kommerzkack, genauer hinhören lohnt sich gar nicht erst - wenn dieser Grundgedanke immer weiter verbreitet wird, entsteht gar nicht erst ein Bewusstsein, dass es gute und schlechte Popsongs gibt. Sollte dies nicht gerade von einer Musikkritik unterschieden werden, zumindest das Gute hervorgehoben werden können? So wird die Popsongkritik in der Gosse gelassen, was sich auch in den Texten wiederspiegelt, die man beim Googeln zu Katy Bs neuer Single findet: Im besten Falle umgeschriebene PR-Mitteilungen, schlimmstenfalls schmierige, sexistische Dümmlichkeit auf BILD-Niveau die rein gar nichts von der Musik vermittelt.
Sollte man nicht das 8-bittige Geblubber in Witches' Brew bewundern, das im Strophenhintergrund wild auf und ab rast und wie ein digital geschrumpfter Beschwörungschor Atmosphäre schafft? Darauf hinweisen, wie der Song eine großartige Tracksequenz auf On A Mission lostritt, die fast ungebrochen bis zum Ende anhält? Dass er als einer der wenigen nicht direkt die Thematik und Lokalität von Tanz und Club beackert und dabei gleich ein Stück banaler erscheint, nachdem Katy Bs bisherige Singles eben in der treffenden Situations- und Emotionsbeschreibung brillierten? Dass er dank Katy Bs Stimme aber dennoch effektiv ist, die sonst vor allem Sehnsucht gut kommuniziert, sich hier als Objekt eben jener positionieren kann weil sie nie in die Rolle einer Femme Fatale oder ähnlich Eiskalten verfällt, sondern stets eine zutiefst menschliche und empathisierbare Qualität beibehält? Oder man könnte noch ein, zwei Dutzend andere Punkte aufbringen - oh, aber ich glaube, James Blake hat gerade ganz traurig gefurzt, das ist natürlich interessanter.
[Video] Katy B - Witches' Brew