Video: Katy B - Witches' Brew



Einer der Gründe, warum ich überwiegend englischsprachige Musikschreibe lese ist der, dass dort einsichtsreiche und leidenschaftliche Beschäftigung mit Popsongs bei vielen eine Selbstverständlichkeit ist. Also Pop nicht im "Alles was zwei Leute interessiert ist Pop"-Sinne, sondern popistische Popmusik mit populären POP-Ambitionen. Hierzulande sieht es damit ziemlich mau aus, zumindest habe ich bis heute nichts gefunden was auch nur annähernd z.B. an die Singles Jukebox oder an die Massen an Tumblrs-Blogs der anglophonen KritikerInnengemeinde ranreicht. Popmusik wird ohne eine darum spinnbare Erzählung als wertloses Produkt für die Masse so ideen- und lustlos abgetan, dass selbst beim letzten GaGa-Album die Feuilleton-Schreiberlinge kaum über nutzlose "Kirmestechno"-Deskriptoren hinauskamen.

Schade ist vor allem die fatalistische Attitüde dahinter. Alles Kommerzkack, genauer hinhören lohnt sich gar nicht erst - wenn dieser Grundgedanke immer weiter verbreitet wird, entsteht gar nicht erst ein Bewusstsein, dass es gute und schlechte Popsongs gibt. Sollte dies nicht gerade von einer Musikkritik unterschieden werden, zumindest das Gute hervorgehoben werden können? So wird die Popsongkritik in der Gosse gelassen, was sich auch in den Texten wiederspiegelt, die man beim Googeln zu Katy Bs neuer Single findet: Im besten Falle umgeschriebene PR-Mitteilungen, schlimmstenfalls schmierige, sexistische Dümmlichkeit auf BILD-Niveau die rein gar nichts von der Musik vermittelt.

Sollte man nicht das 8-bittige Geblubber in Witches' Brew bewundern, das im Strophenhintergrund wild auf und ab rast und wie ein digital geschrumpfter Beschwörungschor Atmosphäre schafft? Darauf hinweisen, wie der Song eine großartige Tracksequenz auf On A Mission lostritt, die fast ungebrochen bis zum Ende anhält? Dass er als einer der wenigen nicht direkt die Thematik und Lokalität von Tanz und Club beackert und dabei gleich ein Stück banaler erscheint, nachdem Katy Bs bisherige Singles eben in der treffenden Situations- und Emotionsbeschreibung brillierten? Dass er dank Katy Bs Stimme aber dennoch effektiv ist, die sonst vor allem Sehnsucht gut kommuniziert, sich hier als Objekt eben jener positionieren kann weil sie nie in die Rolle einer Femme Fatale oder ähnlich Eiskalten verfällt, sondern stets eine zutiefst menschliche und empathisierbare Qualität beibehält? Oder man könnte noch ein, zwei Dutzend andere Punkte aufbringen - oh, aber ich glaube, James Blake hat gerade ganz traurig gefurzt, das ist natürlich interessanter.

[Video] Katy B - Witches' Brew

Video: Javiera Mena - Primera Estrella



Zu haben war Javiera Menas zweites Album ja schon letztes Jahr, abgesehen von einem kleinen Plattenladen in Chile allerdings nur als schnöder Download. Gut getimt ist aber nicht nur ziemlich genau zum wärmsten Tag seit Längerem ein Video zur nächsten Single (immer noch keiner der besten beiden Albumsongs) online gegangen, seit Kurzem kann man Mena auch bei Herzio auf CD und LP bestellen. Seitdem sie angekommen ist (mit der spanischen Post muss man ein bisschen Geduld haben, weltweit die langsamste und teuerste, die mir untergekommen ist - dafür kostet die Ware selbst wenig) lege ich die Platte nun auch schon wieder fast täglich auf, denn wenn sie schon letztes Jahr zu spät dafür erschienen ist, so ist sie immer noch konkurrenzlos das diesjährige Sommeralbum Numero Uno.

[Video] Javiera Mena - Primera Estrella

Ich und die Beatles

Das nicht nur durch seine Field Recordings klar aus der Masse hervorstehende Musikblog Jahrgangsgeräusche hat schon seit ein paar Wochen eine lesenswerte Serie von Gastbeiträgen laufen, die alle von der gleichen Frage ausgehen: "Woher kennst du eigentlich die Beatles?". Nun darf ich mich auch in die Reihe derjenigen gesellen, die darauf Antwort gegeben haben, wobei das mit den Beatles und mir ja so eine Sache ist.

“Woher kennst du eigentlich die Beatles?” Als mir diese Frage dargelegt wurde, musste ich ein wenig lachen. Ausgerechnet die Beatles. Was hätte ich über andere Themen kenntnisreich oder passioniert referieren können, aber nein, ausgerechnet um diese Band geht es hier. Ja, ich muss es an dieser Stelle weder stolz noch beschämt eingestehen: Ich habe noch nie ein Album von den Beatles gehört.
Den Rest gibt es hier:

Woher kennst du eigentlich die Beatles?

Stream: Future Balearica Vol 2 - A New Wave Of Chill

Ein wenig hab ich das Gefühl, die Macher dieser Reihe wollen ein bisschen im Indiebecken trollen. Denn auch wenn das Interessante an der (Neu-)Balearic-Idee ja ist, dass Musik aus den überraschendsten Ecken sich in diesem Kontext passend einfinden kann, war die Einbindung von Animal Collective und The xx auf der letztjährigen Erstausgabe nicht so gelungen, dass sie um der Stücke willen rüberkam. Die zweite Future Balearica-Compilation beschränkt sich aber zum Glück auf den albernen Untertitel A New Wave Of Chill und hat mit Washed Out & Co. darüber hinaus wenig am Hut. Ist dafür ein Haufen meiner derzeitigen Favoriten in Sachen Zeitlupenbeats und Sanftmelodik (allein schon die Trifekta aus Yuki Suzuki, Terje und Essa), der mir in dieser durchgehenden Qualität glaube ich einen Kauf wert ist.

[Stream] Future Balearica Vol 2 - A New Wave Of Chill

Stream: Azari & III - Azari & III

Und wo wir geradebei zu langen Alben waren, scheint es mir bislang so, als ob auch das Debüt von Azari & III darunter fiele. Nur ist das für mich hier eher ein Problem, weil ich mir stilaffinitätsmäßig ein paar Punksongs zuviel doch etwas leichter antun kann als ein paar 6minütige House-Tracks zuviel, auch wenn das kanadische Quartett sich in seinen poppigen Stücken gewiss nicht auf einen einzelnen Sound beschränkt. Hab sogar den Verdacht, dass mir die von den bisherigen Singles am weitesten entferntesten Stücke um den Mittelteil rum am besten gefallen könnten, aber da werd ich erstmal noch eine Weile weiter hören.

[Stream] Azari & III - Azari & III