Livemitschnitte vom La Route Du Rock auf ARTE Live Web

Ich vermute mal ich bin nicht der einzige dem das feine Live Web-Angebot von ARTE bislang völlig entgangen war. Dort kann man sich seit Anfang des Jahres Berichte über und komplette Konzertmitschnitte von diversen europäischen Festivals in überragender Qualität ansehen und -hören, neben den erwartbaren ARTE-Repertoires aus Klassik, Jazz und Theater finden sich dort auch von Seiten wie La Blogotheque und Grandcrew produziertes Material und Auftritte von populärmusikalischen Veranstaltungen wie dem Pinkpop, dem spanischen Midi Festival und dem letztwöchigen La Route Du Rock. Von Letzterem ist schon ein Batzen ausgiebiger Mitschnitte online gegangen, u.a. gibt es Konzerte von Deerhunter, St. Vincent, Crystal Stilts, Bill Callahan, Tortoise und Camera Obscura zu entdecken.

ARTE Live Web: La Route Du Rock

Neues Von Nite Jewel



Sicherlich rein zufällig und nicht in einer PR-koordinierten Aktion sind in den vergangenen paar Stunden drei neue Songs von L.A.s Schlafzimmerdisco-Chanteuse Nite Jewel aufgetaucht, aber da ich ihr Debüt Good Evening von Anfang des Jahres ziemlich gut finde lass ich mich auch gern als Netzmultiplikator ausnutzen. Falling Far und Spiritual Nightlife, beide eher von der entschleunigt-nebligen Fraktion, stelllen A- und B-Seite einer kommenden 7'' dar während das ein wenig an die San-Fran-Strandspiele von Sorcerer erinnernde Want You Back das Titelstück einer neuen EP auf Italians Do It Better ist die zumindest in digitaler Form bereits erhältlich ist.

[MP3] Nite Jewel - Falling Far (auf The Fader)
[MP3] Nite Jewel - Spiritual Nite Life (auf RCRD LBL)
[Video] Nite Jewel - Want You Back

In vier Wochen kommt Nite Jewel, offenbar mit Gitarrenverstärkung live nun schon zu dritt unterwegs, auch für zwei Termine nach Deutschland:

17.09.2009 West Germany, Berlin
18.09.2009 King Georg, Köln

Konzert: c/o pop Tag 5 - Kreidler, Von Spar



Irgendwie hatte es diese c/o pop zeitorganisatorisch auf mich abgesehen: Immer wenn es mir egal wäre waren Anfang und Ende überpünktlich, wenn ich hingegen wie gestern weg musste um noch die letzte Bahn zu kriegen verzögerte sich schon der Einlass um eine Stunde. Dadurch entging mir leider die Gelegenheit mir am Ende auch noch was von Prins Thomas' Set zu geben, um die Nacht durchzumachen und den ersten Zug am nächsten Morgen zu nehmen fehlten mir nach 5 Tagen c/o pop dann doch die Energiereserven, aber das änderte nichts daran dass die sonntägliche 10jährige Italic-Jubiläumsparty den würdigen Abschluss eines sehr feinen Festivals bot.

Kreidler stellen bislang zugegeben eine meiner zahlreichen BIldungslücken dar, in der Zeit meiner musikalischen Geschmacksfindung war das auf Wah Wah die Art von "ernster" Musik bei der ich wegschaltete bis dann wieder Sonic Youth über die Parallelen ihrer Diskographie zur Star-Wars-Trilogie bullshitteten. Von daher weiß ich nicht wie viel des gestern gespielten Materials neu war, die Darbietung war aber hervorragend. Schön krautig groovten die Düsseldorfer (mit Alex Paulick von Coloma am Bass zum Quartett angewachsen) voran, spannten instrumentale Landschaften auf die mich vor allem an Trans Am ohne Vokoder-Albernheiten erinnerten, besonders in der Verstrickung elektronischer und handgeschlagener Beats tat sich da rhythmisch ein ganzer Nebenschauplatz auf. Sogar kleine Bongos kamen mal zum Einsatz, wenn der Fokus mehr auf die elektronischen Melodien gerichtet war entfachte sich dann gegen Ende ein zunehmend heftigeres Farbgewitter von den Leuchtsäulen an der Rückseite der Bühne.



Den besten (und ich glaube auch besser besuchten, wegen Heimvorteil vielleicht?) Auftritt gaben aber davor Von Spar. In Nebel getaucht war von der Bühne zunächst nicht viel erkennbar, die Aufmerksamkeit wurde so auf das Geschehen auf der Leinwand über ihr gelenkt. Dort wich das Tunnellogo des Quartetts einer langsam aufsteigenden, hoffnungserregend brennenden Sonne, die Musik machte in ihrer damit einhergehenden Wärme die goblineske Unholdigkeit, die besonders die zweite Hälfte ihres 2007er selbstbetitelten Albums zu einer etwas zähen Angelegenheit gemacht hatte, zunächst vergessen. Zugänglicher sind Von Spar nicht unbedingt geworden, aber bunter, variationsreicher mit tausend stilistischen Anknüpfungspunkten, bestens exempliert durch das heute erschienene HyBoLT das auch als Zweites gespielt wurde.

Die Gitarre wurde entweder für sonnige Mittelmeer-Melodieskelette oder als ratternde Textur genutzt, bestimmend für das größtenteils rein instrumentelle Klangbild waren vor allem analoge Synthesizer, digitale Sounds kamen von den mit analogen Drums in regem Wechsel stehenden elektronischen Beats. Anders als noch vor drei Jahren kam Gesang kaum ins Spiel, ein einziges Mal kam der auch an der Gitarre in der ersten Hälfte unterstützende Popnoname am Mikro zum Einsatz und erzeugte auch hier leise und sanft einen starken Kontrast zum sich überschlagenden Jauchzen Thomas Mahmouds der die Band vor der Entstehung ihres kommenden dritten Albums verließ.

In der zweiten Hälfte nahm der abenteuerliche, selten für applausgefüllte Pausen unterbrochene Klangtrip dann an Intensität zu, das Schlagzeug drängte die Beine mehr zur Bewegung und die Melodien wurden schizophrener. Dazu ging der Sichtfokus von der bildlosen Leinwand auf die mittlerweile beleuchtete Bühne vor der sich das Publikum in der ersten Reihe rührend um den stets an den Rand des Abgrunds (und einmal sogar unbeschadet darüber hinaus) wackelnden Laptop kümmerte. Insgesamt verging vielleicht eine Dreivertelstunde, das reichte aber schon um den Auftritt zu einem weiteren Highlight des bislang besten c/o-pop-Festivals zu machen das hoffentlich auch im nächsten Jahr die Priorität auf Qualität statt flüchtige Major-Hypes und solch vielfältige Veranstaltungen wie die der vergangenen Woche setzen wird.

Konzert: c/o pop Tag 3 & 4 - Norwegian Night, Black Lips, GAS

Viel an Livemusik gibt es vom Freitag nicht zu rekapitulieren, den Großversammlungen blieb ich fern und machte nicht mal vom Festivalticket Gebrauch, der Eintritt zum Tanzabend Studio 672 war nämlich umsonst. Zu sehen gab es im Rahmen drei norwegische Elektronikexporte, alle etwas heftiger drauf als die übliche Bartträgerriege. Besonders hervorzuheben wäre hier der einzige Auftritt mit Gesang, Taigatrost und ihr Begleiter trugen beide zu Beginn überdimensionierte Fellmützen und erinnerte mich mit ihrer verstärkt verzerrten Stimme ein wenig an Regina oder The Knife, möglicherweise lag das aber auch einfach an der nordischen Inflektion. Die Instrumentalmelodien gingen leider ein wenig zugunsten von Bass und Gesang unter, schade deswegen dass ich im Nachhinein nichts Hörbares von ihr im Netz finden kann.

Der Samstag bot dann einen Abend der Steigerungen. Dank verpasster Bahn kam ich ne halbe Stunde zu spät am Offenbachplatz an wo offenbar schon anderthalb Auftritte vergangen waren, ich kriegte nämlich gerade noch ein Stück von den Nordengländern The Chapman Family mit. Die machten grundsätzlich wenig anders als 90% englischer Gitarrenbands der letzten paar Jahre, waren aber durchaus kompetent, auch auf der melodischen Seite und hoben sich noch am ehesten mit einem vollen, trockenen Knarzen im Sound ab. Besonders beim Finale wirkte ihr Rock 'n Roll dann aber absurd routiniert, wie bei vermutlich jedem anderen Auftritt auch simulierte der Sänger mit seinem Mikrofonkabel eine Erhängung, der Bassist schwang sein Instrument zielsicher um seine Schulter ohne seine imposante Haartolle zu runieren und malträtierte ebenso wie der Gitarrist sein Instrument mit einer Bierflasche. Nette Show, aber wie gesagt fürchte ich ist der Zauber spätestens dann vorbei wenn man genau das gleiche Finale ein zweites Mal erlebt.



Dann wurde erst mal umgebaut und ich konnte meinen ersten Eindruck bestätigen, auf der anderen Seite des Platzes waren immer noch (Floh-)marktstände aufgebaut, was eine das Bühnengeschehen amüsant kontrastierende Familienatmosphäre erzeugte, auch weil dort mal ein paar Kinder rumliefen. Umso merkwürdiger dass ausgerechnet die für diverse Exzesse berüchtigten Black Lips als Nächstes auftreten sollten. Die waren aber erst mal vor der Bühne anzutreffen, unterhielten sich gemütlich mit ihren Fans und waren wie sich herausstelle auch später nicht in Stimmung zum Hosen runterlassen, vielleicht lag's am sonnigen Wetter?

Obwohl ich mich, was Garage-Rock angeht, doch mehr für die Bands mit Punk-Pop-Appeal als für Psych, Blues, Country und was die Lips noch so in ihr Potpourri reinstecken interessiere war ich mit ihnen vage vertraut, war aber schon etwas überrascht wie gemütlich sie begannen. Ein wenig cartoonig muteten sie an, mit einem silberzahnigen und einem Hut und Schnurbart tragenden Gitarristen, von Anfang an stach aber vor allem ihr langhaariger Drummer hervor der ununterbrochen voller Energie seine Arme schwenkte. Nicht die sauberste Technik, dafür umso spaßiger, was glaube ich auch das generelle Motto der Lips ist. Mit der Zeit zeigten si dann immer mehr ihrer Qualitäten, besonders als allmählich die Dunkelheit einbrach fanden dann Nebel und Scheinwerfer zur vollen Wirkung und untermalten die immer wieder eingeworfenen Tapeaufnahmen mit Trashfilm-Qualität und den geisterhaften Verzerreffekt des einen Mikros.

Insgesamt standen derer sogar gleich fünf parat, die Hauptarbeit übernahmen zwar Bassist und Drummer, aber irgendwie sangen sie trotzdem meist zu mehreren gleichzeitig. Eben erwähntes Spezialmikro nutzte vor allem der linke Gitarrist um Quietsch-, Heul- und andere cartoonige Stimmen durch den Verzerrer zu jagen. Da mich die Musik immer mehr mitriss wurde ich langsam auch wieder etwas wacher und merkte wie oft die Lips eigentlich gar nicht so simple Songs haben wie es scheint, zwar sind die Zutaten alle bestens bekannt, werden aber immer wieder kombiniert oder komplett inmitten des Songs gewechselt, so blieb das Konzert nicht nur abwechslungsreich sondern wurde, da die Lips wie mir schien ihre besten und flotteren Songs erst später spielten, immer besser. Der Höhepunkt war dann die Einladung der tanzenden Fans auf die Bühne, ein glückliches Gesicht neben dem anderen, und als das Konzert pünktlich aber unter lange anhaltendem Beifall zu Ende ging war ich so aufgeputscht dass ich keine Angst mehr hatte mich jetzt in einen weichen, einlullenden Kinosessel zu setzen.



Im Cinedom fand nämlich die wahrscheinlich außergewöhnlichste Veranstaltung der c/o pop stand, Kompakt-Gründer Wolfgang Voigt präsentierte dort sein techno-ambientes Projekt GAS in Verbindung mit bewegten Bildern der Videokünstlerin Petra Hollenbach. Nach einer gefeierten Aufführung in den USA war die GAS-Auftritt in London in kürzester Zeit ausverkauft, in Voigts Heimat sah es da kurioserweise völlig anders aus. So war es nicht nur kein Problem noch einen Platz mit meinem Festivalticket zu ergattern, als ich 20 Minuten vor Einlass vor dem Kinosaal ankam standen dort gerade mal genau so viele Leute. Auch als die Vorstellung begann waren noch ein paar Plätze frei, allerdings war ich wahrscheinlich der einzige der einen oberen, mittigen Platz mit Freiraum zu beiden Seiten ergattert hatte.

Was dann folgte gefiel nicht jedem (ca. ein Dutzend Leute verließ den Saal während der Vorführung) , aber ich fand es war eine großartige, stellenweise atemberaubende Aufführung. Die Basis für die Bilder waren teils künstlich, teils natürlich wirkende Pflanzen oder zumindest pflanzenartige Konstrukte wie sie auch auf dem Artwork von Nah Und Fern zu sehen sind, oft in mehrere Richtungen gleichzeitig rotierten, wanderten und mutierten die Aufnahmen und wirkten besonders zu Anfang so wie ein Einblick in die vierte Dimension (von der man eben nur einen Teil mitkriegt, wie die dritte Dimension für ein zweidimensionales Wesen aus lauter Linien und Scheiben besteht). Dem Betrachter boten sich mehrere Sichtweisen, man konnte versuchen sich auf Details zu konzentrieren, wie einzelne Stränge wanderten, wuchsen oder verschwanden, man konnte auch versuchen in dem Gesamtgeschehen ein größeres Muster auszumachen, gleichzeitig bot Voigts vielschichtige, selbst von Verschiebungen durchzogene Musik genau die gleichen Optionen.

Der Großteil der schätzungsweise 90minütigen Videovorführung hatte ein gemäßigtes Tempo, plötzliche Wechsel und Aufsehen erregende Effekte waren besonders in der ersten Hälfte spärlich gesät und damit nur umso effektiver wenn die die Intensität der Show mit der Zeit erhöhten, wie als das gesamte, von Hunderten symmetrisch angeordneten einzelnen Objekten bevölkerte Bild zu kippen begann und einen schwindelerregenden Sog entfachte, ich erinnere mich auch gut an eine geschichtete Szenerie die Stück für Stück in kleinere Quadranten unterteilt wurde, so subtil dass man den Übergang im Ganzen nicht sehen konnte bis man nach ein paar Sekunden eine Veränderung im Detail registrierte.

Die Bilder spiegelten nicht Rhythmus (wenn überhaupt einer da war) oder Bewegung der flächenreichen Musik 1:1 wieder, waren aber gut zum Charakter der Stücke gewählt. Gegen Ende gab es beispielsweise wiegende Äste zu brüchigen Klangwellen, der Höhepunkt war aber auch in dieser Hinsicht ganz klar das grandiose Finale. In dunkel, psychotisch dissonant hämmernder Klangszenerie flog die Kamera schnell durch einen blutroten Wald, immer wieder blitzte es, als würde man waagerecht in einen Abgrund fallen an dessen Boden aus dem Dunkel ein einzelnes Wort erscheint. Während sich all dies abspielte stand Voigt regungslos unten links vor der Leinwand, wurde selbst vom Projektor bestrahlt und erst am Ende, als es unter Applaus wieder hell wurde, konnte man selbst von weit oben sehen dass er nicht immer so ernst guckt wie es auf seinen Fotos scheint.

Stream: Sally Shapiro - My Guilty Pleasure

Eine überaus angenehme Überraschung war mir seiner süßen Melancholie zu italo-schwedischen Discoklängen vor zwei Jahren das Debüt von Sally Shapiro, heute in einer Woche kommt nun das Nachfolgealbum des Duos. Obwohl die beiden Vorabsingles davon sehr nett waren hat mich davon noch keine so erwischt wie damals He Keeps Me Alive oder auch nur Jackie Jackie, aber bevor My Guilty Pleasure erscheint gibt es dafür jetzt die Gelegenheit komplett reinzuhören.

[Stream] Sally Shapiro - My Guilty Pleasure

Konzert: c/o pop Tag 2 - Patrick Wolf, These New Puritans


Ah, die Kölner Oper, Hort der Hochkultur. Dank der c/o pop weiß ich nun endlich auch wo die sich befindet, am ersten Tag war ich nämlich dort um mein Ticket einzulösen (und mein Band, nachdem mir das beim letzten Mal noch gelungen war, falsch anzuziehen! Die Dinger brauchen echt eine Anleitung) und nochmals gestern für ein denkwürdiges Konzert das, wie man wahrscheinlich mittlerweile auf allen üblichen Klatschseiten lesen kann, ein unschönes Ende nahm welches allerdings nicht unerwartet kam. Der Auftritt von Steve Strange, der für die leider abwesenden Micachu & The Shapes einsprang, war ebenfalls so wie befürchtet. Dem ehemaligen Visage-Frontmann merkte man die Folgen einer langen Heroinabhängigkeit deutlich an, körperlich wie geistig, ohne Backingtrack wäre Einiges an Vocals verloren gegangen oder schwer daneben gelandet. Was alles kein Problem gewesen wäre, nur waren die neuen Songs die er präsentierte ziemlich generischer Synthpop, so wie man sich das 80s-Revival eben nicht gewünscht hätte. Da verging einem sogar die Lust an Agamotto-Referenzen.

Dann war es aber, mit mittlerweile schon ordentlicher Verspätung, endlich soweit und Patrick Wolf betrat unter Applaus eines besonders vorne überwiegend jungen, weiblichen Publikums die Bühne im vom Regen verschonten Innenhof am Offenbachplatz. Vor gut zwei Jahren hatte er schon sein Coming Out als waschechter Popstar gehabt, seitdem hat er sich nur noch eindrucksvoller in seine Rolle als flamboyanter, extravaganter und androgyner Anime-Charakter gefunden. Zum Beginn mit Vulture renkte er sich quer über die Bühne, in ein buckeliges Kostüm gekleidet dessen er sich (Musik-)Stück für Stück entledigte, immer wieder kletterte er auf die Lautsprechertürme zu beiden Seiten der Bühne, räkelte sich, schwang lasziv und mit eindeutigen Gesten die Hüften und setzte sein fabelhaft geschminktes Gesicht so vor windgetriebenen Nebel und Scheinwerferlicht in Szene als würden aus jeder Blickrichtung Kameras für ein Konzertaufzeichnung sein Treiben verfolgen.

Musikalisch war er auch mannigfaltig in Aktion, an Violine, E-Gitarre, Ukulele, sitzend und stehend am Keyboard oder nur am Mikro, so fließend gewechselt wie seine gesanglichen Akzente vom körperlosen Falsett über croonige Tiefen bis zum Metallergegrolle. Zwar war auch die Tomlab-Ära seiner ersten beiden Alben mit The Libertine und Tristan repräsentiert und wurde rauschend aufgenommen, auch bedankte Wolf sich nochmal bei den Machern des Kölner Labels. Das meiste Material stammte aber vom neuen The Bachelor, einem Album das Wolfs Kompromisslosigkeit zeigt. Ob irische Folkballade (Blackdown), digital Hardrock (Battle, zu dem er nach missglücktem Versuch, sich von den vorderen Reihen tragen zu lassen, per pedes in die Menge watete um, in einen grautönigen Britannia-Dress gekleidet, mit ihr "Battle the homephobe! Battle the conservative!" zu skandieren (und ich glaube auch mit einem Kerl zu knutschen)) oder Breitwandpathos (Who Will), alles zieht er darauf er mit gleicher passionierter Konsequenz durch.

Nur am Ende des Konzertes sah man dann die andere Seite von Passion und Kompromisslosigkeit herkommen, nachdem er bereits mehrmals angedeutet hatte die drohende Beschneidung seiner Spielzeit auf vier Minuten zu ignorieren schmiss er zornentbrannt mit Bühneninventar nach der unglücklichen Seele die die 10Uhr-Sperrstunde des Kölner Ordnungsamts befolgt und zu Beginn des letzten Stückes den Saft abgedreht hatte. Ich sah mir das Treiben allerdings da schon nicht mehr weiter an, musste beim Verlassen des Geländes Richtung Dom allerdings bemerken dass direkt vor dem Opernhaus ein anderer Stand aufgebaut war aus dem munter Techno bollerte der auch noch aus weiter Entfernung zu hören war, das vorherige Geschehen wurde so noch mehr ad absurdum geführt.


Obwohl ich keine Hoffnung hatte allzuviel davon mitzukriegen eilte ich also weiter zur Rheinbrücke, im darutner gelegenen Bogen 2 sollten nämlich These New Puritans schon eine Weile zugegen sein. Den Anfang hatte ich auf jeden Fall verpasst, von außen betrachtet mutete das dortige Geschehen schon wie eine Mischung aus einem schamanischen Ritual und Poltergeist an, lichtüberflutete Nebelschwaden quollen aus dem Fenster hinter dem man Arme gen Trommeln schmettern sah. Dann also hinein in in die dampfende Flammenhölle und oh Wunder, erst geschätzte 20 Minuten sollten die vier Engländer auf der Bühne verbracht haben. Das sollte aber auch schon locker die Hälfte ihrer Gesamtspielzeit gewesen sein, das reichte aber allemal um schwer EIndruck zu hinterlassen.

Ihr letztjähriges Debüt ging ziemlich unverdient neben dem von Foals unter, auch wenn ich so meine Probleme mit der klinischen Kühle von Beat Pyramid hatte, live versprühte ihre nervöse, futuristische Mischung aus Elektronik, Postpunk und Post-Boredoms-Geklöppel pures Feuer und brachte das Publikum dazu eine tropische Luftfeuchtigkeit zu erzeugen. Wieviel (oder ob überhaupt etwas) von dem gespielten Material neu war vermag ich nicht zu sagen, hab ja eh die Mehrheit verpasst, aber auf ihr kommendes Album bin ich jetzt fast so gespannt wie darauf sie nächstes Mal komplett live zu sehen. Wäre eigentlich das perfekte Doppel mit HEALTH.