Konzert: c/o Pop Tag 1 - Tiny Vipers
Von Uli am 13. August 2009, 10:24

Die Popkomm ist tot, es lebe die c/o pop? Zumindest für dieses Jahr war dies im Vorfeld die Parole um die ganze Aufmerksamkeit der Musikkonferenzlandschaft an den Rhein zu lenken, als Ersteindruck kriegten die Besucher allerdings erst mal pünktlich zur Eröffnung einen Regen der hoffentlich den klimatischen Tiefpunkt der Woche darstellen wird. Ein minderer Autor als ich würde jetzt die Wetterlage als billige Allegorie heranziehen, zum Beispiel um irgendwas über die Verfassung der Industrie, die in den nachmittäglichen Veranstaltungen diskutiert wird, zu konstatieren, aber man könnte auch einfach sagen dass das Wetter eben manchmal scheiße ist. Genau wie das Kölner Konzertpublikum.
Eine prägende, frühe Erfahrung war für mich in dieser Hinsicht der Vorprogramm-Auftritt einer Folksängerin die dermaßen von den versammelten Massen niedergequasselt wurde dass sie, auch nachdem sie noch explizit um etwas Ruhe gebeten hatte, für den Rest der Anwesenden kaum hörbar blieb und den Auftritt mit Tränen in den Augen beendete. Und obwohl es danach nie wieder so schlimm wurde gibt es immer wieder Abende an denen selbst beim Hauptauftritt ein Großteil der Anwesenden die Musik lediglich als Ambiente für angeregte Unterhaltungen über Wetter, Cousine Britts Geburtstag und diesen tollen neuen Schuhladen in Ehrenfeld betrachtet. Gewiss alles dringendwichtige Themen, wäre nur schön wenn die irgendwo zur Sprache gebracht werden könnten wo sie diejenigen, die für ein Konzert gekommen sind, nicht stören.
Und hier kommt nun der Grund warum ich das King Georg mag. Im Club am Ebertplatz besteht eine recht ungewöhnliche Anordnung der Anwesenden, hier ist das Publikum in einem Dreiviertelkreis um den Künstler herum versammelt und selbst wenn nicht wie gestern vorher explizit darum gebeten wird bleibt es während der Konzerte angenehm still, schließlich kann man hier nicht anonym in der Menge untertauchen, dank der Beleuchtung kann jeder jedem ins Gesicht sehen und zur Not missbilligend auf die Schulter tippen. Doch wie gesagt gibt es dazu keinen Anlass beim ersten Konzert der c/o pop, als Jesy Fortino alias Tiny Vipers die zentimeterhohe Bühne betritt sind die Sitzränge sowie der gesamte Boden dazwischen voll mit sitzend lauschenden Schweigern.
Obwohl sich zwei Pedale zwischen Lautsprecher und ihrem Sechssaiter befinden wird dessen natürlicher Klang kaum verzerrt, am auffälligsten noch zum Akzentuieren einzelner Basstöne. Ansonsten hat ihre Musik live ohne zusätzliche Stimmen oder sanfte Drones leider weniger von der nebligen Aura die sie auf Platte umgibt, man fühlt dieses atmosphärische Mehr eher als dass man es wirklich hört, dafür wird sie umso mehr von Fortinos Stimme bestimmt. Die muss den Hörer an der Hand nehmen, denn besonders im gut zehnminütigen Titelstück des neuen Albums Life On Earth werden ihre wenig in traditionell repetitive Strukturen gepferchten Stücke zu einer Reise durch Fortinos Gedankenwelt die auf Dauer eintönig zu werden droht.
Aber da verkündet sie schon "This is my last song", genau so knapp und scheu wie den Rest des Abends den sie nahezu ausschließlich mit gesenkten Augenlidern verbringt. Eine Zugabe gibt es allerdings noch, nahezu im Handumdrehen, denn ein eleganter Ab- und wieder Aufgang scheint bei diesem Hindernislauf über den besetzten Boden schwer durchführbar. Danach ist sie allerdings trotzdem ganz schnell weg, so still wie der Rest dieses gemütlichen ersten c/o pop-Abends verlief. Morgen wird's aber sicher lauter, vielleicht sonniger, und ich verspreche auch frei von seitenlanger Publikumsdiffamierung.