Nite Jewel - Good Evening


Das ist was für die Abendstunden. Der Beat schlurft so verzogen dass man sich manchmal schon vergewissern muss ob er überhaupt noch da ist, der Gesang hallt so spärlich-schläfrig aus der Ferne dass man jederzeit erwartet er könne plötzlich gänzlich den Raum verlassen. Auf Good Evening, dem ersten Album von Nite Jewel, ist der Titel Programm. Der Künstlername jedoch mag irreführen: Obwohl sie ihre erste Single auf Italians Do It Better veröffentlichte steht Ramona Gonzalez ganz alleine hinter dieser Musik, anders als bei den ebenfalls von Frauenstimmen getragenen anderen IDIB-Acts Glass Candy, Chromatics und Farah hatte Johnny Jewel hier mal nicht seine Finger im Spiel.

Trotzdem passte What Did He Say bestens in die perfekt imperfekte Spiegelkugel-Ästhetik des Labels, eine mit Vintage-Equipment zusammengestellte verrauschte 8-Track-Aufnahme die so herrlich melancholisch funkelte dass man sie nicht vom besten Studio der Welt aufpoliert gewünscht hätte. Ähnlich spärlich geht es auf den übrigen Stücken von Nite Jewels Debütalbum zu, selten richtig langsam und selten richtig schnell taumelt Gonzalez' Stimme stets halbwach über eine süße Melodie nach der anderen, erweckt die minimalen Synthpop-Träume einer Dancepop-Diva nach Feierabend zum Leben.

Im Verlauf des Albums präsentiert Nite Jewel innerhalb ihres schon ziemlich runden Soundprofils eine angenehme Vielfalt: Universal Mind klingt wie ein verlorenes Kleinod eines leicht kitschigen 80er-Teenromanzen-Soundtracks, Chimera wie ein frustriert auf der Stelle tretender Tänzer im Silberlicht. In Artificial Intelligence duellieren sich, das technologieskeptische Thema reflektierend, lebendig vorangeklatschte Synthwolken mit robotisch-monotonen Blubberblasen, auf dem finalen, herrlich schimmernden Roxy-Music-Cover Lover schließlich ähnelt Gonzalez' Stimme mit einer bis dahin seltenen Fülle und Tiefe gar einer jungen Madonna.

Komplex wirken ihre Stücke nie, dafür sind alle mühelos abzählbaren Elemente bestens aufeinander abgestimmt und strahlen über allen Lo-Fi-Sound hinaus vor allem Eleganz aus. Eine richtig schöne kleine Sensation, besser kann man den warm andämmernden Abend derzeit nicht begrüßen.

[MP3] Nite Jewel - Weak For Me
[Video] Nite Jewel - Artificial Intelligence

Super Furry Animals Spielen Neues Album Montag Abend Live Im Netz

In wenigen Stunden geht die letzte Folge ihres Video-Studiotagebuchs online, aber damit sind die Super Furry Animals noch nicht am Ende ihrer Ideen angekommen. Morgen Abend um 9 werden sie auf ihrer Webseite ein Konzert übertragen bei dem sie ihr komplettes neues Album aufführen, zur gleichen Zeit soll Dark Days/Light Years dann auch schon digital erhältlich sein bevor es in physischen Formaten am 10.04. erscheint. Nachdem ich die letzten Alben eher mäßig gut fand hoffe ich mal dass diese Vitalität nicht bei der Promotion aufhört sondern sich auch in der Musik fortsetzt, ein neues Stück gibt es nach ca. 9 Minuten in der letzten Folge ihrer Videoreihe live und ein anderes als fertige Studioproduktion jetzt schon zu hören:

[MP3] Super Furry Animals - Inaugural Trams

No Age Live

Und hier direkt der Beweis dass es sich lohnt ein Auge auf die Australier von Moshcam zu werfen. Ende Januar haben die dort einen Auftritt von No Age gefilmt und mittlerweile online gestellt, da das Duo letztes Jahr seinen Weg leider nicht an keinen Ort in meiner Nähe gefunden hat hatte ich sie bislang immer noch nicht mit dem neuen Material von Nouns live gesehen und hab so mal endlich die Gelegenheit dazu.

No Age live in Sydney 29.01.2009

Nuflicks

Jetzt wollte ich schon das "Kaum zu glauben dass ich von einer Seite die es schon so lange gibt noch nie etwas bemerkt habe"-Klischee ausgraben, aber wie imir eben auffiel bin ich vor 2 Jahren tatsächlich schon mal auf ein Video von den Machern gestoßen, jedoch nicht auf die Existenz ihrer Seite Nuflicks. Seitdem hat sich dort einiges an Material angesammelt, in Videoform finden sich Interviews und mit mehreren Kameras gefilmte Livemitschnitte von Animal Collective, Battles, The Long Blondes, The Thermals, Parenthetical Girls, Sonic Youth, Liars, !!!, Melt Banana und vielen mehr. Ich glaube in dem Archiv werde ich noch ne ganze Weile rumstöbern.

Video: Bat For Lashes - Daniel


Eine Weile ist das Video zur neuen Single von Bat For Lashes ja eine ganz nette Goth-Version von Feists 1 2 3 4, richtig überraschend wird's aber wenn man am Ende erfährt wer Daniel ist. Gut dass ich bislang das Cover noch nicht gesehen hatte, darauf wird's nämlich bereits verraten. Für eine Single finde ich den Refrain allerdings immer noch etwas zu ordinär geraten, mal schauen was der Rest von Two Suns in drei Wochen noch bringen wird.

[Video] Bat For Lashes - Daniel

Stream: Superchunk - Leaves In The Gutter

Ich mach's kurz: Die wunderbaren Superchunk sind zurück, mit einer fünf Stücke umfassenden EP die so unverwüstlich gut gelaunt ist als wären sie in den vergangenen Jahren nicht in nahezu völlige Funkstille abgetaucht. Indie-Rock als Jungbrunnen hat ja schon bei Dinosaur Jr. funktioniert, die in den USA Anfang April erscheinende Leaves In The Gutter kann jedenfalls auf der Seite von Merge angehört werden.

[Stream] Superchunk - Leaves In The Gutter

Konzert: School Of Seven Bells


Wie durch ein Wunder (oder eine verpasste Vorband) haben School Of Seven Bells noch nicht die Bühne des Studio 672 betreten als ich mit einer knappen Stunde Verspätung in dem gut gefüllten und dementsprechend warmen Stadtgarten-Clubkeller ankomme. Netterweise ist das Bier dort gut gekühlt und erschwinglich, so sind Dreckswetter und Verkehrsprobleme schnell vergessen und ich erwische noch einen Platz mit guter Aussicht auf dem ich nicht lange warte auf den Konzertbeginn warten muss. Claudia und Alejandra Deheza positionieren sich mit Gitarre und Keyboard zu beiden Seiten von Benjamin Curtis mit seinem Sechssaiter und wohlstaffiertem Effektpedalbrett, ein leises "Hi we're School Of Seven Bells" und schon geht's ab ins Traumland.

Ich hätte ehrlich nicht gedacht dass mich ein Konzert diese Band noch mehr mögen machen würde, aber an diesem Abend verkehren sich die Verhältnisse derart dass die drei es echt noch fertig bringen. Anfangs ist noch alles wie erhofft, die eingängigeren Albumhighlights wie Iamundernodisguise und Face To Face On High Places werden fast alle schon in der ersten Hälfte positioniert und sowohl der faszinierende, luftige Gesangstanz der Dehezas wie auch Curtis' (mit obergeilen Spacerock-Schuhen am Start) Gitarrenspiel behalten auch in der nicht bis ins Detail ausbaldowerten Soundbalance der Liveaufführung ihre Reize.

Doch vor allem die Songs, die mir auf Alpinisms noch nicht perfekt erschienen, erwachen erst hier zu richtigem Leben, White Elephant Coat oder Wired For Light profitieren enorm von der physischen Wucht ihrer Elektrobeats und dem wacheren Gesang. Vielleicht sogar das größte Highlight ist das absolut bombige Sempiternal/Amaranth, das zum Abschluss endlich den langen Spannungsbogen und die weite Dynamik von Curtis' immer heftiger anschwellenden Gitarrenwällen erreicht die mir auf dem Album gefehlt hatten. Bei den späteren Stücken überragen ansonsten herrlich die dichten Half Asleep und My Cabal, sehr schön auch das instrumentell stark reduzierte und fast völlig auf den Gesang fokussierte halb englisch, halb spanische Caldo

Die größte Bühnenshow der Welt wird hier freilich nicht geboten, besonders die auf Präzision angewiesenen Gesangsarrangments verlangen dass die Schwestern die meiste Zeit mit aufrechtem Kopf hinter ihren Mikros bleiben. Dafür ist die Musik eben umso bezaubernder gut, spätestens nach 20 Minuten gebe ich den Versuch eines klaren Gedankens auf und versinke mit immer verklärterem Blick völlig in diesen Gipfelstürmereien die mit der Zeit immer wieder lauter (und damit automatisch besser) zu werden scheinen, ich kann nicht mit Sicherheit sagen dass es an der Nebelmaschine liegt als mir irgendwann sogar die zwischendurch immer öfter geschlossenen Augen zu tränen beginnen.

Noch lange nachdem die drei die Bühne verlassen haben hallt der Applaus nach, und als ich mich auf dem ganzen Nachhauseweg immer noch nicht fühle als hätte ich wieder mit beiden Füßen den Erdboden erreicht finde ich es völlig in Ordnung dass sie nicht nochmal zurück gekommen sind. Schöne Träume geben ja auch keine Zugaben.