Phwoah

Du meine Güte, die Bilder von Monos Aufnahmen in Steve Albinis Zweitwohnung (aka Studio) sind regelrechte Analog-Pornographie. Kabel (u.a. an einem anscheinend extra dafür aufgehängten Wandkleiderhaken) und Mikros überall im Raum, Gerätschaften die bestimmt älter sind als ich und nun auch noch mehr als ein Dutzend Streicher, nur irgendwo am Rand ein vereinzelter Mac. Kaum zu glauben dass das die gleiche Band ist die live einem Wirbelsturm ähnlich alles und jeden tosend hinwegfegt.

Video: Deerhunter - Microcastle


Bei aller Eingängigkeit schreit Deerhunters absolut fantastisches Album Microcastle mit seiner Benebeltheit beim heimischen Musikplayer geradezu nach der "Psychedelic"-Visualisierung. Genau so synchron zur Musik, aber weitaus schöner anzusehen, ist das Video das Ex-Mitglied Adam Bruneau zum Titelstück angefertigt hat, über die dahingleitenden ersten zwei Drittel ertrinken seine Naturaufnahmen immer wieder in Helligkeit bis das Schlagzeug das verzerrt-hallende Finale einleitet.

[Video] Deerhunter - Microcastle

Memory Cassette


Mehr Traumwandeleien für extralange Winternächte liefert das Duo Memory Cassette dessen zweite EP The Hiss We Missed mir gerade richtig gut gefällt. Das syntherhellte Asleep At A Party wirkt irgendwo zwischen den spärlicheren Glass Candy-Produktionen und Music Go Musics epischem Schweden-Epigonentun angesiedelt, Ghost In The Boombox könnte glatt als Tweepop im Slowdisco-Gewand durchgehen und ist gar ein Quäntchen shoegazig. Die EP kann man zusammen mit der vorherigen umsonst runterladen auf der Seite von Weird Tapes der sich für den Instrumentalteil bei Memory Cassette verantwortlich zeigt, eine erste physische Veröffentlichung dürfte es dann im neuen Jahr geben - wohlgemerkt auf Vinyl.

Memory Cassettes Myspace

TV On The Radios Köln-Konzert fällt aus

Eilmeldung, tüt tüt: TV On The Radios Konzert heute abend in der Kulturkirche ist wegen einer Krankheit von Tunde Adebimpe abgesagt worden, Nachholtermin angeblich am 21.03. des nächsten Jahres. Auf jeden Fall doppelt schade, hätt ich das früher gewusst hätte ich vielleicht auch mal versucht das mit dem No Music Day durchzuziehen. Wenigstens wird das die Frage nach dem Konzert des Jahres in ein paar Wochen etwas einfacher machen. [via]

Video: Jay Reatard - See/Saw


"You don't like what you see? You must not care for me." Die Textzeile aus See/Saw erfasst die künstlerische Fuck-You-Attitüde von Jay Reatard ganz gut, wer nicht damit klar kommt dass seine Songs immer poppiger werden hat halt Pech gehabt. Andererseits hatte er bei seinem ersten "offiziellen" Video anscheinend auch keine Lust auf inhaltliche Kompromisse, obwohl der Clip auf einer gesponserten Seite premiert wurde hat er einen Hochglanzfaktor von Null. Stattdessen strollen Jay und Band albern im Park rum als wollten sie die slackerige Uncoolness alter Pavement- oder Superchunk-Videos nachahmen, fehlen eigentlich nur noch die Nikolauskostüme.

[Video] Jay Reatard - See/Saw

Und im März wird dann nach fast zwei Jahren auch mal wieder hierzulande getourt. Es sei aber darauf hingewiesen dass sich trotz des Szeneriewechsels vom Sonic Ballroom ins Gebäude 9 live noch am wenigsten geändert hat: Die Konzerte sind immer noch so rasant wie kurz, 30 Minuten Länge wären schon ein mittleres Wunder.

18.03.2008 Gebäude 9, Köln
19.03.2008 59:1, München
20.03.2008 Beatpol, Dresden
21.03.2008 Festsaal Kreuzberg, Berlin
23.03.2008 Molotow, Hamburg

D. Lissvik



Dan Lissvik, obig tanzend zu sehen, macht stattliche 50% des schwedischen Duos Studio aus. Da überrascht es nicht dass sein heute unter dem mysteriösen Pseudonym D. Lissvik veröffentlichtes Soloalbum sich nicht enorm anders anhört als die Stücke des großartigen letztjährigen West Coast oder die nicht minder hörenswerten seitdem erschienenen Remixe. Etwas reduzierter, etwas entspannter aber unverkennbar von der Sonnenseite Göteborgs. Seine 7 Trx + Intermission kann man auf der Homepage von Studios Label alle probehören und bei Gefallen direkt als Mp3s oder in den grifflicheren CD- und LP-Versionen im markanten Information-Design ordern.

[Stream] D. Lissvik - 7 Trx + Intermission

D. Lissviks Myspace

Eine Mix-CD ist kein CD-Sampler

Via Nico kam ich auf den Eintrag ein CD-Sampler ist kein Mixtape in dem mal wieder die Idee aufgewärmt wird dass Mix-CDs doch völlig seelenlos und im Gegensatz zu Mixtapes in Sekundenschnelle mühelos zusammengestellt seien. Das ist natürlich eine völlig egozentrische und subjektive Darstellung.

Mein letztes Mixtape (vor vieeelen Jahren) war z.B. ein Urlaubssampler den ich für mich selber gemacht habe und eine Arbeitsinvestition von insgesamt ner Minute. Kassette rein, 5 CDs in die Kompaktanlage eingelegt, auf Aufnahme gedrückt und das Prozedere nach ca. 20 Minuten noch 2-3mal wiederholt, fertig war das Mixtape. Nur weil der Mix auf einem bestimmten Medium ist kann man doch keine Rückschlüsse auf die physische und emotionale Investition des Machers ziehen! Zumindest wenn ich eine Mix-CD mache dauert das seine Zeit und Kunst, das läuft nämlich in etwa so ab:

1. Motto, Konzept o.Ä.
Es beginnt meistens mit einer Grundidee wie "Ich frage mich was passiert wenn man einen Mix aus abwechselnd Metal- und Folksongs macht" oder "Erste Hälfte sonnige Songs, zweite Hälfte Nachtmusik" oder auch ein gemeinsames Thema oder nur gewisses Feeling das man bei völlig unterschiedlichen Stücken ausmacht und dieses mit anderen auszuloten versucht. Dann beginnt der Brainstorming-Teil, das Sammeln von 15-25 Kandidaten meist noch ohne Reihenfolge, und da ich keine zentral digitalisierte Sammlung habe bedeutet das die müssen eben erst mal alle von CDs kopiert werden. (Zeitaufwand: mindestens anderthalb Stunden)

*** Die goldenen Auswahlregeln ***
- Keine zwei Tracks vom gleichen Interpreten in einem Mix
- Ein Künstler darf allerdings zusätzlich einmal als Remixer vertreten sein
- Kein Track der schon mal in einem Mix war

2. Assemblierung
Dann wird erst mal gehört, kreuz und quer, komplett oder nur kurz, um das Gefühl für eine erste grobe Struktur zu bekommen. Dabei erkennt man schon welche Stücke einfach überhaupt nicht reinpassen, welche man ungefähr zusammen gruppieren müsste um sinnvoll von Stimmung X zu Stimmung Y zu kommen, was es für aufregende/subtile/lustige Parallelen zwischen Stücken gibt oder mit viel Glück auch schon mal tolle Übergänge von einem Track zum nächsten (mein Favorit dieses Jahr: School Of Seven Bells' Connjur zu Hold On To Me, Baby von Air France. Göttlich, insbesondere im Kontext des Mixes) die für den Rest des Prozesses zusammen bleiben, das passiert aber selten so schnell. Hierbei gibt's natürlich auch immer die Zeitbeschränkung von 74 oder 80 Minuten die man möglichst schon ungefähr hier einhalten sollte. (Aufwand: je nachdem wie gut die intuitive Vorauswahl war zwischen 30 und 120 Minuten)

3. Ausprobieren, ausprobieren, ausprobieren!
Jetzt geht's ans Eingemachte. Man kann am Anfang beginnen, am Ende oder einfach irgendwo, jedenfalls wird nun die erste komplette Trackliste erstellt bis erst einmal alle Sachen drin sind. Und hört man sich halt alles an, mehrmals von Anfang bis Ende, geht immer wieder zurück und guckt was am besten klappt. Neben der Gesamtnarrative die durch die Anordnung der Stücke entsteht ist hier auch der Blick fürs Detail wichtig: zwei Stücke können noch so gut zueinander passen, wenn das Ende vom einen nicht mit dem Anfang vom anderen harmoniert klappt es halt oft einfach nicht. Insbesondere bei stark unterschiedlichen Tracks ist zudem die Pause zwischen den Stücken wichtig, extra lange Pausen können genau so wirksam sein wie überraschen schnelle Übergänge, hier hab ich mittlerweile sogar angefangen die Stücke selbst am Ende oder Anfang zu editieren wenn zu lange Pausen sonst die Stimmung zerstören würden.

Dies ist wirklich der unvorhersehbarste Teil, unter zweimal komplett durchhören hab ich's noch nie geschafft, in der Regel dauert's aber insgesamt mindestens doppelt so lang. Am Härtesten war's letztes Jahr, da hab ich einen kompletten Nachmittag nur mit Sequenzieren und Editieren verbracht (Warnung an alle: das Konzept "die besten Rockalben '07 treffen Justice & Cos Elektrogeboller" ist eine ziemliche Schnappsidee!!). (Aufwand: mindestens anderthalb Stunden, Ende offen.)

So, und deswegen läuft in mir die rote Glut hoch wenn ich Sätze lese wie "Mix-CDs sind was für Faule". Der Empfänger kann sich bei mir genau so sicher sein dass hier jemand Herz, Schweiß und Zeit rein investiert hat wie bei einem Tape, egal ob man dabei nun rumspulen muss. Was zählt ist ja wohl immer noch das Resultat: Eine individuell zusammengestellte, wahrscheinlich einzigartige, zusammenhängende Sammlung von Musikstücken die sich irgend jemand gerne anhört. Nennen wir's mal einen Mix.