Video: TV On The Radio - Golden Age


Es gibt hier ab und zu Musikvideos die ich nicht des Bildmaterials wegen verlinke sondern vor allem wegen des dazugehörigen Songs. Golden Age von TV On The Radio ist hier mal das genaue Gegenteil, nicht dass der Song schlecht wäre (nicht im Geringsten) sondern weil der Audioteil des Videos derart vermurkst ist dass ich eher empfehlen würde die Musik dazu stattdessen von der Bandhomepage zu hören. Das Video ist dafür so farbenfroh wie es dem Song gebührt, die verrückteste Bergspitzenaction mit Plastik-CGI seit Legend Of Zu.

Update: Das Video gibt's jetzt auch in einer anhörenswerten Fassung:

[Video] TV On The Radio - Golden Age

"That's what music's doing now, yelling at you"

Man sollte sich wirklich das ganze Interview mit Morgan Geist durchlesen, aber diese Passage hat eine Standing Ovation verdient:

Nothing sounds like a Morgan Geist record. I'm too ignorant to even be able to verbalize why what you do sounds so crisp and nice and pleasantly tactile.

Maybe a little bit of the difference has to do with resisting going loud, like so much pop music does. If you listen to my record on your iTunes, it's going to be a little softer than the rest of what's on there. And it's because I believe that you should have transients and dynamics. If you look at a pop waveform, it looks just like a block of sound. It's crushed so there's no room at all. It's constantly loud, whereas mine looks like an actual wave. Part of it's that I leave room when I master, and that's usually when people crush the stuff, if they haven't already crushed it when recording. They crush and crush so that the finished product is this loud block of noise. People think dynamics are a bad thing now. It's sad, like if we just communicated to each other all the time without any inflection, always just yelling. That's what music's doing now, yelling at you.

Ein weiterer Grund (abgesehen davon dass es schon beim Probehören großartig klang) übrigens warum ich mich so sehr auf Double Night Time freue, es gab dieses Jahr schon zu viele Alben die ich noch ein Stück lieber mögen würde wenn sie nicht so unangenehm laut wären.

Stream: High Places - High Places

Eine geschäftiger Freitag steht an, so viele interessante Neuveröffentlichungen gab es seit Monaten nicht mehr. Neben den um Aufmerksamkeit heischenden Mogwai, TV On The Radio oder Peter Bjorn & John gibt es auch viele Bands mit weniger großem PRofil die mindestens ebensoviel Beachtung verdienen, unter anderem steht das erste reguläre Album von High Places an. Die hatten Mitte des Jahres erst eine Sammlung ihrer gesammelten Singles bis dato rausgebracht, nun gibt es 10 neue Stücke mit Mary Pearsons luftigem Gesang und Rob Barbers multiinstrumentalen verflochtenen Kompositionen die immer einen leichten, sauber geschliffenen Charakter bewahren.

[Stream] High Places - High Places

The Long Blondes - "Couples"


Ich hatte es glaube ich immer im Gefühl, aber beim Anhören von Someone To Drive You Home und dessen vorhergehender Singles (listening to The Long Blondes on headphones on the bus, haha) ist mir in letzter Zeit, mal ganz abgesehen davon wie verdammt gut sich dieses Album immer noch anhört, bewusst geworden wie anders doch The Long Blondes klingen als alle anderen britischen Bands, insbesondere natürlich wegen der unverkennbaren Kate Jackson (ich meine, gab es seitdem überhaupt auch nur eine einzige vage als “Indie-Band” abgestempelte Truppe mit 4-5 Mitgliedern und einer Frau am Mikro?? Nicht dass ich mich entsinnen kann). Wobei die Sheffielder nicht nur anders klingen, wie “Couples” klarstellt sind sie auch einfach anders als die vier austauschbaren Jungs in Skinny-Jeans auf dem NME-Cover. Wo letztere nach dem ersten Album fast panisch behutsam vorgehen um ja nicht ihren Buzz zu killen stellt "Couples" bereits die zweite Metamorphose der Blondes dar: Waren ihre ersten Singles noch kultige Untergrund-Angelegenheiten hagelte es mit dem Debütalbum Clubtauglichkeit mit grandiosen Texten im Schlepptau, ein Status auf dem man sich hätte ausruhen können aber stattdessen den ambitionierteren Pfad zu einem anderen, besseren Album wählte.

Ich persönlich gehörte zugegeben zu jenen die das Gesicht verzogen als die Long Blondes auf ihrem Köln-Konzert einen neuen Song mit Düster-Disco-Synths auspackten, da fehlte einfach der Antrieb, Schwung ergab sich gar nicht erst. Nur noch skeptischer wurde ich mit der Ankündigung dass ”Couples” die erste Album-Produktion des angeblich angesagten DJs Erol Alkan werden sollte, in was für ein billiges Elektrogewand würde der Mann die neuen Songs wohl zwängen? Century überzeugte mich beim ersten Hören dann auch wie befürchtet nicht, zu abstrakt der Text, zu langsam die Musik, mit den darauf folgenden auf Myspace zu hörenden Songs war an ein locker homogenes Poprockalbum wie dem ersten auf keinen Fall mehr zu rechnen.

Und das ist auch gut so. Century hat zwar zusammen mit dem ähnlich experimentellen Round The Hairpin eine textliche Sonderstellung, dennoch stellt ”Couples” eine enorme Weiterentwicklung dar bei der furchtlos alte Stärken in ein Artpop-Gewand gekleidet werden anstatt mehr szeneappropriierbares Futter für die Indie-Disco-Meute zu liefern. Alkan nahm dabei weniger die Rolle des Innovators denn des Reduzierers ein, die neuen sonischen Ideen insbesondere im Bereich der Synths (die es ja auch schon konventioneller auf einem Großteil von Someone To Drive You Home zu hören gab) kamen wohl von der Band selbst. Die hat sich, ihren künstlerischen Ambitionen gemäß, auch was ihre musikalischen Fähigkeiten angeht weiterzuentwickeln versucht.
So gibt es Gitarrenfiguren zu hören die man den Blondes vor 2 Jahren noch nicht zugetraut hätte, Drummer Screech Louder ist eh die Geheimwaffe mit seinen muskulösen Fills in Here Comes The Serious Bit oder seinem disziplinierten Spiel in dem PiL-mäßigen Round The Hairpin und Sängerin Kate Jackson wagt sich insbesondere in Too Clever By Half in bisher unerforschte Stimmlagen vor – erfolgreich. Was ihre Stimme aber darüber hinaus als eine der besten überhaupt auszeichnet ist ihre Wandlungsfähigkeit, die Fähigkeit von einem Song zum nächsten eine völlig andere Person oder Stimmung zu verkörpern und doch immer unverwechselbar erkennbar zu bleiben.

Wie geschaffen für die – weiterhin überwiegend von Gitarrist Dorian Cox verfassten – Texte in denen es sich wie gehabt mit hervorragender Beobachtungsgabe um Beziehungen dreht, fast immer mit einer Frau im Zentrum des Geschehens. In Guilt versucht sich diese selbst davon zu überzeugen dass das einmalige Fremdgehen kein schwerwiegender Fehler war den sie ihrem Partner beichten müsste (um es wieder zu tun?), sie beschwichtigt sich mit "this happens to everyone once or twice." Mehr Selbstbelügung gibt es in The Couples wo die Protagonistin sich in Selbstmitleid suhlt und sich bei all den vorbeilaufenden Pärchen als die Einsamste in der ganzen Kneipe fühlt – wahrscheinlich völlig zu Unrecht; die einsame Gitarre stimmt dazu eine klagende Trauermelodie an. In I Liked The Boys träumt Sie in eingefrorener Ehe einer alten Flamme nach ("I wonder what if I hadn't left, we had plans but i was scared and thought I knew best" bevor ihre ihre Gedanken mit "now I lie in the hay and look at the stars" von einem Sterne blubbernden Keyboard begleitet abdriften), nicht besser sieht die Prognose für die Beziehung in Erin O'Connor aus: “Close your eyes and think of Erin O'Connor or pretend i'm Lily Cole, and I'll imagine that you're someone else as well and well be okay for one night."

Doch es gibt auch Grund zur Hoffnung, so steht die in Too Clever By Half von ihrem Kerl zunächst betrogene letztendlich als Gewinnerin da und Nostalgia blickt nach “We've outgrown our own emotions" optimistisch in die Zukunft. Der große Unterschied zum ersten Album ist hier nicht in den Texten zu finden sondern in der stilistischen Vielfalt, der Reichhaltigkeit an Ideen die jedem Stück und dem dazugehörigen Text seinen eigenen Charakter gibt, seien es der pulsierende Bass und das monotone Summen eines Gitarrenverstärkers ohne Input in Round The Hairpin, das dreckige Röhren der Instrumente mitsamt shoutigen Vocals in Here Comes The Serious Bit oder das zarte Vortasten von Too Clever By Half das allein von Jacksons absolut packender Stimme getragen wird. All dies gibt dem Album weniger einen singulären neuen Sound als es vielmehr die Erweiterung des bisherigen Blondes-Schaffenswerks in verschiedene Richtungen ist. Mit bemerkenswerten Fortschritten im Songwriting, der neuen Nutzung von Freiräumen sowie langsamen Klang-Erweiterungen und -Variationen innerhalb der Songs gibt es kaum einen Song den man sich so auch auf dem ersten Album hätte vorstellen können (oder der so wie ein bisheriger Song klingt).

Zudem ist die Gesamtstruktur des Albums stimmiger und überlegter, nicht nur mit fließenden Übergängen von einem Stück zum Nächsten (Too Clever By Half und Nostalgia beginnen bereits in den vorherigen Tracks), auch antizipiert z.B. das völlig ohne Bass, Gitarre und Schlagzeug auskommende Nostalgia mit seinem dominanten Keyboard das darauf folgende und letzte Stück Going To Hell dessen durchweg angeschlagener Piano-Grundton das Stück unerbittlich und göttlich voran treibt. Überhaupt fantastisch dieser letzte Kraft-, ja Machtakt, einer dieser süchtig machenden Songs die man dutzendmal hintereinander hören kann und bei dem ich wirklich jedes Mal an der selben Stelle eine verdammte Gänsehaut bekomme. Die Macht der Jackson, klar, aber auch die neue Stärke einer Band die nicht mit ihrem eigenen Status Quo zufrieden ist und weiter drängt, sich selbst in neue Höhen schwingt.

[MP3] The Long Blondes - Guilt
[MP3] The Long Blondes - Here Comes The Serious Bit
[Stream] The Long Blondes - "Couples"

The Pains Of Being Pure At Heart


Da ich nun schon zweimal kürzlich den Namen dieser Band vergessen habe als ich sie jemandem empfehlen wollte möge dieser Eintrag, abgesehen davon dass er eh längst überfällig ist, gleichzeitig als Gedächtnisstütze fungieren. The Pains Of Being Pure At Heart heißt das Quartett aus New York das vor einem Jahr mit einer nahezu perfekten EP (zu hören auf Last.fm) debütierte und seitdem nicht aufgehört hat ein herrliches Stück Gitarrenpop nach dem anderen zu erschaffen.
Jüngste Beispiele dafür sind die kommende Single Everything With You und ihr Beitrag zur Split-7'' Searching For The Now 4, das rasant-ohrwurmige Come Saturday, beide werden auf dem Twee-traditionsreichen Slumberland veröffentlicht das auch Anfang nächsten Jahres das erste Album von The Pains Of Being Pure At Heart herausbringt. Vermutlich finden sich darauf auch manche der Songs auf ihrem Myspace wie Stay Alive und das ganz frische A Teenager In Love, beide wieder mal schon fast beängstigend schön.

[MP3] The Pains Of Being Pure At Heart - Come Saturday (von Searching For The Now 4)
[MP3] The Pains Of Being Pure At Heart - Everything With You (von Everything With You)
[MP3] The Pains Of Being Pure At Heart - Stay Alive

The Pains Of Being Pure At Hearts Myspace