Von Uli am 14. März 2007, 17:18
Wie oft hat man so eine Aussage schon mal gelesen: "Wir wollen wenn wir unsere Stücke live spielen nicht bloß das reproduzieren was wir für die Platte aufgenommen haben, da ist doch keine Herausforderung bei, da kann man ja gleich Vollplayback spielen."
So etwas sagt sich leicht wenn man nicht
The Earlies ist, denn um deren Arrangements auf einer Bühne zum Leben zu erwecken waren gestern im Gebäude 9 fast ein Dutzend Musikanten notwendig. Die und unter anderem 4 Gitarren (eine davon mit 12 Saiten), 1 E-Bass, 1 Cello, 1 Schlagzeug, 1 elektronisches Schlagzeug, 1 Tuba, 2 Trompeten, 1 Posaune, 1 Saxophon, 2 Querflöten, Triangel, Schellen, Rasseln und andere Percussions, diese tragbaren Synths(?) mit Schlauch dran, Hammondorgel und zwei weitere Synth/Keyboard/Orgelinstrumente, 1 monströse Mundharmonika (?) und ca. 1000 Effektgeräte mit Pedalen, Schaltern und Knöpfen dran. Es sah aus wie in der Rumpelkammer eines Musikladens, mit Abstand die vollgepackteste Bühne die ich je gesehen habe.
Aber die vermutlich Monate die es gebraucht hat um all das hier aufzusetzen haben sich gelohnt, auch wenn sich nicht gerade besonders viele Besucher an diesem Abend eingefunden haben legen die Earlies ein ganz großes Konzert hin. All die Feinheiten die sie insbesondere in ihr neues Album
The Enemy Chorus reingepackt haben, alle werden sie heute Abend irgendwo von irgendwem auf dieser Bühne herausgearbeitet, jemandem mit einem Gesicht und einer Hand versehen die Saiten anschlägt, Tasten drückt, zupft, trommelt, streicht, Hebel zieht, und was der Mann ganz hinten links gemacht hat hab ich ehrlich gesagt nie richtig herausgefunden. Besonders sympathisch: der dauergrinsende Percussionist und der schnauzbärtige, sich durch das ganze Repertoire der Rockerposen arbeitende Gitarrist auf der rechten Seite.
Besonders die neuen Songs profitieren wie gesagt von dieser Darbietung, so überwältigend wie das live ist lässt es sich einfach nicht auf Datenträger jeglichen Formats bannen. Aber auch auffällig ist wie anders diese Songs klingen als das was die Earlies davor gemacht hatten, denn an diesem Abend bleibt praktisch kein Wunsch offen und es werden auch all die hypnotisch schönen Nummern von
These Were The Earlies gespielt. Nicht so oft von allen auf einmal, da würde der Fokus auf das warme Piano in
Wayward Song oder den sanften Gesang in
Bring It Back Again verloren gehen. Zu dem mächtig daherschmetternden
The Devil's Country, das dem neuen Material wohl am ähnlichsten ist, werden aber gegen Ende praktisch sämtliche Geschütze aufgefahren und noch mal so richtig Eindruck geschindet wenn sich auf jedem Quadratzentimeter dieser Bühne etwas tut.
Könnte man all diese Klänge akustisch auch mit einem einzigen elektronischen Gerät erzeugen? Wahrscheinlich schon. Könnte man damit auch nur annähernd so ein begeisterndes Konzert abliefern? Garantiert nicht.