Konzert: Mi Ami


Auch wenn ich es geflissentlich zu ignorieren versuche hat doch die Wahl der richtigen Clubumgebung einen großen Einfluss auf das Konzerterlebnis. Arcade Fire möchte ich lieber nicht in einem kleinen Kellerclub erleben, genau so wenig eine Band wie Mi Ami in einem schick-poliertem Scenesterschuppen. Von daher war ich etwas stutzig als ich einen Blick auf die Homepage des Rubinrot warf, nach Eigendarstellung eine farbenfroh beleuchtete Cocktailbar mit, einer Bekundung im Gästebuch zufolge, nicht den billigsten Getränkepreisen. Platz für eine Bühne war dort auch nirgends auszumachen.

Vor Ort entpuppte sich der Laden aber direkt nach Betreten als ein gemütlicher Kölner Studententreff (mit mühelos erschwinglichem Bier) in dessen Hinterteil sich ein spartanisch ausgestatteter Konzertraum versteckte, um den Einlass kümmerte sich direkt einer von der lokalen Vorband Patterns. Die überraschten überaus angenehm, mit einer Vorliebe für multiple, zum Teil vom Publikum eingesetzte, Percussions ("More cowbell" wurde direkt am Anfang als Motto durchgegeben) erinnerte ihr rhythmusgetriebes Spiel an frühe The Rapture, eine bessere Vorgruppe für Mi Ami in Köln dürfte sich in Köln kaum finden.

Doch auch wenn einige der eingeflogenen Freunde der Band danach schon wieder verschwanden so dass es kurioserweise weniger voll war als im Vorprogramm, die Hauptattraktion dieses Abends war klar das Trio aus San Francisco das vom ersten Anschlag an ein derartiges Inferno entfesselte dass nach wenigen Minuten schon die nicht unweit stationierte Polizei anklopfte und um Mäßigung der Lautstärke bat. Nach einem kaum merklichen Runterdrehen wurden die nächsten beiden Stücke dann spontan Police Story tituliert, nicht dass man hätte überprüfen können ob da inhaltlich etwas dran wäre, bei den falsettigen Exzessen mit denen Sänger Daniel Martin-McCormick seine Stimmbänder strapazierte.

Seine Gitarre entfesselte live so einiges mehr an Gewitter als auf dem Debütalbum Watersports, überhaupt spiegelte sich mit vielen neuen Stücken im Programm die dafür rausgenommenen meditativen Tiefen dessen zweiter Hälfte live praktisch gar nicht wieder. Der Klang von Jacob Longs Bass war längst nicht so verzerrt, dafür sein Spiel umso treibender als rhythmischer Rücken der aufflammenden Schübe mit denen Mi Ami Bewegung entfachten. Obwohl Stücke wie New Guitar und Pressure leicht umstrukturiert, immer wieder einzelne Sektionen verändert und verlängert waren, konnte man immer genau spüren wo die Energie der Musik hinlief, wie sie sich stetig nervöser zuckend aufbaute um sich schließlich in grandiosem Schrammeltrommelschreikrawuppdich zu entladen. Das funktioniert so grandios weil diese Band, die das Publikum direkt zu Beginn ganz nah an sich herangezogen hat, vor allem eins ist: gnadenlos tight. Auch wenn der Kopf von McCormicks zappelnder Gitarre die ganze Zeit nur Zentimeter vor meinem Gesicht umherschwang, er traf mich nie. Kontrollierten Ausbruch nennt man das.