Konzert: The New Pornographers



Ein großartiger Konzertherbst neigt sich langsam dem Ende zu (und mein Budget dafür, haha), aber die Highlights wollen noch nicht aufhören. Gestern machten mich The New Pornographers in Rekordzeit von lethargisch-grippelig zu putzmunter-fröhlich. Die Kanadier starteten ihr Set im Gebäude 9 mit einem dreifachen Powerpopschlag aus All The Things That Go To Make Heaven And Earth, Use It und Electric Version, womit sich schon eine Setlist andeutete die hervorragend Altes mit Neuem mischte. Etwa die Hälfte der Songs stammten von Challengers, trotzdem wäre es ohne Vorwissen unmöglich gewesen sie zu erkennen, zu gut fügten sie sich ein und machten das Set zum stärksten und abwechslungsreichsten das ich bisher von der Superdupergroup gehört habe.

Wie zu erwarten waren weder Dan Bejar noch Neko Case dabei, aber noch weniger als beim letzten Mal stellte das ein Problem dar, außer dass es vielleicht deswegen nicht Myriad Harbour zu hören gab (wobei, die andere Bejar-Komposition The Spirit Of Giving wurde ja gespielt). Sehr gefehlt hätte mir hingegen Überdrummer Kurt Dahle, der hatte sich noch zu Beginn dieser Tour eine Auszeit genommen aber war für den Europatrip zum Glück wieder dabei. Denn Dahle ist nicht nur ein hervorragender druckvoller Drummer sondern auch ein echter Showman der zwischendurch locker seine Sticks durch die Luft wirbelt oder demonstrativ weit ausholt. Auch sein Timing ist unangreifbar, einmal rannte er zu Beginn eines Stücks von der Bühne, kam kurz darauf mit Bierflaschen beladen zurück und saß fast auf die Sekunde genau rechtzeitig für seinen Tambourineinsatz wieder auf seinem Platz. Dass er auch während des Trommelns Singen und Bier trinken kann versteht sich von selbst.

Die weiblichen Gesangsparts von Case sowie ihre eigenen von der neuen Platte Challengers übernahm natürlich Kathryn Calder die seit dem letzten Mal richtig in ihre Rolle hereingewachsen schien. Damals wirkte sie noch etwas zurückhaltend bei Neko-Nummern wie Mass Romantic allein im Rampenlicht zu stehen, davon war gestern keine Spur mehr. Überhaupt kam mir die ganze Band lebendiger vor als letztes Mal, insbesondere Carl Newman mit ständig geschlossenen Augen wird zwar so schnell keine Preise als charismatischster Frontmann gewinnen aber zwischen Calder, Dahle und dem munteren Todd Fancey hatte ich Spaß der Band auch beim Spielen zuzusehen. Mit zunehmendem Konzertverlauf lockerten Band wie Teile des Publikums auch zunehmend auf, getanzt wurde zwar nur vereinzelt aber dafür viel und begeistert applaudiert und auch zum Mitklatschen konnte erfolgreich animiert werden.

Alles wollte dann doch nicht klappen, irgendwann kam dann aus Calders Keyboard ein infernalisches Gedröhne heraus weswegen sie erstmal ihren Einsatz verpasste. Gut aufeinander abgestimmt spielte die Band einfach nochmal das letzte Motiv und schon klappte wieder alles, während des Liedes noch kam ein Techniker nach vorne gerannt, tauschte ein Kabel aus und schon war auch das Keyboardproblem beseitigt. Einmal, ich glaube es war bei Challengers, geriet Blaine Thurier ein Sample etwas neben der Spur was zu einem amüsant verdatzten Gesichtausdruck bei Newman führte dem immer wieder Geigen leise ins Wort fielen. Und die zweite, für Gelächter sorgende, Panne von Calder, die zwischendurch auch mehrmals zur Ziehharmonika griff, passierte am Ende von The Bleeding Heart Show mit dem die Band normalerweise den regulären Teil ihres Sets beendet.

Da verließ Newmans Nichte die Bühne, zu früh denn als Probe für einen Auftritt im französischen Fernsehen spielten die Pornographers (wieder mit Calder an Bord) noch ein ELO-Cover. The Slow Descent Into Alcoholism beschloss den tollen Abend (der leider nicht von einem Alkoholhersteller gesponsert wurde), und auch wenn ich nicht weiß ob dies mein letzter Konzertbesuch in diesem Jahr war so würde er zumindest einen herrlichen Abschluss darstellen.

[MP3] The New Pornographers - My Rights Versus Yours
[MP3] The New Pornographers - Myriad Harbour

Philsen (Gast) - 26. Nov, 19:19

Morgen ist was los in Köln: The National, Motörhead und die Weakerthans. Wobei ich bei letzteren zugeschlagen habe, da ich sie noch nie live gesehen habe. Gogol Bordello war ja leider schneller ausverkauft als ich gucken konnte.

uliuli - 26. Nov, 19:45

Ich fürchte für den Rest des Monats fehlen mir Zeit und Geld für weitere Konzerte, aber wenigstens muss ich so keine Entscheidungen mehr treffen wie gestern als auch Okkervil River gespielt haben : ) Oh, ich seh gerade auch Die Fantastischen Vier, kein Wunder dass das Gebäude 9 nicht voll war.
Philsen (Gast) - 27. Nov, 07:19

Ja, Okkervil River. Da hat es mich am Samstag nach Münster verschlagen. Allerdings ohne vorher mal zu checken ob das Konzert ausverkauft ist. Dumm gelaufen. Aber ich denke in Köln hat es am Sonntag nicht anders ausgesehen.