Studio - West Coast



Die beste Sommerplatte kam in Deutschland diesmal etwas spät an. Besonders für diesen vermurksten Sommer den man im September am liebsten bereits wieder vergessen hätte. West Coast, das erste Album des schwedischen Duos Studio, schafft es aber selbst im Herbst noch alle seine Trumpfkarten auszuspielen und zaubert einem auch bei Wind und Regen mühelos Bilder von ausladenden Stränden und einer roten, am Horizont ins Meer eintauchenden Sonne ins heimische Wohnzimmer.

Allein schon das Eröffnungsstück Out There stellt strahlend die Mehrheit aller anderen Veröffentlichungen 2007 in einen palmenförmigen Schatten. Es beginnt mit 7 Minuten hin- und herlaufender postpunkiger Gitarren- und Keyboardmelodien die einen über einen krautigen Elektrobeat in ihren Bann ziehen, dann langsam ausklingen und mit einem tiefen aber nicht finsteren chorgesangähnlichen Summen im Hintergrund ihr Muster ändern. Eine hell glitzernde Synthmelodie klettert sanft auf den nun auspumpenden warmen Dubs herum, wechselt über zu auf jeder zweiten Note angeschlagenen Gitarrenakkorden und kehrt nach einer nicht minder bezaubernden Überleitung in überwältigender Kraft zum Finale zurück bei dem alle Elemente der letzten paar Minuten parallel laufen, statt Chaos pures Glück. Auf ebenso hohem Niveau bewegt sich der zweite, ebenfalls keine Langeweile aufkommen lassende >10-Minüter Life's A Beach! der sogar Wellenrauschen-Samples einbindet und mittlerweile sowohl von Prins Thomas als auch Todd Terje remixt wurde.

Eine ihrer größten Stärken spielen die beiden aber erst danach aus, war Out There noch rein instrumental kommt ab West Side die mal Robert Smith, mal Bernard Sumner zum Verwechseln ähnliche melancholische Stimme des Sängers zum Einsatz. Welcher der beiden nun singt ist der samt klassischem Deutsch/Englisch/Französisch/Italienischem Compact Disc-Einlegepappblatt (fragt eure Eltern, die werden sowas schon mal gesehen haben) auch entsprechend anachronistisch aufgemachten CD nicht zu entnehmen, genausowenig welchen Anteil analoge Intrumente an den Aufnahmen hatten.

Ist aber auch ziemlich egal, das Endergebnis steht mühelos für sich und ich möchte hoffen dass sich niemand von dem Begriff "Sommerplatte" vom saisonfremden Reinhören abgeschreckt fühlt. Es ist nun mal einfach das was diese Platte für mich einfängt, das wohlige Gefühl einer Jahreszeit in der alles viel leichter scheint, weniger sorgenvoll und hektisch, und, vor allem, warm. Dass dies nicht von zwei gebräunten Mittelmeeranwohnern vollbracht wurde sondern von zwei Skandinaviern in Wollmützen macht das Ganze noch ein Stück spektakulärer.

[Stream] Studio - West Coast

christian (Gast) - 11. Nov, 14:26

Das ist lustig, die steht auch in meiner Jahresliste ganz weit oben. Eine wirklich tolle Platte.