waldar - 1. Okt, 16:54

naja,

wie das update es ja schon andeutet: die produktion und der vertrieb liegen bei der band selbst. das sind natürlich gehörige mehrkosten. außerdem will die website-infrastruktur ja auch bezahlt werden, zusätzlich muss man irgendwie die mp3-downloadkosten kompensieren. erscheint mir sinnvoll, 57 euro für ein überzeugendes konzept. es ist ein wenig wie bei manufaktum: da kauft man auch ein, obwohl es die grillzange auch für weniger geld andernorts gibt.

uliuli - 1. Okt, 17:15

Aber du glaubt doch nicht echt dass die Kosten diesen Preis rechtfertigen, oder? Kleine DIY-Gruppen kriegen ihr Zeug auch zu halbwegs normalen Preisen vertrieben, ich sehe nicht warum die Kosten hier mehr als viermal so hoch sein sollten wie bei der Indie-CD die ich vor einer Woche aus den USA importiert habe.
waldar - 1. Okt, 17:30

ich denke

es ist etwas anderes, ob man diy-mäßig 200 cds verschickt, oder ob man weltweit (!) vinyl verschickt. da hängen steuern, zoll und frachtkosten dran, das sind wirklich ganz andere maßstäbe, wenn man kein label (und damit keinen vertrieb) hat.

es ist ja nunmal so: ein label gibt normalerweise den finanziellen vorschuss, d.h. geht für den künstler in vorleistung. gleichzeitig profitiert man von den strukturen des labels: kontakte, reputation, vertrieb der die platte in den handel bringt, besondere konditionen. das fällt weg.

zusätzlich ist es eine formatfrage: eine einzelne cd passt in einen kleinen umschlag. ein vinyl braucht einen karton. ein doppel-vinyl plus cds und gatefold braucht ggf einen größeren karton. dann muss auch die abwicklung bezahlt werden. das werden sicherlich nicht radiohead selbst im hinterzimmer machen, sondern ein finanzdienstleister, der die zahlung abwickelt, vorbestellungen an ein lager - da sind wir schon beim nächsten punkt - weitergibt, rechnungen ausstellt, "support" leistet. dann hat man zwei presswerke mit drei verschiedenen formaten: vinylm, audio-cd und daten-cd. irgendwer wird sicherlich das artwork gestaltet haben, das muss nicht unbedingt die band selbst gewesen sein.

außerdem kostenfaktoren: studio (!), produzent, techniker, mischer.

was ja zudem wegfällt: promotion. der gedanke, dass sich heute alles über das internet vermarkten lässt ist natürlich blödsinn. es ist weiterhin nur ein tool unter vielen, diese meinung muss ich entgegen meiner von vor vier jahren sagen. somit fehlt bei vielen medien die vorberichterstattung/die besprechung. man ist als "kunde" also recht alleine: soll man die platte kaufen, ohne die musik gehört zu haben? das wäre übrigens ein anderer streitbarer punkt.

der vorteil an der ganzen sache ist die kalkulierungsmöglichkeiten. bis heute abend werden die ersten tausend vorbestellungen (so auch meine) vorliegen, ab morgen sind es einige tausend mehr, das wird sich bis zum rollout summieren.

das nächste und abschließende ist die frage, ob der künstler nicht den preis selbst bestimmen sollte. ich glaube, dass der discount-weg der falsche ist. wenn eine diy-band die platte nur als marketing-tool für eine tour ansieht, dann ist das meinerseits cool und okay. aber das heißt noch lange nicht, dass ich es als künstler genauso machen würde. ich würde mich wohl eher immer für ein aufwändiges produkt, für ein konzept, für eine limitierung und auch eine dementsprechende preisliche gestaltung entscheiden. das ist bei allen luxusprodukten so, warum sollte es bei musik anders sein? oder bezweifelt irgendwer, dass man einen sportwagen nicht vielleicht auch günstiger produzieren bzw. positionieren könnte?
wiesengrund - 1. Okt, 18:18

ich stimme überall zu, außer beim punkt, dass die wegfallende promotion den kunden allein lässt. weil, auch wenn das netz nur eines von vielen instrumenten ist, ist es eins. und die möglichkeit, das album legal und gratis von radiohead selbst zu erhalten, gibt mir als kunden ne deutliche bessere meinungs- und kaufentscheidungsbildungsmöglichkeit (!?) als jedes interview, jede rezension und jedes video. das ist schon clever gemacht, so.
waldar - 1. Okt, 18:35

neinnein,

so war's ja nun auch wieder nicht gemient. du weißt doch sicher gut, wie rum ich das meine: in neun tagen wird es nirgends einen albumstream geben, wird es keine promo-mp3s geben, wird es keine (oder nur wenige) "reviews" geben. es gibt aber einen download, für den man zahlt (gibt es eine untergrenze? komplett gratis? wer weiß....) und es gibt eine konkrete vorbestellung. und da ist es doch etwas merkwürdig, dass man blind (taub?) kauft, ohne vorher eine meinung zu haben.

das andere problem ist denke ich dies, dass eben nicht alle im netz so unterwegs sind, wie man das selbst wahrnimmt. ein großteil meines freundeskreises (young urban deciders, opinion-leaders, geeks & more) liest keine blogs, kein pitchfork, kein intro.de, kein spex.de, hört keine albumstreams, zieht keine mp3s. viele lesen magazine oder feuilletons, was mich immer wieder erschrickt bzw. wenigstens wundert, was mir aber auch zeigt, dass viele sich eben immer noch bzw sogar verstärkt wieder über print informieren. all das fällt teilweise weg. ist sicherlich auch schwierig fürs weihnachtsgeschäft, womit wir schon wieder bei einem argument bzgl des verkaufspreises sind...
uliuli - 1. Okt, 18:47

Ich finde das sehr aufregend dieses Jahr, zwischen Radiohead, New Pornographers, Stars (weiß man eigentlich mittlerweile wie das verlaufen ist? Hab nur Positives von jenseits des Atlantiks vernommen) werden zahlreiche Modelle ausprobiert wie man nicht nur Leaks schlagen kann sondern auch heutzutage noch versucht aus der physischen Veröffentlichung etwas Besonderes zu machen.

Zu "soll man die Platte kaufen ohne die Musik gehört zu haben" sag ich meistens Nein, es werden auch weiterhin mehr und mehr neue Alben zum Reinhören online gestellt. Thrill Jockey z.B. scheint das jetzt bei allen seinen Veröffentlichungen zu machen (siehe oben die Furnaces), auch Alien8recordings. Realistisch gesehen greift der Hörer halt heutzutage ohne Onlinestream für die Kaufentscheidung meist nicht zum Fachmagazinartikel sondern zu Rapidshare, dazu muss man m.E. als Label eine Alternative bieten wie es jetzt Radiohead gemacht haben. Allerdings mache ich für ein paar Bands wie Sunset Rubdown auch Ausnahmen, die kaufe ich wirklich blind weil die bei mir Kredit aufgebaut haben, aus dem gleichen Grund schlagen auch Leute jetzt schon bei Radiohead zu ohne die Platte gehört zu haben.
wiesengrund - 1. Okt, 19:16

@waldar: wer weiß? ich weiß: untergrenze ist 0. darauf sollte uns das mehrfache "it's up to you" hinweisen. ich hab nicht mal ne kreditkarte angeben müssen, weil ich das mp3-paket um 0 bestellt habe. ein free leak seitens der bands. das meine ich mit "nicht taub". und ehrlich gesagt, wenn die printmagazine, die das prinzipiell interessieren würde, diese aktion nicht in irgeneiner art und weise erwähnen, nur weil es keine vorab-materialität gab, dann sind die printmagazine einfach bescheuert. gelinde gesagt, oder?

also anders gesagt: in neun tagen wird es "nur" vorab-mp3s geben. und millionen "ich mags", "ich mags nicht"-post, und ein paar lesenswerte vielleicht darunter. die von dir beschrieben "wegfallenden" sachen sind allesamt online-zentriert, und eben da wird eh (so wie heute) die hölle los sein. zu den dann eventuell nicht mitmachenden printmagazinen: siehe oben.
waldar - 1. Okt, 20:37

oh, das war mir neu,

das mit dem gratisversand. das mit dem "taub" nehme ich also mal etwas zurück.

es ging mir auch um was anderes: ich bekomme ja so langsam mit, wie der vorlauf für sowas gedrucktes aussieht. natürlich geht das online auch, was aber trotzdem die frage aufwirft, wann radiohead zu sprechen sind. weil: seit heute dürfte sie jeder - sofort - sprechen wollen. und ich glaube schon, dass ein interview die mindestvorraussetzung für eine ernsthafte auseinandersetzung mit etwas derart bahnbrechendem ist, innit?!

außerdem: wer hat erstens was von weglassen gesagt, nur weil man vielleicht kein promo bekommt? hier in der redaktion haben heute direkt das produkt bestellt, und das ja sicherlich nicht nur, um das dann im dezember ins regal zu stellen.
ich sagte nur, dass es mich selbst wundert, wieviele leute offline zu sein scheinen. es wäre ja umgekehrt super, wenn mehr online stattfünde. aus eigener erfahrung muss ich aber sagen: nicht jeder lässt sein leben derzeit vom netzschlag bestimmen. meine erfahrung ist eben die, das ein großer Teil im Plattenladen shoppt.

außerdem: es ist jetzt schon spät, ich muss mal das privatleben einschalten...
wiesengrund - 2. Okt, 12:20

das heft, für das du schreibst, hat es geschafft schon das letzte radiohead-album als bahnbrechend hinzustellen, ohne ein interview gehabt zu haben. sind alte journalistische prinzipien wirklich das, mit was man dem hier gebotenen entgegenkommen sollte?

ich weiß es wirklich nicht.

und zu der offline-welt der plattenladen-shopper: das hat die neueste info ja eh erledigt.
waldar - 2. Okt, 17:11

aber

das ist doch auch kein argument: wenn es eben etwas derart bahnbrechend neues ist (was es scheinbar ist) dann denke ich schon, dass man einen künstler zu den motiven befragen sollte. jedenfalls wenn man eine platte in einen größeren kontext stellen will. und ja: gerade in dem fall, nach zehn jahren, nach der wahl eines neuen vertriebsweges, nach einem solo-album, nach so vielen weichenstellungen, ist es geradezu notwendig, darüber en detail zu sprechen. ich denke: erst einmal anhören, diese musik, und dann entscheiden, ob es derartig bahnbrechend/neu/alt/verlässlich/gut/schlecht/interessant/verwirrend/etc ist, wie es momentan gehandelt wird.

ich denke, das ist eher das journalistische prinzip...

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