Frog Eyes - Tears Of The Valedictorian



Was anderen die Broken Social Scene mit allen ihren Auskopplungen und Verfransungen ist für mich die Destroyer-Wolf Parade-Xiu Xiu-Frog Eyes-Achse, nahezu alles was aus dieser teils mehr teils weniger eng verbandelten Gruppe von Bands und all ihren Neben-, Solo- und Dazwischenprojekten in den vergangenen Jahren hervorkam gehörte schnell zu meinen Lieblingsplatten, und das bisher auch langfristig. OK, ausgenommen das Esoterik-Projekt der Schwester des ehemaligen Kabelschleppers von Blackout Beach, das fand ich nicht ganz so toll...
Jedenfalls war es merkwürdig und schade dass ausgerechnet Frog Eyes, die ich von allen als erste entdeckt habe (zugegeben, Xiu Xiu knapp 15 Minuten später), ihren Weg nie nach Europa gefunden hatten - bis jetzt. Tears Of The Valedictorian ist ihr viertes Album und heute auch hierzulande erschienen, und es ist gutmöglich ihr bisher bestes. Und das will was heißen.

Idle Songs heißt der erste Song zwar, doch von Leerlauf kann man hier kaum sprechen, die Mannen und Dame um Carey Mercer gehen gewohnt kraftvoll zu Werke. Mercer jauchzt, faucht, ooht, aaht, und mehr denn je singt er vor allem auch seine grandiosen Texte die sich bei den alten Römer, im wilden Westen, im russischen Zarenreich, ja in der ganzen Weltgeschichte abspielen. Wie eine mittlere Naturgewalt schüttelt er sich dass man instinktiv ein paar Schritte Abstand von der Musikanlage nehmen will. Dieser Tendenz wird aber durch harmonischer Melodiösität, manche sagen kurzerhand Pop dazu, so viel entgegengewirkt dass die anfängliche Abschreckung für Neueinsteiger niedriger ist denn je. Auch seine sanfte Seite zeigt Mercer hier wieder, nach The Partisan He's Got To Know vom letztjährigen Nebenprojekt Swan Lake habe ich bei Caravan Breakers, They Prey On The Weak And The Old sogar langsam den Eindruck der Mann ist ein Walzerfan.

Aber auch wenn Frog Eyes das was sie bisher schon toll machten weiterhin ganz toll machen zeigen sie sich hier noch fokussierter, schnell und hart und jederzeit sprungbereit wenn's sein muss, können aber auch über lange Strecken ein weiteres Klangfeld beackern. Wo es bisher nur zwei Frog Eyes-Song insgesamt gab die länger als 5 Minuten waren überschreiten hier gleich zwei der neun Stücke sogar die 7-Minuten-Grenze, eines davon, das grandiose und locker einen kompletten eigenen Eintrag werte Bushels, ist auf dem besten Wege mein liebstes Frog Eyes-Stück überhaupt zu werden.

Es fühlt sich an als ließe Mercer die Band auf diesem Album freier atmen, alles klingt weiter, klarer, offener, schöner. Nicht nur in den beiden Epen der Platte sondern auch sonstwo setzen die Instrumente ebenso starke Akzente wie Mercers scheinbar unübertönbares Stimmorgan (und seine königlich jaulende Gitarre).
In Stockades, einem so triumphalen Anfeuerer dass man beim Hören in der U-Bahn immer aufpassen muss nicht spontan die Faust in die Luft zu werfen und versehentlich Kinnhaken zu verteilen, hämmert Melanie Campbell stoisch hart auf ihr Schlagzeug während Spencer Krug bei der zweiten Strophe noch sanft seine Hände seitwärts über das Keyboard gleiten lässt um zum Refrain in das harte Stakkato der anderen einzufallen. Evil Energy, The Ill Twin Of... überrollt geradezu, ebbt ab, lässt eine süße Melodie heraustanzen nur um sie im Galopp wieder abzuhängen, sich aufzutürmen und erneut über unseren Köpfen herunterzubrechen. Und das war bloß die erste Minute.

Dosierte Wildheit hat Frog Eyes schon immer ausgezeichnet, mit dieser Platte haben sie in Sachen Bandzusammenhalt und Komposition noch einen Schritt nach vorne gemacht. Auch wenn den bei der ersten Deutschlandveröffentlichung wohl kaum einer bemerken wird, das Ergebnis spricht für sich.

[MP3] Frog Eyes - Bushels
[MP3] Frog Eyes - Caravan Breakers (Daytrotter Session)

Frog Eyes Myspace