Klaxons - Myths Of The Near Future
Von Uli am 18. März 2007, 20:52
Vorweg: Myths Of The Near Future ist nicht das beste Album aller Zeiten geworden. Was kein Grund zur Enttäuschung ist, hatte ja wohl kaum einer ernsthaft erwartet, hm? Es ist auch kein Stück Musik geworden das als Speerspitze einer neuen Musikbewegung hinhalten muss. Das hat aber weniger mit der Qualität der Musik zu tun als damit dass Klaxons mit der beiläufigen Postulation des Nu-Rave einer der größten PR-Coups der Popgeschichte gelungen ist, denn alle sind sie drauf reingefallen, Ja-Sager wie Nein-Sager. Der Name dieser Band und des Pseudo-Genres (dem sie von allen in einem Atemzug damit genannten Bands am allerwenigsten zuzuordnen sind) sind in aller Munde. Klar, denn Klaxons haben von den Meistern gelernt, sie haben das Manual der KLF gelesen und noch manch andere Anweisung daraus befolgt. Aus den 'goldenen Regeln' um eine Hit-Single zu schreiben:
Every Number One song ever written is only made up from bits from other songs.
Dass Klaxons kein Rave-Revival anstellen ist klar, sie sind eine Gitarrenband und vielleicht zwei der Songs auf diesem Album enthalten Rave-Referenzen, aber auch keine dominanten. Sie machen vor allem auch keinen modern Ferdinandesken Postpunk mit stampfenden Tanzrhythmen und abgehackten Gitarrenanschlägen im Gang Of Four-Stil. In eine Ecke kann man Klaxons unmöglich stellen, denn sie klauen schlau an allen Ecken und Enden der populären Musikkultur, gemeinsames Element ist den meisten Songs aber neben der Rockinstrumentierung (ergänzt um quietschige bis wabernde Keyboards) der oft ins Ätherische gleitende Falsetto-Gesang des Trios und die diversen literarischen Quellen entnommenen mythisch-mystischen Konzepte, für einen Pop-Act im Jahr 2007 irre erfrischend.
Was Myths zu so einem guten Album macht ist dass Klaxons auch über ihre Hitsingles hinaus noch genug Ideen auf Lager haben und die daraus entstandene Vielfalt, dass Magick, die infernalische Beschwörungsformel im Singleformat mit Grusel-Synths, gefolgt wird von dem so ungemein straighteren aber ebensowenig fremd wirkenden Oakenfold-Cover (It's) Not Over Yet. Oder dass man das einfach nur seltsame Isle Of Man, mit Rudertakt und Odyssee-Motiven, direkt neben dem einfach nur schönen Gravity's Rainbow findet, das fürs Album einer Runderneuerung unterzogen wurde. Wie um Klaxons' Status als neue heiße Tanzband absichtlich zu missachten tritt der groovende Bass schnell in den Hintergrund und wird von schrägem Gitarrenspiel übernudelt, das wiederum in der zweiten Hälfte in einem Meer von goldgelben Synthiesounds ertränkt wird aus dem Klaxons die Hände entgegenstrecken und auf die ganz große Reise einladen: Come with me, we'll travel to infinity.
Klaxons sind schamlos prätentiös in ihren textlichen Konzepten, quasi die Anti-Arctic Monkeys, eine eskapistische Alternative zu all den realistischen Umweltbetrachtungen britischer Gitarrenbands in letzter Zeit. Und tolle Popmusik machen sie auch noch daraus. Es muss nicht immer gleich eine Jugendbewegung sein.