The Apples In Stereo - New Magnetic Wonder



Gut dass man von digitalen Musikshops Alben nicht nur in Einzelstücken sondern auch als Paket zum Komplettpreis runterladen kann, sonst könnte jemand den Fehler begehen nur knapp die Hälfte des neuen Albums von The Apples In Stereo zu hören. Denn über die Verarbeitung eines einzelnen Motivs geht der Rest genau so selten hinaus wie über die Länge von 60 Sekunden und wäre somit nicht ernsthaft als Song zu bezeichnen, Füllmaterial sollte man meinen und somit auch unbedeutend.

Zunächst aber würde man damit den Aufwand verkennen der dahinter steckt, denn die Non Pythagorean Compositions basieren auf einer von Apples-Mastermind Robert Schneider mal eben erfundenen komplett neuen Tonskala (als Bonusmaterial enthält die CD u.a. ein Video auf dem Schneider begeistert geekig etwas von der Theorie dahinter erzählt), kurzgefasst ist das Merkmal dieser Tonalität dass die Abstände zwischen den Tonfrequenzen je weiter man die Tonleiter hochgeht logarithmisch kürzer werden. Aber nach mehreren Testläufen bin ich mir auch recht sicher dass New Magnetic Wonder ohne diese Einschiebsel, die Mellotrons, die Vokodersoli, die fremd klingenden kurzen nichtpythagoräischen Pianomelodien, nicht funktioniert.

Schneider hat ein tolles Gespür für unbeschwerte Popnummern mit leicht psychedelischem Anklang, seien es das überschwengliche Can You Feel It?, die etwas (aber nur etwas) reservierteren Play Tough und Radiation, die esoterischen Energy und Sun Is Out, das unwiderstehliche 7 Stars oder das wie für eine Autofahrt gemachte Same Old Drag. Hört man diese eingängigen Popsongs alle direkt hintereinander ergibt sich allerdings ein Problem, denn eingängig ist nicht gleichzusetzen mit simpel, hier werden oft so viele Spuren verwendet dass die Produktion kein Zuckerschlecken gewesen sein kann, und beim Hören fühlt man sich auch irgendwann überwältigt in gewisser Hinsicht, es bleibt nichts mehr hängen.

Abhilfe schaffen dem drei Dinge: Erstens die wohl letzten Songs von Hilarie Sidney für die Apples, Sunday Sounds und Sunndal Song, die zu den besten auf der Platte gehören und die weil sie etwas reifer wirken Schneiders Kompositionen sowohl ergänzen als auch kontrastieren.
Zweitens das schier gewaltige Beautiful Machine, der späte Höhepunkt des Albums in vier Teilen. In einem Wechselbad der Geisteszustände stolpert Schneider von Horror ("Paranoid in your sleep / and you have no voice") in Erleuchtungsvisionen ("Oh don't you know it's right / to be self-aware and filled with light / Oh don't you know it's wrong / we will be forgotten when we're gone"), und ihm folgt dabei eine Armada von Instrumenten die eine kosmische Sinfonie aufführt.

Und drittens eben die erwähnten kleinen Stücke, die Fragmente die den Ton und die Geschwindigkeit des Albums für ein paar Sekunden in andere Richtungen lenken, die dem Hörer Gelegenheit geben das letzte Stück sinken zu lassen oder das nächste vorbereiten. Oder einen auf den Boden der Tatsachen zurückholen, wenn Schneider nach der letzten großen Nummer Beautful Machine bedauert dass sein Treffen mit dem Hörer nun schon zu Ende ist: "Time has a way of just passing by / Can't you stay a little longer? / Can't you stay for dinner my friend?".

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