5mal Oscar

Good Night and Good Luck
Dass George Clooney mal sowohl einer meiner Lieblingsschauspieler als auch -regisseure werden könnte hätte ich mir vor 10 Jahren niemals träumen lassen. Am besten sind hier die langen, schnittlosen Szenen in denen Hauptdarsteller F. Murray Abraham seine Nachrichtenkommentare vorträgt. Dann nämlich ruht die Kamera nur auf seinem Gesicht, man hört nur seine Stimme, und doch sind es unglaublich packende und spannende Momente. Denn diese Momente entstammen einem politischen Drama das erschreckend aktuell ist aus amerikanischer Sicht. Damals wurde auf der Jagd nach einem unsichtbaren Feind lieber ein Unschuldiger ruiniert als dass man einen politischen Fehler eingestanden hätte. Wie weit wir doch seitdem gekommen sind...

Munich
Ganz unwissend in diesen Film hineingehend dachte ich zuerst es wäre ein Action-Drama das die Geiselnahme '72 erzählt. Aber weit gefehlt, dieses Ereignis wird lediglich als Ausgangspunkt genommen von dem aus Spielberg eine Geschichte über Rache und Gerechtigkeit erzählt. Dass das ganze kompetent inszeniert ist ist klar, es ist Spielberg. Aber dass er die Handlung in dieser Weise bis zum Ende konsequent durchzieht überrascht dann doch gewaltig. Schließlich ist dies der Mann der zwei Jahrzehnte lang meist gute Stories mit schnulzigen Happy Endings und einer Message über den Wert der Familie ruinierte. Spielbergs bester Film der letzten 15 Jahre mindestens. Allerdings in keiner Oscar-Kategorie der beste dieses Jahr.

Brokeback Mountain
Dieser Film ist nicht ein plumper Versuch einen amerikanischen Mythos subversiv zu unterwandern oder gar lächerlich zu machen. Dieser Film ist kein bloßes Statement einer homosexuellen Agenda. Dieser Film ist auch kein Western. Und auch keine klischeehafte Liebesschnulze.
Brokeback Mountain ist einfach eine ungemein behutsam gefilmte Geschichte vor traumhafter Landschaft und mit hervorragend agierenden Schauspielern. Hat jeden Oscar verdient den er kriegen kann.

Capote
Wahrscheinlich steht es auch in jedem anderen Review zu diesem Film, aber ich muss es trotzdem sagen: Seymour Hoffman spielt nicht Truman Capote, Seymour Hoffman ist Truman Capote. Wie er es schafft die verborgene Intelligenz und Gerissenheit hinter der Fassade des lispelnden, falsettostimmigen Exzentrikers rüberzubringen ist einfach nur bewundernswert.
Der Rest des Todesstrafendramas ist auch nicht schlecht, auch wenn das Drehbuch stellenweise etwas gestreckt wirkt. Interessant finde ich aber vor allem dass eine historische Geschichte in einem Stil gefilmt wurde der doch mehr an kontemporäre Independent-Dramen erinnert. Das gibt dem Film eine gewisse Gegenwartigkeit und ist mal eine nette Abwchslung von der üblichen Denkweise "Es spielt in der Vergangengenheit, also mach ich den Film in schwarzweiß".

Crash(deutscher Titel: L.A. Crash)
Warum dieser Film überhaupt nominiert wurde weiß der Geier, möglicherweise wollte der Schauspielerverband SAG damit ausdrücken dass man gerne mehr Filme mit 20 Hauptdarstellern machen sollte. Regisseur Haggis verknüpft rund ein halbes Dutzend meist nur halbgare Geschichten von Menschen in L.A. die irgend etwas mit Rasse und Vorurteilen zu tun haben. Dass alle verknüpft sind soll wohl deutlich machen dass das eben ein Problem ist das alle betrifft und von dem auch alle betroffen sind und so. Wie tiefsinnig. Das wurde in Syriana aber weitaus intelligenter gemacht, mal ganz abgesehen davon dass dessen Drehbuch auch weitaus besser war.
Denn wenn man die Geschichten hier losgelöst voneinander betrachtet kann kaum eine davon für sich allein stehen. Mal ganz abgesehen von geradezu peinlichen "Ich will einen Oscar!"-Einstellungen oder der Szene in der ein asiatischer Einwanderer mit großen Augen zum ersten Mal einen CD-Laden sieht, denn so etwas gibt es ja da drüben nirgendwo. Auch die darstellerischen Leistungen sind erschreckend mittelmäßig (auch wenn es amüsant ist anzusehen wie sich Sandra Bullock mal wirklich Mühe gibt), was es Matt Dillon um so leichter macht eine herausragende Vorstellung abzuliefern.
An und für sich kein schlechter Film, nur ärgerlich dass so etwas für einen Oscar nominiert wird.

Wenn ich die Oscars verteilen würde würden gewinnen:

Bester Film: Good Night and Good Luck
Beste Regie: Brokeback Mountain
Bestes Drehbuch: Syriana
Bester männlicher Hauptdarsteller: Capote
Bester männlicher Nebendarsteller: Matt Dillon in Crash
(bei den Darstellerinnen hab ich längst nicht alle Nominierungen gesehen)