The Walkmen - A Hundred Miles Off

Das Schlechte vorweg: irgendwas ist bei der Produktion von A Hundred Miles Off, dem dritten Album von The Walkmen, schiefgelaufen. Ihr Americana-geprägter Rock klingt eingezwängt, kann sich nicht richtig entfalten. Das wäre vermutlich nicht mal so ein großes Problem, wenn das Grandeur das ihren Songs sonst anhaftete hier noch klar im Vordergrund stehen würde. Dem ist aber nicht der Fall, die packenden Momente sind versteckt und prägen sich einem erst beim xten Hören ein.

Die große Ausnahme ist zum Glück das kraftvolle Eröffnungsstück Louisiana, ohne das ich vermutlich auch nicht so richtig den Zugang zu dieser tollen Platte gefunden hätte. Nach dem Gesang von Hamilton Leithauser wird der Song im Refrain von einer Trompeten- und Pianomelodie zu Unvergesslichkeit erhoben. Das war's aber auch schon in Sachen potentielle Singles, ein The Rat oder Little House Of Savages das einem breiteres Publikum gefallen und an dem man sich zum Einstieg in diese Musik festhalten kann wird man hier vergebens suchen.
Stattdessen gibt es zwar ebenso energetisch gespielte Stücke wie das frenetisch getrommelte Emma Get Me A Lemon und das zunächst etwas unangenehme All Hands And The Cook, auf dem Leithauser über vernebelter Orgelei nahezu krächzt, bis urplötzlich eine überaus feine Karibikmelodie den Nebel lichtet und warme Sonnenstrahlen hereinlässt. Dieser Song zum Beispiel (siehe weiter unten) präsentiert sich bei Weitem besser in einem Liveumfeld, alles hat mehr Hall, wirkt größer, freier.

Was sich die New Yorker, die mehr wie Calexikos Wüstennachbarn klingen, im Studio gedacht haben vermag ich nicht zu sagen. Vielleicht war es ein Streich um Musikkritiker zu ärgern die Platten vor einer Meinungsbildung nur ein Mal hören. Aber A Hundred Miles Off wird ungemein viel besser wenn man durch mehrfaches Hören (und evtl. Vergleiche mit Liveaufnahmen) ein Gefühl dafür bekommt wie die Songs klingen sollen.
Denn die Songs selber sind wie immer klasse, es gibt herrlich klare Gitarrenarrangements (Good For You's Good For Me) ebenso wie leicht schräge die dann aber dann in Leithausers von massig Percussions begleiteten mitreißenden Gesang überleiten (Don't Get Me Down (Come On Over Here) und Tenleytown, die beide seit Wochen meinen Kopf nicht mehr verlassen wollen). Auch ein oder zwei flott gespielte Kracher (Always After You ('Til You Started After Me), This Job Is Killing Me) wissen die Walkmen aufzuweisen, wenn auch keiner davon gegen The Rat ankommt. Und zum Schluss gibt es noch ein exzellentes Dylan-Cover von Mazarins Another One Goes By.

Wenn man noch nie eine Platte der Walkmen gehört hat werden einem die Unzulänglichkeiten im Sound vielleicht gar nicht so sehr auffallen. Walkmen-Fans würde ich aber in jedem Fall empfehlen die Platte aus einem etwas anderen Blickwinkel als die bisherigen zu betrachten. Sie hat durchaus Klasse, diese ist aber diesmal schelmenhaft versteckt worden. We've been had!

[MP3] The Walkmen - Louisiana
[MP3] The Walkmen - Another One Goes By
[MP3] The Walkmen - All Hands And The Cook (live)

The Walkmen Myspace

Flo (Gast) - 9. Mai, 22:34

Gute Rezi...

...aber another one goes by ist kein dylan cover, wurde von einem bekannten der band geschrieben

uliuli - 10. Mai, 08:47

Völlig richtig (und danke), die Nummer ist von Mazarin. Weiß der Geier wie mir dieser Blödsinn in den Kopf gekommen ist...