The Mary Onettes - Evil Coast

Und schon haben wir das erste Stück Post-Service-Pop. Dass Dan Lissvik mit The Mary Onettes bereits Anfang des Jahres auf ihrer Love Forever-EP zusammenarbeitete, wurde in deren doch noch recht typischem Labrador-Indiepop-Sound weniger deutlich als bei seiner(auch demnächst fortgesetzter) Young-Galaxy-Kollaboration. Stärker schon scheint das bei der ersten Single des nächstjährigen Albums Hit The Waves durch, erst recht in der auf Spotify zu findenden Komplettfassung, welche die sanft-funklige Getragenheit um wellenumschwemmt-handperkussive Mittel- und Outro-Sektionen erweitert. West Coast forever.

[Stream] The Mary Onettes - Evil Coast (Radio Edit)

Stream: Dominik Eulberg - Ein Stückchen Urstoff

Dominik Eulberg spannt die Flügel aus. Nach dem formidablen Diorama folgt nun die EP Ein Stückchen Urstoff, die seinen Blick vom Mikrokosmos des Waldes gen Makrofokus, von Lupe zu Teleskop zu verschieben scheint,, spaciger hallen Beats und Melodien, behalten dabei jedoch eine traumhafte Wärme anstatt in der Kälte des Alls zu frösteln.

[Spotify] Dominik Eulberg - Ein Stückchen Urstoff

Marcus Marr - The Music

Ein Hoch auf die Euro Disco! Nicht nur Lindstrøm und Terje haben ein fideles Jahr, der Brite Marcus Marr hat für seine Single The Music einen sprungelastischen Groove maßgeschneidert, der mit jeder nordöstlichen Konkurrenz mithalten kann. Zu wüstem Genudel und -streiche mutiert das Stück kontinuierlich, hier mal was Vocal, da mal ein Percussion-Streuer, bis es in einem goldigen Solo gipfelt.

[Stream] Marcus Marr - The Music

Service: The End Of Fame

Gestern ging eine Ära zu Ende. Sie begann im Dezember 2001, als Studio mit ihrer ersten Single gleichzeitig Service seine erste Veröffentlichung bescherten. The End Of Fame, eine Piano-Gniedelgitarren-Kammernummer, war weit von dem entfernt, was Studio schon bald darauf zu entwickeln begannen - doch in seinem Sentiment weitaus typischer für das Göteborger Label, das dem Schwedenpop eine neue Identität verleihen sollte.

Nach zwei weiteren Singles verließen Studio Service, um fast ein halbes Jahrzehnt später wieder mit ihrem eigenen Label Information aufzutauchen. Über den Verlauf eines Albums und zweier Compilations etablierten sich (und mitlancierten das Balearic-Revival) Dan Lissvik und Rasmus Hägg mit ihrer traumhaft schönen Balearic-Dub-Synthpop-Fusion, leichtfüßig und göteborgisch sonnengeküsst wie so vieles, was dem Großvater Service entwuchs. Mittlerweile sind die beiden vor allem solo als Remixer und Produzenten aktiv - Letzterer produzierte gerade zum zweiten Mal für El Perro Del Mar, Lissvik fürs vorletzte Album von Taken By Trees und Young Galaxy, an deren nächstem Album er ebenso arbeitet wie an dem der Mary Onettes.

Ähnlich verlief die Geschichte von The Tough Alliance, den Göteborger Pet Shop Hooligans. Über smartes Lebensgefühl-Sloganeering starteten sie bald nach ihrem 2005er Service-Debütalbum The New School ihr Label Sincerely Yours, das wiederum schon der nächsten und ebenso Saint-Etienne-vernarrten Göteborg-Generation aus Air France, The Honeydrips oder jj eine Heimat bot. Das von Service begonnene (und Factory-inspirierte) schelmische Merchandising trieben sie dort ebenso voran wie ihre sehnsüchtig samplende, melancholisch-verwaschene Sound- und Videoästhetik, die in amerikanisierter Form bald darauf in Form von Chillwave aggressiver gen retro mutierte. Auch The Tough Alliance trennten sich nach zwei weiteren Alben, doch bislang ist Eric Berglund noch als Labelbetreiber und solo als ceo am Steuer von Sincerely Yours geblieben, während Henning Fürst wiederum das jüngste Werk von Taken By Trees produzierte.

Auch Erlend Øyes The Whitest Boy Alive nannten Service kurzzeitig Heimat, Jens Lekman brachte dort von Beginn an nahezu seine gesamte Diskographie in seinem Geburtsland raus. Die Service-Band schlechthin waren aber wohl The Embassy. Nicht nur weil sie ein Duo waren, auch verankerten sie mit ihrem Nu-Order-Pop zu Akustikgitarren, Nasalgesang, Tropenpercussion und warmen Synths nahezu alle typischen Parameter des Göteborg-Sounds bereits auf ihrem 2002er Debütalbum Futile Crimes.

So war das Ende von Service wohl schon abzusehen, als The Embassy vor einer Woche verkündeten, Service zu verlassen - zugunsten des bislang unbekanntes Labels Press, dessen Homepage wie so viele andere aus dem Göteborg-Umfeld aus einer Mischung aus kryptischen Proklamationen und einem visuellen Alltags- und Popkultur-Sammelsurium bepflastert ist, wie es heutzutage kulturelle Tumblr-Normalität geworden ist.

Nachdem sich Studio bereits Anfang des Jahres offiziell trennten, zwei Monate darauf gefolgt von Air France, fühlt es sich nun an, als würde endgültig ein dekadelanger Sommertraum zu Ende gehen. Doch das Kind Sincerely Yours steht noch, Enkel wie Korallreven und Southern Shores gibt es zuhauf, Sounds, Menschen und Ideale haben sich von Service in alle Ecken der Welt verbreitet - das ist mehr, als so ziemlich jedes Label von sich behaupten kann. Vielleicht wird es Labels mit solch speziellem, nachverfolgbarem Einfluss nie wieder geben.

Zum Abschied: Servicide