Halbzeit

Meine 20 Lieblingsalben der ersten Hälfte 2008, sofern gefunden mit Link zum kompletten Albumstream. Da im Juli eh nicht soo viel rauskommt ist das ja ne gute Zeit um vielleicht das eine oder andere nachzuholen.


Blank Dogs - On Two Sides
Eine echte Sensation, der dauerproduktive Blank Dogs bringt hier nicht nur einen ganzen Longplayer voller hochmelodischem Zombiepop/Synthpunk sondern auch noch seine bisher beste Veröffentlichung heraus.


Cut Copy - In Ghost Colours
Ein Dance-Album das man dank des Fokus auf die tollen Melodien und der Übergänge zwischen den Highlights auch abseits der Tanzfläche genießen kann. Wäre mein Lieblingsalbum wenn's nicht so laut produziert wäre.


Fuck Buttons - Street Horrrsing
Nicht das erste Album das Noise sommerlich-poppig macht, aber wegen seiner relativ zugänglichen Art und durchgängigen Qualität zu Recht das populärste.


Jay Reatard - Singles 06/07
Der Meister catchiger Garagepunk-Nummern versammelt endlich seine Solo-Veröffentlichungen vor und nach Blood Visions die längst nur noch zu Irrsinnspreisen ersteigerbar waren auf einem Tonträger. I Know A Place, Let It All Go, All Over Again, Hammer I Miss You... wer sonst schreibt zur Zeit so viele so gute Songs?


John Maus - Love is Real
Rauschige Synthträume zwischen Romantik und Italo-Horror, einfach sehr schön anzuhören.


Johnny Foreigner - Waited Up Til It Was Light
Ein paar Gründe warum man Johnny Foreigner lieben muss:
- Hold On Now, Youngster... - Twee = ein ebenso großes und spaßiges Album
- Exzellente Songs in halsbrecherischem Tempo
- Die Bassistin singt nicht nur, sie kann sich auch die Kehle aus dem Leib brüllen
- Das Design! Sooo spaßig (und Deerhoof-mäßig mit 7 auswechselbaren Covern)
- Zeilen wie "We like to watch the fights break out and end in grief from these cheap plastic seats, and hold each other a little closer." Alternativ: Der korrekte Plural von 'Ninja'.


Lichter - Lichter
Wann gab es zuletzt ein so gutes deutsches Debüt? Oder ein so gutes deutsches Album punktum? Große Klasse, auch wenn ich's live immer noch lieber mag.


The Long Blondes - Couples
Geben sich nicht mit nem risikoarmen 08/15-Zweitling zufrieden, stattdessen stilistische Expansion und handwerkliche Verbesserung die zu einem fabelhaften zweiten Album führt.


Los Campesinos! - Hold On Now, Youngster...
Eine Band die man sich kaun besser hätte ausdenken können, Briten mit Tweexcore in US-Tradition, kanadischem Kuddelmuddelsound und Songs über Musikfestivals, für Feminismus und zum Tanzen im Schlafzimmer.


The Mae Shi - HLLLYH
War eigentlich klar dass The Mae Shi irgendwann mal einen Internet-Hit haben mussten, bei der Menge an catchigem Material die sie produzierten. Aber auch wenn HLLLYH ihr fokussiertestes Album ist, 'erwachsen' kann man es kaum nennen, denn neben Run To Your Grave zuckt und quietscht es nervös wie eh und je.


M83 - Saturdays = Youth
Fängt den Geiste eines 80er-Teenfilm-Soundtracks so gut ein dass man am liebsten John Hughes 20 jahre verjüngern würde um auch passendes Bildmaterial zu haben.


No Age - Nouns
90er-Indierock-Revival in Rauschig & Sommerlich


Ponytail - Ice Cream Spiritual
Der schiere spaßige Wahnsinn. Ein Ritt auf einer Weingummi-Achterbahn mit Deerhoof und Boredoms, punkige Sonnenanbetung vom Feinsten mit einem betrunkenen Zaubertroll am Mikro und dem Tier aus der Muppet Show an den Drums.


Rings - Black Habit
Eine Platte die einen zum Hören geradezu einlädt, die einen beim Hören umgibt und voller Wärme bezaubert. Von kaum jemandem bemerkt worden, wahrscheinlich weil sie ganz am Jahresanfang rauskam, aber zum Nachholen ist es nie zu sät. [mehr]


Stephen Malkmus & The Jicks - Real Emotional Trash
So ziemlich das völlige Gegenteil von "krass". Entspannt, gemütlich, gut. Malkmus' beste seit Pavement?


Times New Viking - Rip It Off
90er-Indierock-Revival in Rauschig & Laut [mehr]


Titus Andronicus - The Airing Of Grievances
Folkig, punkig und nie richtig nüchtern. Klingen Desaparecidos so ähnlich dass man meinen könnte Conor Oberst hätte die Band incognito reaktiviert, dazu anschwellende Gitarren wie sie ...And You Will Know Us By The Trail Of Dead vor ihrer Namenskürzung so fabelhaft vom Stapel ließen.


Vampire Weekend - Vampire Weekend
Schreib ein paar schöne Melodien, schalt den Gitarren-Verzerrer aus und fertig ist das frische Sommeralbum. Wenn es doch immer so einfach wäre ...


Why? - Alopecia
Eine Platte mit so dichtem Sound sollte eigentlich in dieser Länge zuviel sein, und doch schafft es Yoni Wolf dass man sich nie erdrückt fühlt und füllt die Platte vor allem durchgängig mit Ohrwürmern die einen immer wieder aufhören lassen.

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Wolf Parade - At Mount Zoomer
Was für andere erst das dritte oder vierte Album ist gelingt Kroeckner & Co schon hier, ein stilistischer Quantensprung der Wolf Parade proggiger und psychedelischer neu erfindet. Geblieben aber ist die Qualität des Songwritings.

Zur Abwechslung mal Leute die nachdenken

Ich kann mich einfach des Eindrucks nicht erwehren dass fanatische Pitchfork-Hasser nur einen Teil der Seite lesen (i.e. die News und die Zahlen über den Reviews), längere Texte wie Tim Finneys Gedanken zu "Balearic", das letztjährige Interview mit P.J. Harvey oder die Kolumne von Tom Ewing gehören regelmäßig zu den interessantesten und lesenswertesten Musiksachen die es online gibt. So auch Ewings Poptimist 16 vom letzten Freitag über eine kreative Industrie die, ähnlich wie heute viele andere, vor ein paar Jahren schon totgesprochen wurde und sich dennoch weiterhin auf den Beinen hält.

"Just as the music business, desperate to shore up its remaining purchasers, gives deluxe reissue treatment to records barely a decade old, so the comics industry turns to continuity cannibalism, strip-mining the past to excite jaded loyalists. DC brings the Flash back from his 1985 death, Marvel decides Spider-Man's 1987 marriage never happened: fans cheer or recoil, and the slow sales decline is interrupted for a while."
Und wo wir gerade bei lesenswert sind, hier ist Eric Harvey über zwei typisch Wired-mäßige Web 2.0-Technologie-Bullshit-Artikel.

Neues Von Oxford Collapse, The Mae Shi


Und schon wieder gibt es Neues zu hören von der einzigen Band deren Gesang zu exakt 50% nach Superchunk klingt. Nach EP- und Singleveröffentlichung müssten Oxford Collapse ihren Fans Anfang August eigentlich eine Runde ausgeben, denn ihr zweites Album auf Sub Pop ist für den schnappszahligen 08.08.08 geplant. Jegliches Gerede dass BITS ein monströses Doppelalbum werden solle war wie vermutet nur Rumgescherze, passend für eine Band deren lockerer Frohsinn sich auch in ihrer Musik wiederspiegelt, das erste der schlanken 11 neuen Stücke kann man sich dafür jetzt schon mal anhören. So rauschig dass es schon bald als No Age-Kollabo durchgehen könnte:

[MP3] Oxford Collapse - The Birthday Wars


"Frohsinn" haben sich auch The Mae Shi schon immer auf die Fahne geschrieben, und das meine ich nicht unbedingt metaphorisch, es würde mich nicht wundern wenn die wirklich eine Bandfahne besäßen. HLLLYH, ihre vorzügliche Spaß-Spaz-Version eines biblisch-apokalyptischen Konzeptalbums, ist bei uns schon länger draußen, höchste Zeit also für Nachschub von der Gruppe die vor ein paar Jahren noch täglich mit einer neuen Idee anzukommen schien. See You Again, zu hören dank Pitchfork, ist ein Song des Disney-Popstars Miley Cyrus und damit schon ein klarer Kandidat für eine bliepigere, extrem catchige Neuauflage von Team Shi.

[MP3] The Mae Shi - See You Again

Rock Harder!


Stephen Malkmus - Discretion Grove

Zwischen Real Emotional Trash-Hören und dem Ansehen vom Vampire Weekend-Video kam mir eben ein anderes Video in den Sinn das in einem einzigen Take aufgenommen wurde (OK, den Kopf oben rechts ausgenommen, der war mir aber früher auch nie aufgefallen), das ich aber bisher nie im Internet auftreiben konnte. Nun hat aber vor ein paar Monaten endlich jemand das Video zu Discretion Grove von Stephen Malkmus' erstem Soloalbum dort hochgeladen und es ist noch genau so wie ich es in Erinnerung hatte, einfallsreich, schlampig und abartig sympathisch.

"Ach, die verdienen doch eh total viel mit Touren"

Das ist immer eine dieser schönen Ideen die man im Zusammenhang mit sinkenden Musikkäufen hört, dass Musikaufnahmen (wodurch finanziert?) doch eh nur Werbung für die Liveauftritte einer Band seien und daher doch gleich verschenkt werden könnten. Ohne Belege für diese Behauptung bin ich dem gegenüber immer sehr skeptisch gewesen, als regelmäßiger Konzertbesucher stehe ich zu oft in weniger als halb gefüllten Säälen um glauben zu können dass abgesehen von den großen der Branche viele Bands mit Touren gut über die Runde kommen.

Und jetzt kommen auch noch steigende Tourkosten dazu, in den letzten Tagen haben gleich mehrere Seiten über die zunehmenden Probleme kleinerer (und besonders auch neuer) Bands berichtet für die größere Touren aufgrund der hohen Benzinpreise einfach nicht mehr finanzierbar geworden sind:

"When the rise of file-sharing culture in 2000 looked to cut deeply into CD sales, musicians could take comfort knowing that they made most of their money on the road. Langford, who joined the Gourds in 1998, figures the band is on the road about six months out of the year. A solid two-week tour here, a weekender there, all add up to playing 100 to 150 shows a year, closer to the latter in the past four or five years.

But as gas prices hover near $4 per gallon and show no signs of decreasing, many bands are taking losses on touring and soon might not be able to afford to tour at all."

Klar wird da mancherorts sarkastisch kommentiert dass das doch positiv sei, so könnten sich nur noch die "guten" Bands das Touren leisten. Aber erstens muss jede Band die nicht sofort in den Himmel gehypt wird (und selbst wenn noch oft genug) mal klein anfangen, und zweitens geht das von der naiven Annahme aus dass die "Qualität" der Musik immer mit den Besucherzahlen übereinstimmt (und noch schlimmer dass nur Musik die ein großes Publikum hat es wert wäre so gehört zu werden). Wer das ernsthaft glaubt schalte mal die nächste Ausgabe von "The Dome" ein, da gibt es die Künstler zu sehen denen die Benzinpreise egal sein können.

Future Islands


Eigentlich wäre ich jetzt schon seit Monaten im Besitz des Debütalbums von Future Islands aus Dan Deacons Ecke von Baltimore, aber wie das manchmal so läuft wenn man sich nicht nur für die "großen" Bands der Welt interessiert schlug das Unglück zu und ihr Label ging pleite kurz nachdem ich Wave Like Home geordert hatte. Nächsten Monat aber bringt das geschmackssichere UTR die Platte endlich heraus, bin auch nach der verlorenen Zeit noch darauf gespannt denn die Songs die man davon schon hören kann wie das gebellt-soulige Beach Foam haben nicht an Reiz verloren.

[MP3] Future Islands - Old Friend
[Video] Future Islands - Follow You

Future Islands' Myspace

I FUCKING HATE KULA SHAKER!


Also ja, habe gerade nachdem es fast exakt ein Jahr in meinem Regal stand endlich Kieron Gillen und Jamie McKelvies Phonogram: Rue Britannia gelesen, dazu Kenickie, Elastica, Pulp, Long Blondes und Pipettes gehört und kann nur sagen: wow. Das beste Leseerlebnis das ich seit sehr langer Zeit hatte (noch besser als Scott Pilgrim 4), eine Geschichte über Musik, wie sie uns verändert, emotional, historisch und charakterlich, aber auch wie wir sie verändern. Über Jugend, Jugendbewegung, Idolisierung, Mythifizierung, Oberflächlichkeit, Nostalgie, Retro, Indie, Pop, Großbritannien und einen John Constantine ähnlichen Bastard von einem Protagonisten der auf der Suche nach der sterbenden Göttin seiner identitätsstiftenden Jugendmusik sich selbst erkennen muss. Sehr einladend und sauber in Szene gesetzt von McKelvie und in dieser Form wohl auch nur in diesem Medium machbar, dabei natürlich voller Musikreferenzen die man zur Not hinten im Glossar nachschlagen kann und mit einem Vorwort von Luke Haines.

Phonogram Preview & Podcast

Und wie ich gerade sehe ist der zweite Teil bereits in Arbeit, musikalisch geht's aber klar in die Gegenwart und (irgendwie überrascht mich das kaum) genau zu den Bands die ich gerade eben beim Lesen gehört habe.