Konzert: Arcade Fire



Im Vorfeld des Kölner Konzerts von Arcade Fire gab es manch Geächze und Gestöhne zu lesen. Natürlich als und weil der erste Termin im Frühjahr ausfiel, aber auch schon vorher als die Veranstaltung ins Palladium verlegt wurde. Da ich da bisher nur einmal gewesen war (bei einem Punkfestival an das meine Erinnerung so verschwommen ist dass mir später erklärt werden musste welche Bands ich dort gesehen hatte) konnte ich mir nicht so recht vorstellen warum der Laden so unbeliebt ist, doch jetzt habe ich auch meine unangenehme Erinnerung daran. Zum einen war der Sound, und sowas scheint mir sonst nahezu nie aufzufallen, nicht allzu gut, stellenweise sogar so schlimm dass ich unwillkürlich das Gesicht verzog als hätte ich Verstopfung.

Zum anderen ist das Palladium so designt dass der große Teil einer Seite des Konzertsaales zum Eingangsbereich hin offen ist, das macht sich zwar bei einem Grobrand sicher ganz gut allerdings quollen so die vorderen Reihen komplett voll, denn von der Seite war der Weg weitaus kürzer als in anderen Hallen in denen man sichseinen Weg auch noch von hinten nach vorne durchkämpfen muss. Und dabei war es angeblich insgesamt noch lange nicht ausverkauft, trotzdem war ich die meiste Zeit so eingequetscht dass ich nicht die Füße bewegen konnte, nicht sonderlich angenehm bei dieser Band.

Trotzdem bin ich froh hingegangen zu sein, denn Arcade Fire sind immer noch eine der besten Livebands der Welt. Da sie Laika nicht spielten gab es eine Wiederholung der spaßigen Bühnenschlägerei vom Monsters Of Spex vor 2 Jahren nicht zu sehen, doch auch ohne eine solche Einlage wurde vorne nicht nur musikalisch jede Menge geboten. Das Bühnendesign der aktuellen Tour ist atemberaubend selbst wenn man es vorher schon mal auf Videos gesehen hat, die Bühne steht voller leuchtender Stäbe und bläulich schimmernder runder Monitore, die Band war zu neunt oder zehnt und nahm problemlos die ganze Bühne ein. Samt Instrumenten, darunter eine wirklich nicht kleine Orgel hinten links (obwohl ich mir nicht sichr war ob die echt war oder nur eine Attrappe) die bei Intervention so richtig zur Geltung kam.

Da ging das Konzert so richtig los das mit Keep The Car Running, No Cars Go und Black Mirror mit den vergleichsweise verhaltenen Stücken des neuen Albums begonnen hatte, nach einem Intro bei dem die Bildkreise eine Teleevangelistin zeigten die von einem Geiste ergriffen zu sein scheint. Auch während des Konzerts waren auf den Kreisen (einer davon war sogar auf der Bassdrum) und auf der großen Projektion im Hintergrund immer wieder Bilder vom Neon Bible-Artwork (das sich auch auf der Albumseite findet) zu sehen, die leuchtende Bibel selber natürlich, die im Wasser treibenden Körper u.a. Bemerkenswert hierbei dass für die neuen Stücke die Beleuchtung stark umschlug, nahezu alles was ans neue Album erinnerte wurde ausgeblendet, das Licht vorne dafür heller gemacht und die Monitore zeigten die von zahlreichen Minikameras gefilmt werdenden Kanadier bei der Arbeit. Da das Konzert bis auf zwei Ausnahmen eh in die Hälften altes / neues Material geteilt war entstand dabei kein großes Hin und Her, es machte aber den Kontrast zwischen beiden noch deutlicher.

So war dann die zweite Hälfte, auch dadurch dass der Soundmann irgendwann auch den dröhnigen Bass in den Griff bekam, weitaus losgelöster auch vom Publikum her das munter mitsang auch wenn der letzte Ton schon lange verklungen war, wer Platz dafür hatte tanzte auch hier und dort. Was nicht heißt dass das neue Material live nicht so gut ankahm, wie auf Platte ist es aber eben anders. My Body Is A Cage gefiel mir von allem an diesem Abend am besten, während die Klänge der Orgel Gänsehaut erzeugten stand Sängerin Régine mit ihrer Seite zum Publikum gewandt und haute so feste auf die Trommeln vor ihr ein dass man jeden Einschlag der Klöppel spürte. Überhaupt war sie auf der Bühne das Highlight, striff immer wieder wie ein Ghoul herum dass man nicht wusste ob man erschrocken oder erotisiert sein sollte. Zwischen den Stücken blieben die meisten anderen kaum ruhiger, häufiger Instrumentenwechsel ist weiterhin bei Arcade Fire an der Tagesordnung.

Zwischendurch entschuldigte sich Win Butler für den Ausfall der Tour, war auch sehr erfreut dass sie nicht schon wieder auf "another fucking Festival" spielen mussten sondern vor einem Publikum für das die Band zum ersten Mal seit mehreren Monaten auch wieder Crown Of Love spielte. Da konnte sich keiner schlecht behandelt fühlen, und spätestens als nach dem finalen Wake Up Gesangschöre die Halle erfüllten dürfte es wohl den meisten wie mir gegangen sein, voller Wärme und frei von Sorge und verdammt froh da gewesen zu sein. Bei anderen Bands werde ich mir trotzdem einen Besuch des Palladiums mehr als zweimal vorher überlegen.

Au-lait - 27. Aug, 09:15

Schöner, angenehm treffender Text. Muss mal schauen, wann und wie ich meinen noch zusammenschraube. Geplant ist's.

uliuli - 27. Aug, 09:51

Das war glaub ich das erste Mal dass ich mehr als einen Tag später über ein Konzert geschrieben habe, von dem Abend sind mir einfach so intensive Erinnerungen geblieben dass ich meine sonstige Sorge um ein zu löchriges Gedächtnis überwinden konnte.