Konzert: Grizzly Bear

Grizzly Bear sind wohl wirklich vom Pech verfolgt. Hatten sie es dieses Mal doch endlich auf eine Kölner Bühne geschafft so war der Saal vielleicht mal halb gefüllt, denn mit Interpol, 31 Knots, den Pet Shop Boys und Burning Star Core gab es reichlich Musikprogramm in der Domstadt am gestrigen Freitagabend. Das war aber nicht das Problem, vielmehr waren ihnen beim Flug nicht nur eine Gitarre und ein Verstärker kaputtgegangen sondern auch ihr Soundmensch abhanden gekommen. Was sie jedoch alles nicht daran hinderte einen herrlichen Abend zu gestalten.



Zuvor aber durchhauchte Danielle Stech-Homsy alias Rio En Medio den Saal, größtenteils stand sie dabei hinter einem mit Lichterkette behangenen Tisch voller verkabelter Gerätschaften, eine davon sah aus wie von Fisher-Price gemacht. Besonders weil ihre kratzige, moderne Folkmusik mich am ehesten an die Mitglieder des Fonal-Labels wie Arvo Part, Islaja oder Paavoharju erinnerte dachte ich sie käme aus Finnland, tatsächlich aber wohnt sie in Brooklyn. Dort hat sie vermutlich auch die Jungs von Grizzly Bear kennengelernt, die sie bei einem Stück mit Handklatschern und Ed Droste an den Elektronikgadgets unterstützten während sie auf einer Minigitarre/Riesenukulele klampfte. Erfreulicherweise wird sie im Juni noch für ein paar Konzerte mehr nach Deutschland kommen wenn sie Cocorosie auf deren Tour begleitet, denn live gefielen mir ihre Sachen noch um einiges besser als die Aufnahmen die ich im Netz finden konnte.

[MP3] Rio En Medio - Girls On The Run

Danielle Stech-Homsy Myspace



Die warme Atmosphäre die Yellow House so einzigartig machte, die sanft aufeinandergelegten strukturen wurden auch live rekreiert, Grizzly Bear gehen aber als Liveband noch über ihre Aufnahmen hinaus. Besonders dank des passend benannten Drummers Christopher Bear, der aus den im Verlauf des Konzertes immer häufiger auftretenden Stücken mit Rockelementen wie Little Brother stellenweise so intensive Rocknummern machte dass man an Dan Boeckners Wolf Parade-Songs erinnert war. Noch so eine Band mit mindestens zwei Frontmännern.
Ein bisschen wie Deerhoofs Greg Saunier schien Bear oft nicht stillhalten zu können, trommelte ständig auf ein Element seines Drumkits, das allerdings oft ganz sanft mit bloßen Händen. Auf der linken Seite hechtete der beeindruckend hochstimmige Christopher Taylor hin und her zwischen Bass, Klarinette, Querflöte und anderen Blasinstrumenten und hantierte in unbequem aussehenden Hochpositionen mit einem knappen Dutzend Pedalen und anderen kleinen Kisten die in einen gewaltigen Kabelsalat mündeten, viele der akustischen Feinheiten gingen auf seine Kappe.

Dazwischen standen die beiden Songwriter und Sänger der Band, Dan Rossen und Ed Droste. Wobei solch Rollenverteilung bei Grizzly Bear nicht mal auf zwei Leute festgelegt werden kann, Sänger sind sie alle und beeindruckten mit herrlichen Gesangsharmonien (die sie im Verlauf des Abends in so ziemlich jeder möglichen Dreierkombination anstimmten). Dabei gab es natürlich vor allem Material von Yellow House zu hören, aber auch ältere und neuere Favoriten wie das Crystals-Cover He Hit Me (It Felt like A Kiss) wussten die Hörer hinzureißen. So sehr dass trotz aller Versuche das Konzert pünktlich für den anschließenden Tanzabend zu beenden die vier nochmal vom Applaus auf die Bühne forciert wurden und als Zugabe ein weiteres Cover gaben, Deep Blue Sea, mit dem im Kopf die anschließende Bahnfahrt über die Deutzer Brücke und der Blick auf den bläulich erleuchteten Rhein denkwürdig wurde. Oh, und ihren Soundmenschen haben Grizzly Bear auch noch wiedergefunden, er tauchte in der Mitte des Konzertes auf einmal auf. Hoffentlich hat die Pechsträhne damit ein Ende.

[MP3] Grizzly Bear - On A Neck, On A Spit
[MP3[ Grizzly Bear - Daytrotter Session (u.a. mit He Hit Me)

Grizzly Bear Myspace

R.R.R. (Gast) - 12. Mai, 21:52

Ja, ja!

Seh ich ganz genauso! Lustig, wie sich meine und deine Rezension sich ähneln : )
Waren wirklich so wenig Publikum anwesend? Als ich mich umdrehte, hab ich nur Köpfe gesehen...

uliuli - 13. Mai, 00:05

Stimmt, auch ein halbvolles Gebäude 9 beherbergt eine ordentliche Menge an Publikum. Vielleicht ist meine Perspektive seit dem !!!-Konzert etwas getrübt, da war der Saal über seine Kapazität hinaus gefüllt. Und wegen der Ähnlichkeit, "Great minds think alike" ;)
Thomas (Gast) - 14. Mai, 12:01

War schon ziemlich leer, aber ein sehr sehr schönes Konzert.

War direkt links vorne vor Herrn Taylor.

Ist der bei Knife wirklich so hoch gekommen, oder war das was hochgepitched? Beeindruckend.