70 aus 2007 Teil 7

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Platz 34
Shocking Pinks - Shocking Pinks

Ich gehe jede Wette ein dass Nick Harte in seiner Jugend so manche New Order-Platte gehört hat. Doch obwohl seine vernebelten Popsongs als Shocking Pinks an diese und andere große britische Bands der 80er erinnern will ein Vergleich nicht so richtig zustande kommen, denn Harte wickelt seine schönen Kompositionen in einen Lo-Fi-Mantel und lässt sie, als wären sie noch nicht schwer genug greifbar, Träumen ähnlich oft einfach vorbeigleiten. Grizzly Bear im Rockgewand? Girl On The Northern Line z.B. wäre im Yellow House kaum fehl am Platz. Shocking Pinks' erste Veröffentlichung bei DFA ist eine vielfältige doch irgendwie kohärente Sammlung von hierfür neu abgemischten Stücken der Alben Mathematical Warfare und Infinity Land welche außerhalb von Neuseeland nur schwer bis extrem teuer zu finden waren, und wer sich fragt warum sowas bitte bei DFA erscheint der spule einfach zu Smoke Screen vor, da kommen nämlich die Kuhglocken (Whoo! Yeah! Uh-huh!).

[MP3] Shocking Pinks - I Want U Back

Platz 33
Melt-Banana - Bambi's Dilemma

Internethandys. 3D-Drucker. Unsichtbare Kleidung. Pizza mit Mayonnaise-Shrimp-Rand. Was einst wie Science Fiction erschien wird immer mehr von der Gegenwart eingeholt, so machen auch Melt-Banana schon seit langem Punk der aus der Zukunft zu kommen scheint. Mit Cell Scape schienen die Japaner vor 4 Jahren den Schritt zu längeren, fassbaren Songs gemacht zu haben, doch bis auf den Psychedelia-Trip von Type: Ecco System heißt die Devise mittlerweile wieder "Kurz, schnell und heftig." Trotzdem ist das 18 Tracks umfassende Bambi's Dilemma zugänglicher als ältere Alben, die Melodien sind eingängiger und die Hooks catchiger geworden. Ein famoses kunterbuntes Spacepunk-Massaker entsteht bei dem die Gitarre von Agata durch eine Parade von Effektgeräten gejagt wird bis die seltsamsten Klänge entstehen, Sängerin Yasukos hohe Vocals sind wie immer auf dem halben Weg zum Gebell und werden sogar im auf den Hund gekommenen Dog Song ganz dazu. Dazu zucken zahlreiche cartoonige Effekte durch die Gegend von denen mich einer, in Crow's Paint Brush (Color Repair), jedes Mal irritiert weil er genau wie eine akustische Fehlermeldung meines PCs klingt. Hat die Gegenwart Melt-Banana vielleicht doch bald eingeholt?

[Video] Melt-Banana - Cat Brain Land (live)

Platz 32
Stars Of The Lid - And Their Refinement Of The Decline

Ein zweistündiges ambientes Meisterwerk dessen makelloser Komposition, Produktion, Stimmung, Epik, Dynamik und Textur ich mit Worten nicht gerecht werden kann. Zen für die Ohren.

[MP3] Stars Of The Lid - Preludes (In C Sharp Major)

Platz 31
Times New Viking - Present The Paisley Reich

Eines der eindrucksvollsten Comebacks der letzten Zeit gab das mehr als nur tot geglaubte legendäre Siltbreeze, das in den 90ern mit Krachmachern wie Dead C und Harry Pussy den US-Untergrund bereicherte. Dieses Jahr brachte das Label aus Philadelphia neben rohem, aufregendem Material u.a. von Sapat, Psychedelic Horseshit, Der TPK und Pink Reason auch das zweite Album von Times New Viking heraus, dem jungen Trio dessen Demoaufnahmen Tom Lax vor 3 Jahren dazu brachten das eigentlich schon zu Grabe getragene Label wiederzubeleben. Das zweite Album war auch schon die letzte TNV-Veröffentlichung dort (in wenigen Wochen erscheint ihr Matador-Debüt), doch zum Abschied gab es nochmal eine geballte Ladung poppigen Noiserock der niedrigen Klangfidelität. [mehr]

[Video] Times New Viking - Little Amps

Platz 30
Handsome Furs - Plague Park

Dan Boeckner hat eine dieser enorm markanten, unverwechselbaren und sofort erkennbaren emotionalen Stimmen die immer Heiserkeit mitschwingen haben, etwas mehr Whiskykonsum und er kann sich in eine Reihe mit Leuten wie Isaac Brock und Paul Westerberg einreihen. Da erscheint es paradox dass sein erstes Album zusammen mit Ehefrau Alexei, eine kanadische Vision von düsterem Folk mit Gitarre, Drum Machine und Synths (stellenweise daher gerade dem neuen Low-Album nicht sonderlich fern), zunächst eine recht flüchtige Angelegenheit ist. Selbst jetzt könnte ich mir kaum alle Stücke auf Plague Park in Erinnerung rufen. Und doch weiß ich mittlerweile um die Qualität dieser subtilen Platte die sich Stück für Stück beim Hören einschleicht, nicht so sehr im Bewusstsein hängenbleibt als tiefer wandert. Die simplen Sounds und Arrangements entfalten mit der Zeit eine ungeahnte Tiefe, gerade in der Ungeschliffenheit liegt ihre Qualität begründet. In ihren Texten graben Handsome Furs die Hässlichkeiten des Lebens in Großstädten und auf dem Lande auf, die oft unter biederen, gar fröhlichen Fassaden verborgenen düsteren Wahrheiten, so stammt der Name des Albums von einem blühenden Stadtpark in Finnland der auf einem Massengrab gebaut wurde. Manchmal trügt der Schein, beim Sehen wie beim Hören.

[MP3] Handsome Furs - What We Had

Platz 29
Electrelane - No Shouts, No Calls

Sollte No Shouts, No Calls wirklich Electrelanes letztes Album bleiben so wäre es ein Abschied auf der Höhe ihres Schaffens und mit spärlichster Instrumentierung. Jeder Anschlag ist mit Bedacht eingesetzt um diese denkwürdigen Melodien zu akzentuieren, Melodien von Songs die Emotionen direkt vermitteln. "Come back to me." "I never want to leave you." "I miss the friends we knew back home." Es ist als müssten sie all das rauslassen was zuvor ungesagt oder hinter obskuren Referenzen verborgen blieb, und das Ergebnis ist nicht weniger als großartig.

[MP3] Electrelane - To The East