The Earlies - The Enemy Chorus
Von Uli am 8. März 2007, 20:19
Gerade jetzt wo ich einen Blick nach rechts werfe fällt mir zum ersten Mal auf wie sehr sich die Albumcover von Neon Bible und The Enemy Chorus grob ähneln, ein großes, bunt leuchtendes Objekt vor tiefschwarzem Hintergrund. Aber während wir es bei Arcade Fire, deren Geschlossenheit der einer Familie sehr nahekommt, letztendlich mit einem übergroßen Buch zu tun haben enthüllt ein Blick auf das Album der Earlies fantastisch anmutende Details. Barock verzierte grüne Pflanzengewächse die sich wie chinesische Drachen winden formen den Schriftzug, im Hintergrund thronen meilenhohe Parkhäuser über einem nur davon erleuchteten Park aus Wohnwagen Marke Fisher-Price. Und bunte Neonschweife hinter sich herziehend fliegt aus den Parkhäusern Spielzeug: Raumschiffe, moderne, alt und ganz comichaft, eine überdimensionale weiße Kloschüssel und etwas das die Telefonzelle aus Bill & Ted sein könnte.
Nein, nach wie aus einem Guss sieht das nicht aus. Da ließe sich jetzt eine platte Verbindung konstruieren, sind die Earlies doch halb in England und halb in den USA ansässig und komponieren meist durch einen Ozean getrennt voneinander, fragmentiert klingende Musik wäre also ein ganz natürliches Produkt dieser Arbeitsweise. Aber ob es daher kommt dass das Depeche Mode-Stampfen beim Titelstück etwas fremd wirkt oder nicht, sobald die süße Melodie einsetzt ist klar dass die Earlies zusammen besser klingen als die meisten Bands die sich jeden Tag im Proberaum treffen.
Für The Enemy Chorus war ihr Budget auch vermutlich größer, denn der Klangkosmos der Earlies wurde zahlreich erweitert, teilweise durch neue Leitinstrumente, aber auch mit kleinen Einsprengseln die wie die Farbpunkte in diesem Ding die Musik bunt umkreisen. Große, unvergessliche Melodien findet man hier zwar nicht zuhauf, aber was die Earlies bemerkenswerterweise so oft schaffen ist kleine Motive denkwürdig zu machen, z.B. die Bläser in Foundation And Earth die zwar nur vier Töne aber quasi den Refrain des Stückes spielen.
Wenn es um Genre-Adjektive geht würden viele der Musik der Earlies wohl ein 'psychedelisch' anhängen. Der Eindruck entsteht vor allem aus der Lockerheit die hier rübergebracht wird, und das ohne dass es zu Gejamme kommt. Höchstens Breaking Point könnte einem Hippiehasser übel aufstoßen: zwar nutzen die Earlies schon vorher viele mehr oder minder exotische Instrumente die nicht der westlichen Tradition entstammen (sehr schön sind diese indischen(?) Hörner in Gone For The Most Part), aber hier wird tatsächlich ein Sitar ausgepackt! Noch dazu steht hier nicht wie sonst ein klares Songgerüst hinter, aber es bleibt recht egal wie man zu so etwas steht, denn früher als gedacht endet die Platte hier und lässt einen angenehm verdattert zurück. Sie haben ihn noch, ihren Zauber.
[MP3] The Earlies - No Love In Your Heart
[Stream] The Earlies - The Enemy Chorus