The Hidden Cameras - Awoo
Von Uli am 7. September 2006, 15:56

Als hätten The Hidden Cameras nicht schon so den Eindruck eines kleinen Kultes erweckt, hat ihr kreativer und auch sonstiger Kopf Joel Gibb dem neuen Album Awoo gleich noch ein naturreligiöses Überthema verpasst. Dass es das bisher beste Album der mittlerweile bestimmt über ein Dutzend umfassenden Musikergruppe aus Toronto ist liegt aber nicht etwa daran dass dieses Thema hier die vorher prominent von schwulen Lebenserfahrungen berichtenden Texte etwas überschattet, sondern an den durchweg herrlichen poppigen Folkongs. Gibb vermag es wie kaum ein zweiter, aus einfachen Melodien mit seinen Arrangements den maximalen Effekt herauszuholen. Die Stücke erscheinen so weitaus voluminöser als es ihr simples Gerüst vermuten ließe, und verlieren auch bei dutzendmaligem Hören keineswegs an Wirkung. Ein tolles Beispiel für Gibbs Fähigkeiten ist das letzte Stück der Platte, The WAning mOOn, das eigentlich nur eine Variation des Titelstücks Awoo ist aber trotzdem völlig anders klingt.
Ein weiteres Highlight ist der klar aus allen anderen herausstehende Lollipop. Einer dieser Songs der immer wieder direkt von Refrain zur Strophe (in diesem Fall ein stakkatomäßiges halb Hüpfen, halb Stampfen, zu dem Gibb die Worte geradezu ska-mäßig herunterrollt) wechselt, und trotz oder gerade wegen diesem ewig gleichen Wechsel immer wieder aufs Neue entzückt. Drei Minuten erscheinen da fast schon zu kurz, auch mit der Länge von Lards The Power Of Lard oder Televisions legendärem Marquee Moon, deren Reiz auch an solch einem Wechsel liegt, wäre ich gut bedient gewesen.
Ähnlich der Dualität die Lollipop innewohnt ist auch der Grund, dass Awoo so gut als Album funktioniert, der dass sich fast immer hell scheinende, beschwingte Stücke mit langsameren, zurückhaltenden abwechseln. Die einzige Schwachstelle des Albums ist deswegen dort, wo eben dieses Rezept einmal nicht befolgt wird und die von Geigen getragenen Follow These Eyes und Heaven Turns To nur vom etwas verhalten rockenden Instrumental Heiji getrennt werden. Danach nimmt das Album aber wieder an Fahrt auf, und fährt mit dem zauberhaften Wandering, dem fröhlichen Hump For Bending und eben The WAning mOOn mit seine schwersten Geschütze auf. Die ungewöhnliche Zeichensetzung bei letzterem reflektiert übrigens die Verwandheit zu Awoo, dessen Titel sich dort wiederfindet. Damit schließt sich auch auf schöne Weise der magische Kreis dieser Platte, und wenn wie dieser Tage der Vollmond aufzieht werde auch ich mich gerne den Hidden Cameras anschließen und mit einem "Awoo" die Sonne der Nacht anheulen.
[Video] The Hidden Cameras - Awoo (Quicktime)
[Video] The Hidden Cameras - Awoo (Youtube)