c/o pop 2012 Tag 4: Xul Zolar, The Suicide Of Western Culture

Nun, das dürfte meine spärlichst besuchte c/o pop überhaupt gewesen sein, the best laid plans und so. Konsequent grenzplanlos hieß es dafür den Samstag angehen, schließlich verzögerte sich letztes Jahr beim Chic Belgique schon alles so, dass ein gezieltes Pendeln zwischen den Klamottenladenkonzerten kaum möglich war.

Aber klar, sich auf Verspätungen zu verlassen muss einfach ein doppelt Murphy'sches Gesetz in Effekt setzen, und so verpasste ich mit dem Besuch der textlich was handaufsherzigen Supermutant beim Ehrenfelder c/o-pop-Alternativprogramm den Auftritt von Vomit Heat. Vom Hocker reißendes spielte in den anderen Schaufenstern nicht viel - ich kann mich songwriterischer Folkigkeiten, Solala-Beats und eines überlauten Tamburins entsinnen - doch der Auftritt von Xul Zolar war nun ihr erster, der mir gänzlich gelungen vorkam. Wirkten die Wilderness-mäßigen Hallereien zuvor nicht immer stimmig verschmolzen mit den flotten, oft nur eingangs monorhythmisch scheinenden Rhythmus-PTTRNS, Wimp-Vocals und Sphären-Elektronik, hat das Trio nochmal an Tightness zugelegt und wenn ich mich nicht irre sein Repertoire mit besserem Material erweitert.

Im Studio 672 begann sich trotz gutlauniger Disco-Beschallung mein weniger Schlaf auf dem Habenkonto langsam zu rächen. Fast hätte ich schon die Sachen gepackt, hätte mich nicht das so ziemlich tollste Kontrastprogramm aus dem Dämmern gerissen. In einem Moment war der Tanzboden von animierten Körpern gefüllt, im nächsten flüchteten so manche davon mit extrem unglücklichem Blick vor einer Doppelwolke aus dichtem Kunstnebel und akustischer Noisepop-Attacke. "These dudes are awesome!" war eine Weile das einzige, was mir zu The Suicide Of Western Culture in den Sinn kommen wollte.

Ein gutes Stück an primitivere Fuck Buttons erinnernd, wechselten und verbanden die beiden Spanier wüste Knarzereien mit grenz-ATR-voluminösen, doch eher klassisch strukturierten Dance-Beats. Wahrscheinlich meine Favoriten waren die Stücke, die zu einer Art noisigeren M83 (der Panorama-Breite des neuen Albums, wohlbemerkt) rüberpendelten, ekstatisch rollte einer der beiden seine Augen nach oben während auf ihn und die Leinwand hinter ihm Naturbilder und abstruse Abgesänge auf eine erfüllende (Zivilisations-)Existenz projiziert wurden. Paradoxerweise völlig glückseligmachend waren die Sounds, zu denen in roten Großbuchstaben "LOVE BRINGS ONLY PAIN" über die Wand scrollte. Mitunter erschien die Mischung was konfus mit stark fluktuierendem Energiepegel, doch war's eben unendlich belebender als sowas wie der Durchschnitts-Indie von Vierkanttretlager, die vorm Fußballspiel den Red Bull Tourbus berockt hatten.

Re-energisiert blieben die Beine denn auch zum famosen Set von John Talabot konstant in Bewegung, bis auf dem Nachhauseweg schon die ersten Vögel rumrumorten. Ich hoffe nur, die roten Flecken auf meinen Unterschenkeln kommen vom Reiben der Hose beim ausgiebigen Tanzen und sind keine allergische Reaktion auf den inhalierten Liter Kunstnebel.