New Young Pony Club - You Used To be A Man

Haben wir den Punkt erreicht, an dem die Attraktivität des Neuen alles andere überwiegt? Eine Weile war's ja schön, wenn in Blogs der Entdeckungslust gefrönt wurde, versucht wurde, jenen eine Plattform zu geben, die von den etabliert-/traditionellen Medien zugunsten bekannterer Namen verschmäht wurden. Doch mittlerweile machen ja alle bei dieser Jagd mit, aus panischer Angst, als den Anschluss verpasst habende dazustehen und aus Gefallen am kulturellen Kapital, den einem das Werfen immer wieder neuer Namen in den Raum einbringt.

Und da ein Raum nunmal nicht ewig übersichtlich bleiben kann, wenn man ihn immer weiter anfüllt, muss irgendwo Platz gemacht werden. Was böte sich da mehr an als die neuen Namen von gestern, frei nach dem "was geht mich mein Geschwätz?"-Motto macht die ewige Verfügbarkeit des Neuen das Ignorieren des Alten nur noch leichter, drauf geschissen, dass man mal wem beid er künstlerischen Weiterentwicklung eine Weile folgen würde. Zur Not kann man immer was von "ist halt nicht mehr in" faseln, egal wie gut die neue Single der von mir bislang ignorierten New Young Pony Club ist.

Oder vielleicht ist sie auch einfach zu subtil, langsam aufblühend um mit einem halben Hinhören erfasst zu werden, zugleich aber bedachtsam ausgeformt und eben kein halbgarer Billigbeat-Klangbrei, wie er an dieser Stelle unter dem Instagram-Porträt eines unbekannten Newcomers stehen könnte. Vielleicht werd ich in Zukunft lieber mal was offener für das vermeintlich Bekannte sein, wenn gerade das zu übersehen werden droht.

[Stream] New Young Pony Club - You Used To be A Man

Street Chant - Salad Daze

Es ist schön anzuhören, wie divers Gitarrenmusik heute mithilfe anderer Genreeinflüsse texturell und strukturell gestaltet wird. In letzterer Hinsicht hat vor allem die Qualität der Repetition - ob vom Krautrock oder aus rein elektronischer Musik gespeist - mehr und mehr Ansehen gefunden. Doch zusammen mit erprobten Rockformeln ist es so nur noch seltener geworden, dass man einem Song nicht schon in den ersten paar Takten seinen gesamten Verlauf abhören kann oder irgendwann mal überrascht wird.

Neuseelands melodischstes Powertrio Street Chant lässt sich bei Salad Daze, der einen Seite seiner neuen Doppelsingle, jedoch nicht in die Karten gucken, pendelt mit zunehmender Heftigkeit zwischen Dur und Moll und findet sich in der Mitte des Fünfminüters doch wieder woanders, als man es vielleicht erwartet hätte. Und krönt das Ganze mit einem Finale, das sich gewaschen hat.

[Stream] Street Chant - Salad Daze

Nine Muses - Ticket

So sehr sich im koreanischen Pop EPs bzw. kürzere Alben bewährt haben, ist die gelungenste Veröffentlichung des ersten Quartals keine jener, die auf einen Schlag ein halbes Dutzend neuer Songs raushauen. In der Tat ist die erste Single auf Sweet Rendezvous so alt (August 2011), dass Nine Muses in der Zwischenzeit vom Sep- zum Oktett anwuchsen. Doch gerade diesen Songs hat die lange Marinierzeit gut getan, sind sie doch dermaßen maximalistisch ideengefüllter Pop, dass es für mich irre lang brauchte, um sie halbwegs vollständig zu absorbieren.

Wie in Ticket, das ohnehin schon in seinem kontinuierlich von Breaks und Claps aufgeriebenem Zucken nur so vorbeirauscht, sind fast immer zwei verschiedene Melodieläufe pro Instrument zugleich präsent, von letzteren sowieso mehrere simultan. Darauf kommen dann noch die Vocals, was die Instrumental-Versionen von Ticket und Who R U tatsächlich mal hochwillkommen macht. Hört man dort doch noch einiges an Details heraus, die in der vollen Frenetik glatt untergingen wie die immer wieder überraschend cartoonigen Randsounds (die Figaro-Ziehpfeife z.B.). Man versuche nur mal aufzuzählen, wie viele Elemente zwischen Bridge und Refrain hin- und herflitschen - die Surf-, Funk- und Begleitgitarren, die Haupt-Synthmelodie und diverse kleinere, Bläserbreak und -fills, die Beats, Handtrommeln, Claps, die Einzel- und Harmoniegesänge, die zwei(!) monotonen Spoken-Word-Parts/Raps ... ufftata.

[Youtube] Nine Muses - Ticket

Stream: Royal Headache - Royal Headache

Da hab ich ja doch noch Glück gehabt, wo es schon nur noch als teurer Import/durch eBayerei zu bekommen schien hab ich noch ein Exemplar bei ihrem französischen Label abstauben können. Doch dieser Tage gibt's dann auch Nachschub, wenn Royal Headaches Debüt bereits auf Kontinent und Label Nummer drei bei What's Your Rupture? erscheint. Und sich allemal lohnt, 12mal flotter Powerpop bei dem Suffix und Präfix gleich valide sind, gekrönt von soulig innigem Gesang und unfimschiger Produktion haben nun schon mehrfach dazu geführt, dass ich die LP nicht nur einmal umgedreht habe.

[Stream] Royal Headache - Royal Headache