Konzert: M83
Von Uli am 16. Oktober 2008, 21:42

Vor 5 Jahren, als Dead Cities, Red Seas & Lost Ghosts herauskam, hätte ich mir ein M83-Konzert sehr anders vorgestellt als das was sich gestern im Luxor abspielte. Auf seinem zweiten Album erschuf Anthony Gonzalez, damals noch im Duo mit Nicolas Fromageau, bestechend schöne Klanglandschaften und ahmte mit elektronischen Mitteln die Gitarrenwände der Shoegazer nach. Live wären da ein bestuhlter Saal und eine große Leinwand mit bewegten Landschaftsaufnahmen im Breitbild völlig angemessen gewesen, doch seitdem hat sich einiges geändert. Schon ein Album danach traten Gitarren kaum verfremdet in den Vordergrund mehrerer Stücke, eines hieß ja auch A Guitar And A Heart, und die Single Don't Save Us From The Flames zeigte sowohl Gonzalez' Gesang als auch seine Liebe zum Popsong. Aus letzterer erwuchs schließlich Saturdays = Youth das Gonzalez und seine Band gestern live vorstellten - aber zum Glück noch viel mehr.
Bereits menschenleer sah die Bühne beeindruckend aus: Hinten links war das Schlagzeug, ausgestattet auch mit einem digitalen Drumpad, vom Rest der Band durch eine Plexiglaswand abgeschirmt, davor der Gitarrist. Die rechte Hälfte der Bühne wurde von zwei sich gegenüberstehenden Synthesizerbauten belegt in deren Mitte ein innen von Kabeln durchzogener und von blauen Lichtern erleuchteter mysteriöser Glaskasten stand, auf diesem wiederum thronte ein Mac der auf Knopfdruck dann die Show eröffnete.
Es begann verhalten, auch weil die ersten beiden Stücke live etwas ungewohnt klangen war ich zunächst etwas skeptisch. Das änderte sich als das erste Stück mit tiefem Bass aus dem Lautsprecher mein Gesicht zum Flackern brachte, das war der imposante Sound auf den ich gehofft hatte (und vor dem ich ohne Hörschutz etwas Schiss gehabt hätte). Bald kamen auch die flotteren Popsongs wie Kim & Jessie dran zu denen man mehr als nur seinen Nacken bewegen konnte, im Wechsel mit den epischen Instrumentals des zweiten Albums und den düsteren Klängen von Before The Dawn Heals Us ergab das eine herrliche Mischung.
Gonzalez wechselte immer wieder zwischen Gitarre und seinem Bau aus Keyboards, Knöpfen und Schaltern und wusste seine nicht besonders starke Stimme erfreulich gut einzusetzen, die gesangliche Klasse ging aber von seiner Gegenüber Morgan Kibby aus die live viel besser zu hören war als auf den Alben, so verlieh sie mehreren Stücken eine zusätzliche eigene Note. Auch unbedingt hervorzuheben ist die Leistung des Drummers, wegen des reflektierenden Walls war es zwar nicht immer klar zu sehen welche Teile der Beats gerade von ihm und welche von der Elektronik kamen aber bei den dichten Fills die Gonzalez so gerne texturenhaft einsetzt konnte man ihn auf jeden Fall hart arbeiten sehen.
M83 spielten eins der wenigen Konzerte in letzter Zeit das mir keine Sekunde zu kurz vorkam, spielten auf jeden Fall alle neuen Songs die ich hören wollte aber sicher auch genau so viele ältere, insbesondere war ich erfreut dass so ein Sechsminüter wie Gone seinen Weg ins Programm fand. In solchen Momenten kamen dem Auftritt die ausführlich verwendete Nebelmaschine und die Flackerscheinwerfer zu Gute, aber auch zum Schluss als M83 die Stampfer A Guitar And A Heart und als spektakuläre Zugabe die epische Fassung von Couleurs auspackten sah man im Flackerlicht effektvoll die Menschen auf und vor der Bühne rhythmisch mitgehen. Das war wirklich der Höhepunkt, besonders als ich gerade schon high vor Glück war und das Stück nach einem Abebben bumerangartig noch einmal, noch größer ansetzte. Wortkarg wie ab und zu auch schon vorher zwischendurch bedankte sich Gonzalez anschließend beim enthusiastisch klatschenden Publikum und verschwand von der Bühne. Das Outro überließ er wieder seinem Mac - neben dem Intro das einzige Mal an diesem Abend wo die Elektronik der Star war.