Direct Hit! / The Wonder Years / Celeste

Nicht nur eines, mindestens zwei großartige Pop-Punk-Alben von Kozeptformat gab es dieses Jahr - generischer Pop-Punk wohlgemerkt, kein The Monitor oder David Comes To Life wie es auf Indie-Seiten behandelt würde, aber auch nicht meilenweit davon entfernt. Direct Hit! klingen mal, als wäre Fucked Ups Sänger zu Sum 41 übergelaufen, mal wie Billy Joe Armstrong bei Titus Andronicus. Auch der hellsten Vocal-Politur steht jedoch immer gegenüber, dass auf Brainless God nichts unter Weltuntergang läuft - Mord und Totschlag sind da nur der Prolog.

[Spotify] Direct Hit! - Brainless God
[Deezer] Direct Hit! - Brainless God

Auch ohne Auld Lang Syne als Leitmotiv zu interpolieren, vermögen The Wonder Years auf großformatig zu machen, vor allem mit ihrem Gespür für ichbezogene Zeilen: "I came here looking for a fight", "I wanna die in the suburbs", " I just wanna sell out my funeral" werden so oft und mit (ein)dringlicher Stimme wiederholt, bis sie ins Blut übergehen. Was The Greatest Generation neben durchweg erstklassigem Songwriting aber das Gefühl eines Emo-Großwerks vermittelt, ist das Selbstzitat sowohl aus früheren Werken der Band als auch diesem Album selbst. Wenn das siebenminütige Finale The Devil In My Bloodstream expandiert, um Text- und Musikmotive aus allen möglichen Stellen des Albums wiederaufzugreifen, wird es zur großen glorreichen Mischung aus Reprise und Medley und hebt ein bereits sagenhaft gutes Album in eine ganz eigene Güteklasse.

[Deezer] The Wonder Years - The Greatest Generation
[Spotify] The Wonder Years - The Greatest Generation

Celeste haben solche stukturellen Tricks nicht nötig, Format und Klangform ihres Konzeptalbums sprechen für sich. Auch in der CD-Version verteilen sich die beiden Hälften des 70-minütigen Animale(s) auf zwei Tondatenträger - technisch gesehen unnötig, in der Tat ist man aber dankbar für diese kurze Verschnaufpause, die einem dieser Moloch aus krustig schwarzmetallenem Posthardcore nur selten gewährt. Und doch lässt der Ideenreichtum zwischen atmosphärischeren und viszeraleren Sequenzen Animale(s) nie so undurchdringbar eintönig werden, dass ich versucht wäre, meinen französischen Langenscheidt zu entmotten - dass die Texte kein eitel Sonnenschein beinhalten, kann man sich anhand der Musik bereits ausmalen.

[Stream] Celeste - Animale(s)