April 2014: Brody Dalle, Golden Retriever, Ought



Brody Dalle - Diploid Love
 

Auch wenn die präzise thrashende Drum Machine, über der Brody Dalle die Songs ihres Solodebüts entwarf, für die Studioaufnahmen mitunter von Menschenhänden ersetzt wurde, ist Diploid Love von klarer Strichführung geprägt. Oft sind die einzelnen Saitenanschläge zu hören, egal wie breit sich der Nachhall vor allem der Lead ausflänzt, die (meist ebenfalls von Dalle eingespielten) Rhythmusgitarren und Bässe sind so klar voneinander separiert, dass sie ebensowenig zur übermischten Rocksuppe verschmelzen wie die frontal positionierten Vocals oder gelegentlich aufflammenden Blechbläser. [MEHR]

 


Golden Retriever - Seer
 

Wenn verschiedene Arten von Drone-Sound kategorisiert werden, dann wohl vor allem in analog oder digital, und selbst das wird man kaum als gängige Karteireiter in Plattenläden vorfinden. Was oszilliert, das oszilliert, woher ist oft weniger wichtig als wohin. Ohnehin sind die Vermischungsoptionen mannigfaltig, eine analoge Klangquelle kann man in einen Hardware-Sequencer leiten oder auch per Software live oder nach freiem Gedünken weiterverarbeiten. Einen etwas anderen Mischsound produziert das Duo Golden Retriever, der seinen starken Eigencharakter aus Jonathan Sielaffs Bassklarinette im Mit- und Gegenwirken zum Analog-Synth von Matt Carlson bezieht. Allein das langgezogene Bläserseufzen in Flight Song inmitten bassiger und bassloser Synthplinker wäre schon phänomenal hypnotisch genug, aber dann sickert ein zauberhaftes Melodiespiel Carlsons durch die Atmosphäre in die Weite des Kosmos, der um diese Hauptattraktion des Albums herum in immer wieder anderen Ansätzen erforscht wird.

 


Ought - More Than Any Other Day
 

Großes Kratzen und was dahinter. So wunderbar staksige und angeschmirgelte Gitarren wie die von Ought gab es lange keine mehr, ohne dass es gleich in ein Retrofest ausartete. Wenn sie nicht ausgerechnet aus Montreal kämen, hätten sie damit genausogut auf Dischord gepasst, so jedenfalls hängt Matt Mays Keyboard immer wieder eine spröde Wärme um die nervöse Stimme von Tim Beeler und zieht sie weit vom derzeit durchaus frugalen Feld der Posthardcore/Postpunk-Mischbemühungen. Und so nehmen sich Ought denn auch in denkwürdiger Weise vernachlässigten Songformaten wie dem Immer-schneller-Werder an, wenn Today More Than Any Other Day erst nichtig, dann behäbig schlenkernd beginnt und erst am Mittelpunkt richtig loslegt, aufgeputscht von Beelers nonstop Verbalschwall - auch so eine Technik, die nur Bands einsetzen können, die nicht auf eine Klanglandschaft mit schönem Ausblick setzen.