75 aus 2012 (Teil 4)
Von Uli am 28. Dezember 2012, 20:12
(Teil 1) (Teil 2) (Teil 3) (Teil 5) (Teil 6) (Teil 7)
Platz 40
Land Of Light - Land Of Light
Auf guten Geschmack nehmen Land Of Light keinerlei Rücksicht: Wer Kaputt oder das letztjährige Hatchback-Album nicht abkonnte, wird vor dem Londoner Duo wohl schreiend davonlaufen. Voller Wuschen und Woschen treibt ihr instrumentales Streicheln zwischen Softestrock und New-Age-Electronica, wird mal saxophonig destroyerisch oder auch zum Finale eine Hillage-gniedelige Scheibe M83-Ambients.
[Stream] Land Of Light - Presence Of The Past / Higher Love
Platz 39
Rolo Tomassi - Astraea
"Diplo produziert Hardcore-Band" mag für attraktivere Schlagzeilen herhalten, doch in Eigenarbeit hat das britische Quintett mit Album Nr. 3 einen ambitionierteren Schritt in die Breite vollzogen. Zwischen Thursday-Sphärik, BTBATM-Vertracktheit und Crimes-Schreiduellen spreizen Rolo Tomassi ihren Sound mit Geisterkirmesorgel und Space-Synths auf, kippen so von einem Moment zum Nächsten aus melodischer Getragenheit in die Aggro-Punktur abgehackter Posthardcore-Dynamiken, dass es nie proggig-selbstverliebt wird sondern im Dienste der Songs bleibt.
[Spotify] Rolo Tomassi - Astraea
Platz 38
Gary War - Jared's Lot
Als ich Gary War Ende letzten Jahres live sah, hätte ich nicht vorhersagen können, wie sein neues Album ausfallen würde. Ich weiß nicht mal, ob er überhaupt Songs davon gespielt hat, zu ununterscheidbar wurden seine Songs aus feuchtverfilterter Gitarre und Halbplayback. Erfreulich differenziert hingegen ist Jared's Lot ausgefallen, pedallustig und synthlastig formt War sein Songwriting darauf ebenso stark aus wie die Schrägheit seines nicht gerade typischen Spacerocks.
[Spotify] Gary War - Jared's Lot
Platz 37
Useless Children - Post Ending // Pre Completion
Klar, dass sich australischer Unmut nicht immer in zahmen Gehegen abspielt: Imposant wie Boris in unpsychedelischer Bestform reitet das Melbourner Noiserock-Trio einen höllischen Groove über wuchtige Drums und einen Bass, der mitunter ebenso metallisch scharfe Splitter absondert wie der Sechssaiter. Das Ergebnis ist dabei alles andere als Freilauf-Gebolze, sondern vermag mit seinen präzisen Repetitionszirkeln eine geradezu hypnotische Surrealwirkung zu entfalten.
[Stream] Useless Children - Post Ending // Pre Completion
Platz 36
Serebro - Mama Lover
Hätte ich Ahnung von Eurovision, wären mir die Russinnen wohl schon früher ein Begriff gewesen - jedoch ist es wohl besser, dass ich völlig naiv an einen Song wie Gun heranging. Nicht nur präsentieren sich Serebro meist so unmoderat wie auf ihrem Albumcover (wenn auch textlich in gelungener Überzogenheit), ihre zum Teil schon älteren Songs wurden von wenig geglückten Pop-Rock-Fusionen für ihr englisches Debüt remodelliert, so dass sie nun nicht nur im Blechbläser- und Gitarreneinsatz erstaunlich oft an Girls Aloud erinnern - mit dem Unterschied, dass wenn Serebro Something Kinda Ooooh gemacht hätten dieses wahrscheinlich tatsächlich von den Freuden des Analsex gekündet hätte.
[Spotify] Serebro - Mama Lover
Platz 35
International Feel: A Compilation
Ich werd wohl nie zum Vinyl-Single-Käufer werden, aber die Veröffentlichungen von International Feel haben mich über die letzten zwei Jahre doch alle paar Monate schwer darüber nachdenken lassen. Egal ob sich DJ Harvey offen hinterm Pseudonym Locussolus versteckt oder andere Produzenten kollektiv als IFEEL Studio firmieren, oder auch ob Bepu N'Gali nun wirklich eine dreizehn Leute starke Gruppe aus Botswana sind, alles auf dieser Highlights-Sammlung reiht sich nahtlos in die diverse Diskographie des Labels ein, bei der außer einem "irgendwie Disco bis Balearic"-Begriffsringen nur eine immense qualitative Konsistenz ein roter Faden zu sein scheint.
[Stream] Samples CD 1 / Samples CD 2
Platz 34
Raime - Quarter Turns Over A Living Line
Eines dieser besonders deswegen zu schätzenden Alben, das umso eindrucksvoller wird, je lauter man es macht (und überhaupt, weil man es lauter machen kann). Ihr Swans/Burial/Bohren-Ding aus knochigen Beats wird nicht nur wuchtiger im Anschlag, sondern vor allem intensiviert sich die bedrückende Wirkung einer sich im Albumverlauf zuziehenden Schlinge, ohne dass das reine Anhören der wohlgeformten Sounds physisch unangenehm wird.
[Stream] Raime - Your Cast Will Tire
Platz 33
Twigs - Twigs
Wir sind wohl an einem Punkt angekommen, wo man Präsentation genau so ignorieren kann wie Nicht-Präsentation. Denn egal ob kalkulierte Major-Lancierung oder DIY-Projekt, Twigs' Debüt-EP zieht einfach ein fabelhaftes Trip-Hop-Schattenzelt auf, in dem sie über metallenes Schaben von Verlangen haucht und in so spärlich beleuchteten wie gefüllten Räumen von nokturnem Geisterstöhnen umhüllt wird, dass man selbst nur zu gerne zu dieser Musik das Licht ausmacht.
[Stream] Twigs - Twigs
Platz 32
Boomgates - Double Natural
Melbourne-Bands, die Kurzfassung: Wir haben kein Geld und es regnet. Klischees, die sich auch bei Boomgates' Texten mehrfach antreffen lassen, dass sie sich aus Mitgliedern diverser anderer Bands zusammen setzen ist ebenso typisch für diesen Mikrokosmos, in dem so viel aus Not wie aus Lust zu laufen scheint. Was Boomgates abhebt, ist denn neben der Stimmdynamik aus Dick-Diver-Vokalistin und Eddy-Current-Leadsänger nunmal das, was sie machen, so wie sie es machen: exzellente Songs ohne die Krücke der großen Pose oder kleinen Bescheidenheit, bei aller Eingängigkeit nie in eitel Sonnenschein, denn sonst könnten sie ja gleich surfen gehen.
[Deezer] Boomgates - Double Natural
Platz 31
Saint Etienne- Words And Music By Saint Etienne
Es sollte unmöglich sein, ein Album wie dieses, das vom Leben mit und durch Musik kündet, nüchtern sachorientiert zu besprechen. Pop ist Alltag und Alltag ist Pop für Saint Etienne, die von Erfahrungen mit ersten Single-Käufen und Clubbesuchen singen, vom Proto-Musikblog FreakyTrigger und den Freuden des Alterns mit Musik zusammen, immer sind diese lebenslustigen Songs an Konkretes gebunden, das emotionale Relevanz hat, kein postmodernes Referenzfest um der Referenz willen. Und, auch wenn die Konkurrenz nicht groß ist, hat es die meisten besten Saint-Etienne-Songs ihrer Alben diesseits der Jahrtausendwende.
[Spotify] Saint Etienne - Words And Music By Saint Etienne

Land Of Light - Land Of Light
Auf guten Geschmack nehmen Land Of Light keinerlei Rücksicht: Wer Kaputt oder das letztjährige Hatchback-Album nicht abkonnte, wird vor dem Londoner Duo wohl schreiend davonlaufen. Voller Wuschen und Woschen treibt ihr instrumentales Streicheln zwischen Softestrock und New-Age-Electronica, wird mal saxophonig destroyerisch oder auch zum Finale eine Hillage-gniedelige Scheibe M83-Ambients.
[Stream] Land Of Light - Presence Of The Past / Higher Love

Rolo Tomassi - Astraea
"Diplo produziert Hardcore-Band" mag für attraktivere Schlagzeilen herhalten, doch in Eigenarbeit hat das britische Quintett mit Album Nr. 3 einen ambitionierteren Schritt in die Breite vollzogen. Zwischen Thursday-Sphärik, BTBATM-Vertracktheit und Crimes-Schreiduellen spreizen Rolo Tomassi ihren Sound mit Geisterkirmesorgel und Space-Synths auf, kippen so von einem Moment zum Nächsten aus melodischer Getragenheit in die Aggro-Punktur abgehackter Posthardcore-Dynamiken, dass es nie proggig-selbstverliebt wird sondern im Dienste der Songs bleibt.
[Spotify] Rolo Tomassi - Astraea

Gary War - Jared's Lot
Als ich Gary War Ende letzten Jahres live sah, hätte ich nicht vorhersagen können, wie sein neues Album ausfallen würde. Ich weiß nicht mal, ob er überhaupt Songs davon gespielt hat, zu ununterscheidbar wurden seine Songs aus feuchtverfilterter Gitarre und Halbplayback. Erfreulich differenziert hingegen ist Jared's Lot ausgefallen, pedallustig und synthlastig formt War sein Songwriting darauf ebenso stark aus wie die Schrägheit seines nicht gerade typischen Spacerocks.
[Spotify] Gary War - Jared's Lot

Useless Children - Post Ending // Pre Completion
Klar, dass sich australischer Unmut nicht immer in zahmen Gehegen abspielt: Imposant wie Boris in unpsychedelischer Bestform reitet das Melbourner Noiserock-Trio einen höllischen Groove über wuchtige Drums und einen Bass, der mitunter ebenso metallisch scharfe Splitter absondert wie der Sechssaiter. Das Ergebnis ist dabei alles andere als Freilauf-Gebolze, sondern vermag mit seinen präzisen Repetitionszirkeln eine geradezu hypnotische Surrealwirkung zu entfalten.
[Stream] Useless Children - Post Ending // Pre Completion

Serebro - Mama Lover
Hätte ich Ahnung von Eurovision, wären mir die Russinnen wohl schon früher ein Begriff gewesen - jedoch ist es wohl besser, dass ich völlig naiv an einen Song wie Gun heranging. Nicht nur präsentieren sich Serebro meist so unmoderat wie auf ihrem Albumcover (wenn auch textlich in gelungener Überzogenheit), ihre zum Teil schon älteren Songs wurden von wenig geglückten Pop-Rock-Fusionen für ihr englisches Debüt remodelliert, so dass sie nun nicht nur im Blechbläser- und Gitarreneinsatz erstaunlich oft an Girls Aloud erinnern - mit dem Unterschied, dass wenn Serebro Something Kinda Ooooh gemacht hätten dieses wahrscheinlich tatsächlich von den Freuden des Analsex gekündet hätte.
[Spotify] Serebro - Mama Lover

International Feel: A Compilation
Ich werd wohl nie zum Vinyl-Single-Käufer werden, aber die Veröffentlichungen von International Feel haben mich über die letzten zwei Jahre doch alle paar Monate schwer darüber nachdenken lassen. Egal ob sich DJ Harvey offen hinterm Pseudonym Locussolus versteckt oder andere Produzenten kollektiv als IFEEL Studio firmieren, oder auch ob Bepu N'Gali nun wirklich eine dreizehn Leute starke Gruppe aus Botswana sind, alles auf dieser Highlights-Sammlung reiht sich nahtlos in die diverse Diskographie des Labels ein, bei der außer einem "irgendwie Disco bis Balearic"-Begriffsringen nur eine immense qualitative Konsistenz ein roter Faden zu sein scheint.
[Stream] Samples CD 1 / Samples CD 2

Raime - Quarter Turns Over A Living Line
Eines dieser besonders deswegen zu schätzenden Alben, das umso eindrucksvoller wird, je lauter man es macht (und überhaupt, weil man es lauter machen kann). Ihr Swans/Burial/Bohren-Ding aus knochigen Beats wird nicht nur wuchtiger im Anschlag, sondern vor allem intensiviert sich die bedrückende Wirkung einer sich im Albumverlauf zuziehenden Schlinge, ohne dass das reine Anhören der wohlgeformten Sounds physisch unangenehm wird.
[Stream] Raime - Your Cast Will Tire

Twigs - Twigs
Wir sind wohl an einem Punkt angekommen, wo man Präsentation genau so ignorieren kann wie Nicht-Präsentation. Denn egal ob kalkulierte Major-Lancierung oder DIY-Projekt, Twigs' Debüt-EP zieht einfach ein fabelhaftes Trip-Hop-Schattenzelt auf, in dem sie über metallenes Schaben von Verlangen haucht und in so spärlich beleuchteten wie gefüllten Räumen von nokturnem Geisterstöhnen umhüllt wird, dass man selbst nur zu gerne zu dieser Musik das Licht ausmacht.
[Stream] Twigs - Twigs

Boomgates - Double Natural
Melbourne-Bands, die Kurzfassung: Wir haben kein Geld und es regnet. Klischees, die sich auch bei Boomgates' Texten mehrfach antreffen lassen, dass sie sich aus Mitgliedern diverser anderer Bands zusammen setzen ist ebenso typisch für diesen Mikrokosmos, in dem so viel aus Not wie aus Lust zu laufen scheint. Was Boomgates abhebt, ist denn neben der Stimmdynamik aus Dick-Diver-Vokalistin und Eddy-Current-Leadsänger nunmal das, was sie machen, so wie sie es machen: exzellente Songs ohne die Krücke der großen Pose oder kleinen Bescheidenheit, bei aller Eingängigkeit nie in eitel Sonnenschein, denn sonst könnten sie ja gleich surfen gehen.
[Deezer] Boomgates - Double Natural

Saint Etienne- Words And Music By Saint Etienne
Es sollte unmöglich sein, ein Album wie dieses, das vom Leben mit und durch Musik kündet, nüchtern sachorientiert zu besprechen. Pop ist Alltag und Alltag ist Pop für Saint Etienne, die von Erfahrungen mit ersten Single-Käufen und Clubbesuchen singen, vom Proto-Musikblog FreakyTrigger und den Freuden des Alterns mit Musik zusammen, immer sind diese lebenslustigen Songs an Konkretes gebunden, das emotionale Relevanz hat, kein postmodernes Referenzfest um der Referenz willen. Und, auch wenn die Konkurrenz nicht groß ist, hat es die meisten besten Saint-Etienne-Songs ihrer Alben diesseits der Jahrtausendwende.
[Spotify] Saint Etienne - Words And Music By Saint Etienne