Konzert: Sunset Rubdown


Das Wetter ist herrlich, das Lustbarometer steht auf Abenteuer, was könnte da besseres anstehen als ein Rubdown Road Trip? Auch ihre zweite Tour führt Sunset Rubdown in eher entlegene Gegenden der Republik, und wenn die Band nicht zum Berg kommen will muss der Prophet eben nach Wetzlar fahren. Oder so ähnlich. Jedenfalls entpuppt sich die Stadt an der Lahn als ein richtig schöner Ort, besonders der alte Teil der Stadt durch den der Weg zum örtlichen Kulturzentrum führt ist eine echte Augenweide und wirkt an vielen Stellen nicht ganz real. Umrahmt von malerischen alten Steinbauten, engen, steilen Gassen und scharfkantigen Häusern die so absurd verbogen sind dass sie schon wieder wie moderne Architektur wirken ist dieser Pfad wie ein Portal in die mythische Welt von Spencer Krugs Musik.

Mit dem vor Kurzem schon für Jubilieren sorgenden Idiot Heart eröffnet gleich ein Stück vom kommenden Album Dragonslayer den Abend. Spätestens seit dessen Vorgänger Random Spirit Lover ist ja wohl jedem klar dass, selbst wenn man Krugs verschiedene Tätigkeitsfelder klingeistig in Haupt- und Nebenprojekt unterteilen muss, Sunset Rubdown qualitativ und mit mehr Output als Wolf Parade und Swan Lake zusammen genommen auch quantitativ das Gros seines Schaffens ausmacht.

Damit einhergehend ist die mittlerweile zum Quintett angewachsene Gruppe zu einer eindrucksvoll zusammengeschweißten Band geworden, kommuniziert auch schon mal allein durch Blicke. Was vielleicht auch nötig ist, denn Krug gibt zu ein Goldfischgedächtnis zu besitzen und kann zur Feinabstimmung so gerade noch zwei Anweisungen auf einmal an den Tontechniker weiter leiten. Was seine Texte und Melodien angeht erweist er sich aber als mentaler Elephant, sattelfest in seinen halb sitzend, halb knienden Posen auf dem Klavierhocker und auch vermehrt an diesem Abend stehend an der Gitarre.

Überhaupt gibt es auf der Bühne, in deren Mitte ein großer Ventilator Krugs legendäre Schweißkapaden mildert, allerlei instrumentale Vielseitigkeit zu beobachten, allein schon weil fast jede Station der Bandmitglieder mit zusätzlichen Percussions versorgt ist, selbst zu Krugs Füßen sitzt eine wuchtige Kickdrum. Auf den (vielen) neuen Stücken - ein Programmwechsel der auch durch das Fehlen von Krugs antiker Lampe signalisiert wird, anstelle der eine nicht von Krugs heftigen Tastenanschlägen hin und her geschleuderte bunte Leuchtkugel an seiner Seite liegt - ist Sunset Rubdowns Sound mit dieser instrumentalen Erweiterung wuchtiger, rasanter geworden, besonders für die zweiten Hälften der sich steigernden Songs scheint da The Mending Of The Gown richtungsweisend gewesen zu sein.

Über Krugs fantastischen Textmotiven türmen sich alsbald prächtige Instrumentalgeschichten auf deren Zenit das epische, zehminütige und vorläufige Finale Dragon's Lair bildet, der in der ersten Konzerthälfte noch an den Drums agierende Jordan Robson-Cramer unternimmt dort einen ebenso feurigen Ritt auf der Leadgitarre. An dieser Stelle tritt der gleiche Effekt ein wie bei anderen neuen Stücken, nämlich immer wenn man fühlt dass die musikalische Narrative nicht richtig befriedigend ist, wenn noch irgendwas fehlt kommt verlässlich das fehlende Puzzlestück um die Ecke um es in die Königsklasse zu heben (ganz richtig, heute gab's im Supermarkt verkappte Metaphern im Sonderangebot).

Aber auch meist kürzere, alte Favoriten wie Stadiums And Shrines II, Winged/Wicked Things, Trumpet, Trumpet, Toot! Toot! oder The Empty Threats Of Little Lord machen gern gehörte Auftritte, insbesondere Us Ones Inbetween und die zweite Zugabe The Taming Of The Hands That Came Back To Life zerren im besten Sinne an meinen emotionalen Innereien, dank Krugs in solchen Momenten bewegender Stimme die man gar nicht richtig glauben mag bis man sie mal selbst erlebt. Doch schon bald ist auch die letzte Zugabe zu Ende - aber Moment, das "bald" muss man nach einem Blick auf die Uhr wieder zurück nehmen. Wenn sich ein anderthalbstündiges Konzert zu kurz anfühlt ist das was Gutes, oder?

Setliste und Fotos gibt's beim Konzerttagebuch.