FKA twigs / Burial / Perfect Pussy / grim104 / Wet / Gorgon City

So oft es auch postuliert wird, dass das Album tot und ein tragfähigeres Zukunftsmodell in kürzeren Formaten läge: EPs werden nicht nur in der alteingesessenen Presse immer noch unverhältnismäßig ignoriert. Dabei kann ich mir mittlerweile vorstellen, dass manche damit langfristig besser aufgehoben wären, von den Gesetzen des Marktes aber manchmal zum musikalischen Nachteil ins Albumformat gedrängt werden. Zu perfekt fühlt sich es sich beispielsweise an, wie FKA twigs' (siehe) kurze Salven mehr Fragen aufwerfen als sie beantworten, Gefühle und Gedanken aufwühlen, um alsbald wieder zu verschwinden.

[Deezer] FKA twigs - EP2
[Spotify] FKA twigs - EP2

So richtig mitgerissen hat mich Burial seit seinem Debütalbum nur stellenweise. Zwar trat er auf hohem Niveau auf der Stelle oder ging über die fragmentierte Langfom neue Strukturwege, aber den grandiosen Durchbruch hatte er damit für mich erst auf seiner diesjährigen EP, die zugleich in die himmlischen Sphären von Finally Boys zieht. Es bleibt natürlich das Vinylknistern, doch Dubstep, dessen Schaffensspektrum Burial eh immer nur eine Randfigur war, könnte hiermit erledigt sein - ein schönerer Schlusstrich ließe sich kaum ziehen.

[Deezer] Burial - Rival Dealer
[Spotify] Burial - Rival Dealer

Lange hab ich nicht über dieses Demo-Tape schreiben wollen, weil - nun ja, es ist ein Demo-Tape, das ich mir selbst auch erst zugelegt habe, als es zum Download angeboten wurde. Wenn um vier Debütsongs in dieser Klangqualität so viel Rummel entsteht, ist normalerweise viel Skepsis angebracht anstatt eilig miteinzufallen, das mit den Vorschusslorbeeren ist ja in Musikblog-Kreisen bald auch schon 10 Jahre Anschauungsmaterial. Aber beginnend mit dem Titel zeigt I Have Lost All Desire For Feeling eben vor allem, dass hinter Perfect Pussy voll und ganz Meredith Graves steckt, die mit Shoppers schon ein grandioses Album dieses kaputten Noisepunks geschaffen hat, so dass der neue Erfolg eine mehr als verdiente Ehrenrunde ist.

[Stream] Perfect Pussy - I Have Lost All Desire For Feeling

Mut braucht es dieser Tage zur musikalischen Lücke nicht gerade, mit xx-Mitläufern an jeder Ecke. Wet haben aber zunächst mal die Hooks, um mehr als nur Ereignislosigkeit an sich zu werden, in sauberen Linien formen sie warmen Pop, der Leerräume auch als effektive Pausen im musikalischen Fluss nutzt, um die herum sich ihre Musik in Gitarrenkaskaden oder nur -strichen über minimales Beatruckeln in Gleitbewegung setzen.

[Stream] Wet - Wet

Ich kann's mir gar nicht vorstellen, würde mir aber auch etwas komisch dabei vorkommen, wenn ich nur grim104s Sprechgesangsduktus, Textinhalte oder Instrumentals mögen würde und der Rest Nebensache wäre. Nicht nur fühlt sich alles gleichermaßen vital an, es passt auch wie das Tüpfelchen auf dem Kaviarei, wie dicht und verhangen die musikalische Atmosphäre dieses entschieden unknuddelige Gegenwartsporträt intensiviert.

[Spotify] grim104 - grim104 EP
[Deezer] grim104 - grim104

Im UK war 2013 das große Jahr des garagigen Housepop-Revivals. Die damit einhergehende Veröffentlichungsflut der Speerspitze aus PMR und Black Butter Records war sicher nicht makellos, doch die ohnehin vom Namen her von mir favorisierten Gorgon City brachten mit ihrer längsten auch ihre durchgängig stärkste Songsammlung heraus. Wo das Eis anderswo schnell dünn wird, wenn Produktionen nicht von Vocals getragen werden, hat das Duo ein zu gutes Ohr für voll ausgeformte Nuancen und kann auch mit Gewichtsverlagerung auf die Bassläufe bestechende Tanzmusik kreieren.

[Spotify] Gorgon City - Real
[Deezer] Gorgon City - Real