Humanbeast / Glasser / Jenny Hval

Vielleicht hätten Humanbeast weitaus mehr Beachtung erhalten als dieses Bisschen, wenn irgendwer einfach "Neues Cold-Cave-Album" auf die Platte geschrieben und sie in den Matador- oder Sacred-Bones-Promostapel geschmuggelt hätte. Ich hätte aber auch niemals vermutet, dass ein queeres Noise-Duo auf Load eines der feinsten Synthpop-Alben des Jahres rausbringen würde, das obendrein weniger noisig als ein typischer Crystal-Castles-Song ist. Vielmehr kommen die Melodien mit sauberen Konturen, Digi-Knistern und Rauschoszillationen werden zu Spannungs- und Dramatikführung eingesetzt, die wahre Offenbarung ist aber der trotz/mit EBM-Ausdruckslosigkeit und passgenauem Harpyiensopran bestimmt auftretende Gesang.

[Deezer] Humanbeast - Venus Ejaculates Into The Banquet

Schon auf ihrem Debüt wirkte Cameron Mesirows Musik direkt ihrer Vorstellung erwachsen, mehr als synästhetisch korrespondierende Farben vertonte sie vor allem auch strukturell komplexe Formen. Das durchaus interessante Konzept, dass die Songs eigentlich in beliebiger Reihenfolge gehört werden konnten, führte aber irgendwie in keiner Sequenz so richtig zu einem befriedigenden Hörerlebnis. Mehr gefiel mir die bloße Andeutung einer Ringform auf Interiors, dessen erster Song direkt wieder auf den letzten folgen kann. Glassers Albumkonzept über Architektur und räumliche Erfahrung ist diesmal mehr auf die Textebene beschränkt, während die im Detail weiterhin faszinierende Formen enthaltenden Arrangements zugleich zu konventionelleren Songformaten führen - nur auf die Gefahr hin, dass das Album anfangs oberflächlich weniger zu bieten hat. Aber dafür gibt's ja Kopfhörer.

[Stream] Glasser - Interiors

Mit ratlosem Schulterzucken wird man selbst auf rein musikalischer Ebene ein Album wie Innocence Is Kinky wohl als Experimental- oder Art-Pop etikettieren müssen - ohne "Pop"-Suffix aber sollte man es keinesfalls verhandeln. Songs wie The Seer oder Mephisto in The Water sind mit nur dezenter Verzerrung nahe an der (Drone-)Folk-Eingängigkeit, gerade dass Jenny Hval ihre Stimme aus heiklen Kehlregionen resonieren lässt, die in grundlosem Exzess schnell nerven können, lässt sie zwischen diesen Extremen eine erhabene Eindringlichkeit erlangen.

[Spotify] Jenny Hval - Innocence Is Kinky